Verschwitzt - © Foto: iStock/knape

Schweiß: Der Reiz der nassen Haut

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Schweiß fungiert nicht nur als körpereigene Klimaanlage. Bald könnte er als Quelle digitaler Biomarker breit genutzt werden. Für die Wissenschaft gewinnt das Schwitzen an Sex-Appeal.

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Schweiß fungiert nicht nur als körpereigene Klimaanlage. Bald könnte er als Quelle digitaler Biomarker breit genutzt werden. Für die Wissenschaft gewinnt das Schwitzen an Sex-Appeal.

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Zeig mir, wie du schwitzt, und ich sage dir, wie es um dich steht: Diese Idee stand hinter einer Studie, in der die Teilnehmer ihre körperliche Ausdauer beim Strampeln am Fahrrad unter Beweis stellen mussten. In drei Belastungsstufen, und stets in solchem Ausmaß, dass sich die Poren öffneten. Dass die Schweißproben, an denen die Forscher interessiert waren, zudem auch in der Sauna gewonnen wurden, ist angesichts einer finnischen Untersuchung – durchgeführt an den Universitäten Oulu und Jyväskylä – nicht weiter verwunderlich. Die Sauna-begeisterten Finnen wissen um den Wert des Schwitzens und halten offensichtlich auch die damit assoziierte Wissenschaft hoch.

In dieser Studie wurde erstmals gezeigt, dass Schweiß winzige Bläschen mit Mikro-RNA-Molekülen enthält. Das sind Signalstoffe, welche die Kommunikation zwischen Zellen und Geweben erleichtern. Und die, wie sich nun zeigte, gerade bei der Anpassung an körperliche Belastung eine wichtige Rolle spielen. „Unser Ziel war es, die Bedeutung der Mikro-RNA im Schweiß zu zeigen“, sagt Urho Kujala, Professor für Sportmedizin an der Uni Jyväskylä. Jene von Glukose, Laktat, Natrium oder Kalium kennt man bereits. Mit ihnen lässt sich ein Flüssigkeitsmangel oder die Muskelermüdung frühzeitig erkennen. Um die körperliche Leistungsfähigkeit zu beurteilen, wäre es sinnvoll, den Schweiß ins Visier zu nehmen, folgern die finnischen Forscher. Ihre Studie bestätigt einen Trend der letzten Jahre: Dank neuer technischer Methoden erscheint die Schweißflüssigkeit immer wertvoller – wie ein biologisches Skript, das man zunehmend entschlüsseln kann. Sie wird zum Spiegel des Stoffwechsels und somit unserer körperlichen, teils auch seelischen Verfassung.

Biomarker: Moleküle als „Whistleblower“

Dass der Schweiß mittels Biosensoren für ein digitales „Monitoring“ verwendet werden soll, ist derzeit eine große Vision im Gesundheitswesen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Forschung dem Schweiß zugewendet; seither wurden immer mehr seiner Bestandteile identifiziert.Relativ früh wurden Glukose (Zucker), Serin (Aminosäure) und Chlorid (Salz) nachgewiesen. Später Fettsäuren und Prostaglandine, die bei Entzündungen gehäuft ausgeschüttet werden. Dass der Schweiß Aufschluss über Erkrankungen geben kann, wurde immer deutlicher: So zeigte sich etwa, dass bei Nierenversagen vermehrt Calcium-, Phosphat- und Magnesium-Ionen darin zu finden sind. Nachtschweiß wiederum gehört zu den ersten Warnzeichen für manche Krebserkrankungen. „Schweiß wird seit Längerem für die Diagnostik bestimmter Erkrankungen herangezogen“, erklärt Sportwissenschaftler Sira Karvinen, der an der finnischen Studie beteiligt war. „Auch zum Nachweis bestimmter Drogen wie Opioide oder Cannabis kann bereits Schweiß statt Blut verwendet werden.“

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