Anzeige

Raja Ampat Wie die Erkundung einsamer Riffe hilft, das Leben im Meer zu schützen

Archipel Raja Ampat
Riffe der Hoffnung: Im indonesischen Archipel Raja Ampat verbirgt sich die wohl größte marine Artenvielfalt der Erde
© Tim Laman
Im indonesischen Archipel Raja Ampat verbirgt sich die wohl größte marine Artenvielfalt der Erde. GEO-Reporter Lars Abromeit führte vor Jahren eine der ersten Expeditionen an, um das Leben an den Korallenriffen zu untersuchen. Jetzt zieht er Bilanz: Können wir die einzigartige Unterwasserwelt für die Zukunft bewahren?

Hier in der unterseeischen Stadt pulsierte das Leben: In den Strahlen der Morgensonne, mit denen wir in die Tiefe hinabsanken, umzogen uns Stachelmakrelen und Füsiliere in so dichten Schwärmen, dass sie wie Ströme aus flüssigem Silber glänzten. Durch die Alleen der Seefächer, Weichkorallen und Gorgonien am Boden schlängelten sich Papageienfische, Krebse und Netzmuränen. Und an der Kante über dem blauen Abgrund patrouillierte ein Hammerhai.

Fabiacet, ein verstecktes Riff vor der Insel Misool: Um Orte wie diesen zu finden, waren wir aufgebrochen ins Herz des "Korallendreiecks" im Indopazifik. Im indonesischen Archipel Raja Ampat wollten wir nach den schillerndsten Riffen des Ozeans fahnden. Wir wollten die Regeln erfassen, nach denen die lebendige Vielfalt im Meer entsteht.

In der zerklüfteten Inselwelt Raja Ampats sind mehr als 600 Korallenarten zu finden

An Bord der "Shakti", eines umgebauten Pinisi-Schoners, hatten der amerikanische Biologe Mark Erdmann und ich dafür ein interdisziplinäres Wissenschaftsteam zusammengebracht, mit dem wir entlang der Westküste Neuguineas abgelegene Riffe, Mangrovenwälder und Seegraswiesen erkunden konnten. Wir waren an Seebergen abgetaucht, die niemals zuvor beschrieben wurden. Hatten Fischschwärme analysiert, Flossenproben für DNA-Analysen gesammelt und Nester von Meeresschildkröten kartiert.

Wir waren berauscht, fast vier Wochen lang: Unsere Daten belegten, dass wohl kein anderes Meeresgebiet der Erde eine so große Artenvielfalt hervorbringt wie die zerklüftete Inselwelt Raja Ampats – gelegen im Überschneidungsgebiet zwischen Indischem und Pazifischem Ozean. Mehr als 600 Korallenarten sind hier versammelt, 75 Prozent der gesamten weltweit bekannten Vielfalt. Dazu Abertausende Arten anderer Wirbelloser und Fische, Dutzende bei den Meeressäugern, allein 16 Arten von Delfinen und Walen sowie die seltenen Gabelschwanzseekühe, sogenannte Dugongs, auch die Meerjungfrauen von Raja Ampat genannt. Bereits in der kurzen Zeit, die wir unterwegs waren, hatten wir drei neue Fischarten dokumentiert.

Es waren Entdeckungen, die uns glücklich machten. Zugleich aber hatten wir Angst, dass die Lebensvielfalt, die wir hier aufgespürt hatten, schon bald ausgelöscht werden könnte.

Unterwasserwelt
Ein riesiges Meeresschutzgebiet hilft inzwischen, die Vielfalt des Lebens im Archipel zu bewahren: Auf mehr als 46.000 km² finden Riffmantas an den Korallenbänken der Inseln Nahrung
© Russell Laman

Wir hatten selbst erlebt, wie verwundbar die Riffe waren und wie bedroht. Wir hatten gesehen, wie Raubfischercrews in den Meeresstraßen des Archipels nachts gigantische Mengen Kalmare, Sardellen, Makrelen fingen. Wie Bomben- und Zyanidfischer manche Korallenbänke komplett verwüstet hatten. Wie neue Kupfer- und Nickelminen geplant wurden, obwohl der Raubbau am Regenwald ganze Hänge abrutschen ließ und die Riffe mit Sediment überzog.

Die Zukunft von Raja Ampat sah düster aus damals, 2007. Innerhalb weniger Jahre, so schätzte Mark Erdmann, Experte der Naturschutzorganisation Conservation International, könnten die Riffe des Archipels wohl zerstört sein.

GEO Expedition 2007
Klar zum Abtauchen in kaum bekannte Gewässer: das Team der GEO-Expedition 2007
© Tim Laman

Es ist anders gekommen – zum Glück. Heute gilt Raja Ampat weiterhin als Epizentrum der ozeanischen Artenvielfalt, vor allem aber als vorbildlich unterhaltenes Meeresschutzgebiet. Mehr als zwei Drittel der Landflächen und fast 50 Prozent aller Korallen- und Mangrovengebiete in der Region stehen unter Naturschutz: viel mehr, als wir es uns zu erträumen gewagt hätten. Auf einer Fläche von mehr als 46.000 Quadratkilometern sind Bomben- und Zyanidfischerei streng verboten, ebenso wie der Fang von Haien, Mantarochen und Meeresschildkröten, Napoleonfischen, seltenen Krebstieren und Muscheln.

Die Dorfgemeinschaften Raja Ampats sind in die Umsetzung dieser Regeln eng eingebunden, als Ranger etwa. "Selbst Korallenriffe, die schon zerstört waren, haben sich dadurch wieder erholt", berichtet der renommierte Meeresforscher Boris Worm, der den indonesischen Archipel regelmäßig besucht: "Raja Ampat ist eine tolle Erfolgsstory. Und eine wichtige Kontrollregion, um zu sehen, wie vielfältig der Naturzustand im Meer sein kann."

Auch unsere GEO-Expedition hat dazu beigetragen – vor allem durch die Entdeckung der Fischarten. In einer von Conservation International organisierten Auktion in Monaco wurde das Recht, ihnen Namen zu geben, versteigert und ein Erlös von 620.000 US-Dollar erzielt, der direkt in das Schutzprogramm floss und damit die Errichtung des Meeresparks maßgeblich ermöglichte.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel