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Geldgesetze im Zeitlupentempo

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„Wir haben lange darauf gewartet, ich glaube aber nicht, daß noch in dieser Legislaturperiode die Kreditwesengesetze den Nationalrat passieren“, erklärte der Generaldirektor der Genossenschaftlichen Zentralbank, Dr. Helmut Klauhs, vor kurzem. Wenige Tage später sandte das Finanzministerium, das für diese Gesetze zuständig ist, aus der Himmelpfortgasse rund 200 Exemplare eines Entwurfs für ein neues Kreditwesengesetz zur Begutachtung aus. Finanzminister Koren: „Wir wollen dem Geldmarkt mit diesen Gesetzentwürfen wirksame Instrumente zur Verfügung stellen.“

Gleichzeitig mit dem Kreditwesengesetz, das in seiner derzeitigen Form noch aus der deutschen Zeit stammt, wurden auch die Novelle zu einem neuen Notenbankgesetz, ein neues Postsparkassengesetz und schließlich der Entwurf zu einem neuen Sparkassenrecht ausgeschickt. Zwar ist man in der Geldwirtschaft nunmehr froh, daß doch „ein recht brauchbarer Entwurf entstanden ist, aber trotz einer Begutachtungsfrist, die schon am 15. April abläuft und damit sehr kurz ist, glaubt man nicht, daß die vier Entwürfe noch vor dem Sommer das Hohe Haus passieren werden“.

Daß der Finanzminister in diese zeitliche Zwickmühle kam und nunmehr die Möglichkeit besteht, die Neuordnung unseres Kreditwesens frühestens 1970, also erst nach den Wahlen, abzuschließen, daran ist die Geldwirtschaft in Österreich allerdings nicht ganz schuldlos. Denn zwei Entwürfe für eine Neuordnung des Kreditwesengesetzes wurden von den Allmächtigen des Geldapparates als unbrauchbar zurückgewiesen. Wie „Die Furche“ damals schon berichten konnte, warf man den ersten Fassungen starke dirigistische Tendenzen vor. Aber auch jetzt ist man noch der Meinung, es wäre ja nicht das Ärgste, wenn noch das eine oder andere Jahr verginge, ehe es endgültig zu einer Neuordnung der Geldwirtschaftsgesetze käme, denn zum Unterschied von anderen Wirtschaftszweigen habe man sich im Geldsektor selbst durch interne Ubereinkünfte soweit geholfen, daß dieser Wirtschaftszweig heute geordnet und Voll funktionsfähig dastehe.

Die Schwerpunkte eines novellierten Kreditwesengeetzes sollen vor allem in der Neuordnung der einwandfreien Verankerung der Liquiditätsvorschriften liegen, ebenso soll auch zugunsten der Sparer jene 14tägige Frist abgeschafft werden, in der bisher die neuen Spareinlagen nicht verzinst wurden. Neugerep,elt und verbessert soll auch der Gläubigerschutz werden. Weitere Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Kreditapparat noch funktionsfähiger zu machen.

Im neuen Postsparkassengesetz soll das Institut, das ein Staatseigentum ist und bisher als Abteilung des Finanzministeriums geführt wurde, in ein Geldinstitut mit eigener Rechtspersönlichkeit umgewandelt werden. Das Sparkassengesetz schließlich soll eine Erweiterung des Geschäftsbereiches dieser Institutsgruppe mit sich bringen,wobei die Hypothekarkreditgewährung auf gewerbliche Liegenschaften, Wohnungseigentum und Baurecht, wie sie bisher ohnehin bereits praktiziert wurde, nunmehr auch rechtlich verankert sein wird. Die Kontingentgrenze für Hypothekar- und Kommunaldarlehen wird ebenso neu festgesetzt wie der Gesamtrahmen für gedeckte und ungedeckte Personalkredite.

Das jüngste Gesetz, das im Rahmen dieses Paketes novelliert wird, ist das Nationalbankgesetz aus dem Jahre 1955. Es wird eine kleine Reform der Notenbank beziehungsweise ihrer gesetzlicher Verankerung bringen. Viele gerade in den letzten Jahren gesammelte Erfahrungen sind in diesen Neuordnungen enthalten. Neu geordnet soll die Beschlußfähigkeit und die Beschlußfassung im Generalrat werden. Die Nationalbank, die schon auf Grund ihrer bisherigen organisatorischen Möglichkeiten an internationalen Einrichtungen zur Zusammenarbeit zwischen Notenbank anderer Staaten teilnehmen konnte, soll in Hinkunft die Möglichkeit erhalten, sich auch an Maßnahmen oder Transaktionen solcher Einrichtungen zu beteiligen, ohne dafür jeweils die entsprechenden gesetzlichen Bundesmaßnahmen zu benötigen. Damit soll auch für die österreichische Nationalbank die Möglichkeit geschaffen werden, sich an ähnlichen Stützungsaktionen, wie sie auf internationaler Ebene in den vergangenen Jahren praktiziert wurden, teilnehmen zu können. Der Generalrat dieser wichtigen wirtschaftspolitischen zentralen Schaltstelle, die die Notenbank nun einmal ist, wird in Hinkunft auch bereits beschlußfähig sein, wenn nach ordentlicher Einladung einschließlich des Vorsitzenden sieben Mitglieder anwesend sind. Bisher waren neun notwendig. Beschlüsse können nach der neuen legislativen Maßnahme mit einfacher, also nicht qualifizierter Mehrheit gefaßt werden. Vor dem Sommer ist aber das Programm des Nationalrats bereits so ausgefüllt, daß man kaum noch mit einer Behandlung der Geldmarktgesetze auch nur auf Ausschußebene rechnen kann. Im Herbst aber dürfte das Abgeordnetenhaus ebenfalls bereits durch die Budgetdebatte blockiert sein. Und die Kreditgesetze wie auch das Nationalbankgesetz sind kaum jener Typ von legislativen Maßnahmen, die wahlentscheidend sein könnten. Daß der Markt doch im Umbruch ist, zeigen aber Diskussionen im Sektor Geld- und Kreditwesen selbst, die sich um die Haben-Zinsen drehen. Aber auch hier könnte, so meint man bei den Geldinstituten, wieder die in den letzten Jahren so erfolgreiche Regelung zwischen den Partnern als Provisorium herhalten.

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