Eine der schönsten Mails kam von einer Mutter, die vor Freude geweint hatte, weil sie zum ersten Mal mit ihrem gehörlosen Sohn im Kino gewesen war, erinnert sich Seneit Debese. Derlei euphorische Dankesnachrichten erhält die deutsch-eritreische Diplom-Kauffrau aus Berlin regelmäßig. Weil sie die Gratisapp "Greta" entwickelt hat, mit deren Hilfe auch seh- und hörbehinderte Menschen am Kinogeschehen teilhaben können.
Mit "Greta" kann man Untertitel zum Film – also die Dialoge sowie knappe Geräusch- und Musikbeschreibungen – auf dem Smartphone lesen. Außerdem werden für Blinde und Sehbehinderte Filmszenen über Kopfhörer akustisch erläutert. Und bei schwerhörigen Menschen kann sich "Greta" per Bluetooth mit kompatiblen Hörgeräten verbinden. In Brasilien dolmetscht die App sogar Filme parallel per Video in die Gebärdensprache.
"In Deutschland bieten wir zudem Synchronisationen an: ins Türkische, Ukrainische, Spanische und Französische. Oder wir spielen die Originalfassung ab. Inklusion bedeutet ja auch, dass Anderssprachige teilhaben können", erklärt Debese. Kinobesucher wählen das für sie passende Angebot und geben den Titel des Films ein. Sobald er anläuft, synchronisiert sich "Greta" mit ihm und spielt die gewünschten Features ab. Das funktioniert auch offline, wenn man vorher die App samt dem passenden Programm heruntergeladen hat.
Die Idee zu "Greta" kam der Unternehmerin, als sie 2011 eine Reportage über eine blinde Läuferin produzierte, die ihr offenbarte, wie gern sie mal mit sehenden Freunden ins Kino gehen würde. In Deutschland leben je nach Definition und Schätzungen weit über eine halbe Million Menschen mit einer Sehbehinderung, und rund 16 Millionen sind schwerhörig oder ertaubt. Debese überzeugte Filmverleiher wie Universal Pictures, Warner Brothers und Disney von den Chancen ihrer App. "Aber wir denken mit ‚Greta‘ auch global.
Denn laut der UN-Behindertenrechtskonvention müssen Mitgliedstaaten allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen," sagt Debese. Bisher kann "Greta" in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich oder Brasilien in jedem Kino genutzt werden. "Immer mehr Staaten setzen ihre Richtlinien zur Barrierefreiheit um," weiß die Unternehmerin. Jüngst kamen die USA dazu, als nächstes steigt Norwegen ein. Auch aus Skandinavien dürften also Mails glücklicher Kinogänger eintreffen.