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Nationalheld Hermann der Cherusker: Der Mann, der die Weltmacht Rom herausforderte

Hermann der Cherusker, Statue
Hermann der Cherusker findet sich noch heute im Teutoburgerwald: Das Hermannsdenkmal bei Detmold ist ihm gewidmet
© picture-alliance / Sven Simon | Anke Fleig / SVEN SIMON
Von vielen wird Hermann der Cherusker noch heute als "deutscher Held" verehrt. Er gewann die sagenumwobene Varusschlacht im Teutoburger Wald gegen einen schier übermächtigen Gegner: die Römer

Cheruskerfürst, Verräter Roms, Befreier Germaniens – die Namen für den Initiator der bekannten Varusschlacht im Teutoburger Wald sind so vielfältig, wie der geschichtliche Blick auf den Schlachtführer. Arminius – so der römische Name – hat im Jahr 9 nach Christus die Römer auf ihrem Eroberungszug Richtung Weser-Ems vernichtend geschlagen und gestoppt. Die Beweggründe dafür, die Umstände der Varusschlacht und auch das Wissen um die Person von Arminius sind bis heute nebulös.

Der Grund dafür ist ebenso einfach wie offensichtlich: Die Germanen hatten keine Schriftkultur. Aufzeichnungen zum Geschehen haben nur die Römer gemacht. Selbst die Herkunft und das Leben von Arminius vor der Varusschlacht sind nur lückenhaft bekannt und führen größtenteils auf römische Quellen zurück. Selbst sein eigentlicher germanischer Name ist nicht bekannt.

Hermann der Cherusker war in der römischen Armee

Feststeht, dass er um 17/18 vor Christus als Sohn des Cheruskers Segimer geboren wurde – einem cheruskischen Anführer, der auf Seiten der Römer stand. Dass sein Sohn später einmal zum Verräter an eben diesen werden solle, hätte sich Segimer sicher nicht träumen lassen – ebenso wenig wie Arminius selbst, der selber lange Zeit im römischen Heer diente und hier germanische Verbände anführte. Er bekam sogar das römische Bürgerrecht und sprach Latein.

Thusnelda wird zur Frau von Arminius

Erst um das Jahr 7/8 nach Christus kehrt Arminius in das Stammesgebiet der Cherusker am oberen Weserlauf – dem heutigen Ostwestfalen und Niedersachsen – zurück. Es ist nicht überliefert, ob seine kurz darauf folgende Heirat mit Thusnelda, Tochter des Cheruskerführsten Segestes, ursprünglich der Beilegung von Streitigkeiten innerhalb der Führungsriege des Germanenstammes dienen sollte.

Belegt hingegen ist, dass Segestes die Hochzeit ablehnt – Arminius seine Thusnelda kurzerhand entführt und die beiden trotzdem ein Paar werden. Eine Entwicklung, die von den Römern im späteren Verlauf der Geschichte noch gegen Arminius eingesetzt wird.

Annalen von Tacitus beschreiben Arminius

Als die Römer unter Statthalter Quinctilius Varus sich entschließen, vom Rhein aus stärker in Richtung Norden vorzurücken, ändert sich das Verhalten von Arminius schlagartig. Bis heute wird gerätselt, warum.

Während der römische Geschichtsschreiber Tacitus in seinen Annalen davon spricht, dass Arminius Werte wie Vaterland, Ahnen, Tradition, Ruhm und Freiheit verteidigen wollte, sehen andere Quellen den drohenden Machtverlust der Cherusker oder auch eigenes Machtstreben von Seiten Arminius als Gründe für den dann folgenden Aufstand an.

Varus ignoriert die Warnung von Segestes

Durch seine römische Vergangenheit und seinen Status hat Arminius den Zugang zum Feldlager von Statthalter Varus. Er nimmt an seiner Tafel teil, erwirbt sich sein Vertrauen als Verbündeter. Die Warnung von Cheruskerfürst Segestes, dass seitens Arminius ein Verrat bevorstehe, ignoriert Varus. Schließlich ist das nicht gerade freundschaftliche Verhältnis zwischen Segestes und Arminius weithin bekannt. Eine fatale Fehlentscheidung von Varus, die kurz darauf in einer militärischen Katastrophe endet.

Aufstand gegen die Römer von langer Hand geplant

Denn statt auf dem Weg an die Weser neue Verbündete zu gewinnen, lockt Arminius das Heer von Varus in einen sorgfältig geplanten Hinterhalt. Unwegsames Gelände, dichter Wald und morastiger Untergrund machen den Römern die sonst gewohnte Kriegsführung mit geschlossenen Verbänden unmöglich.

Immer wieder aus dem Dickicht vorstoßend, dezimieren die Germanen die Römer Angriff um Angriff. Tausende von Legionären lassen ihr Leben. An eine Kommandostruktur ist nicht zu denken. Heilloses Chaos, Flucht, Kampf Mann gegen Mann – die Armee von Varus bricht zusammen.

Varusschlacht endet mit großen Verlusten für die Römer

Die Bilanz und die Verluste der Varusschlacht aus Sicht von Historikern auf römischer Seite:

  • Drei Legionen
  • Drei Reitereinheiten
  • Sechs Kohorten
  • Bis zu 5000 Reit-, Zug- und Tragetiere

Arminius schickt den Kopf von Varus an König Marbod

Historiker sprechen von 15.000 bis 20.000 Toten in der römischen Armee. Varus selbst nimmt sich noch auf dem Schlachtfeld das Leben. Für Arminius die Gelegenheit, den Kopf des römischen Statthalters abzutrennen und als Beweis seines Sieges zu verschicken – auf der Suche nach neuen Verbündeten, denn die Rache der Römer ist zu befürchten.

Der Markomannenkönig Marbod bekommt das eindeutige Paket, lehnt ein Bündnis mit Arminius jedoch ab. Stattdessen schickt er den Kopf von Varus weiter: an den römischen Kaiser Augustus.

Tod des Varus
"Tod des Varus" - Radierung von G. Mochetti nach Zeichnung von Bartolomeo Pinelli (1781-1835)
© picture-alliance / akg-images | akg-images

Als der Kopf des römischen Statthalters in Rom eintrifft, soll sich Augustus die Kleider vom Leib gerissen und gerufen haben: "Quinctilius Varus, gib mir meine Legionen zurück!". Doch dafür war es nun zu spät. Insgesamt ein Achtel der Römischen Heeres haben die Germanen in der Varusschlacht vernichtet. Das Ende der römischen Bestrebungen auf mehr Macht in den rechtsrheinischen Gebieten bis hinauf zur Elbe ist damit eingeläutet.

Germanicus versucht, Germanien zurückzuerobern

Zwar kommt es in den Folgejahren noch zu mehreren römischen Angriffen. Der Feldherr Nero Claudius Germanicus, Großneffe des römischen Kaisers, versucht, die verlorenen Gebiete wiederzuerobern. Als größter Erfolg wird jedoch lediglich die Gefangennahme von Thusnelda, der Ehefrau von Arminius, in den Geschichtsbüchern vermerkt. Ihr eigener Vater, der Cheruskerfürst Segestes, hat Thusnelda den Römern ausgeliefert.

Sie bringt in der Gefangenschaft einen Sohn zur Welt, dessen Lebensweg sich aber im Lauf der Zeit ebenso verliert, wir ihr eigenes Schicksal. Trotzdem hat Thusnelda die Wirren der Geschichte überdauert: im täglichen Sprachgebrauch. Tatsächlich stammt das Schimpfwort "Tussi" als abwertende Bezeichnung für Frauen von ihrem Namen.

Als Auslöser dafür wird Heinrich Kleists Werk "Hermannschlacht" gesehen, aus dem gesellschaftlich der Name "Thusnelda" als Bezeichnung für anstrengende Ehefrauen und weibliche Dienstboten adaptiert wurde.

Ort der Varusschlacht bleibt unklar

Wo genau die Varusschlacht stattgefunden hat, ist bis heute ist nicht abschließend geklärt. Archäologische Funde haben in den 1980er-Jahren die Region Kalkriese am Wiehengebirge im Osnabrücker Land zu einem wahrscheinlichen Ort für die Schlacht gemacht und zum Bau eines Museums geführt. Inzwischen gibt es von wissenschaftlicher Seite Zweifel daran und Vermutungen, die Goldmünzen und Ausrüstungsgegenstände könnten mit den späteren Rachefeldzügen von Germanicus in Verbindung stehen.

Arminius selbst hat sich mit seinem Aufstand gegen die Römer unabsichtlich selbst ein Denkmal gesetzt – zumindest gut 1870 Jahre später. Im Jahr 1875 hat Kaiser Wilhelm I. das Hermannsdenkmal bei Detmold im Teutoburger Wald eingeweiht. Die gut 27 Meter hohe, schwertreckende Figur steht auf der Erhebung Grotenburg.

Das Hermannsdenkmal leuchtet in Detmold zwischen verschneiten Bäumen in der Sonne
Das Hermannsdenkmal wurde zur Erinnerung an die Schlacht im Teutoburger Wald erbaut, in der "Hermann der Cherusker" das römische Heer besiegte
© picture alliance / dpa | Bernd Thissen

Inklusive des Kuppelunterbaus ist sie mit rund 54 Metern die höchste Statue Deutschlands und weist gleichzeitig auf die geschichtliche Bedeutung von Arminius hin. Sein Schwert trägt die Inschrift: "Deutsche Einigkeit meine Stärke – meine Stärke Deutschlands Macht".

So wird der Cheruskerfürst oftmals als der "erste Deutsche" und Wegbereiter Europas bezeichnet. Ohne den Sieg in der Varusschlacht wäre die Entwicklung der Gebiete oberhalb des Rheins anders verlaufen. Nach Ansicht von Historikern wurde dadurch die Romanisierung verhindert und damit das Deutsche als Sprache bewahrt. Zudem machte der nachfolgende Rückzug der Römer den Weg für das Frankenreich frei: 500 Jahre später unter der Regentschaft Karls des Großen die wichtigste Reichsbildung in Europa seit der Antike.

Arminius wird zu "Hermann der Cherusker"

Wenn auch in der Vergangenheit von Arminius vieles ungeklärt und nebulös ist, so ist doch zumindest klar, wie der Cheruskerfürst zu "Hermann" werden konnte.  Das Umtaufen wird Martin Luther zugeschrieben. Er soll die lateinische Bezeichnung für "Anführer im Krieg" (dux belli) kurzerhand in "Heer Mann" übersetzt haben.

Was auch immer die Beweggründe von Arminius waren, den römischen Statthalter Varus in den Hinterhalt zu locken – erreicht hat er sein Ziel nicht. Im Jahr 21 nach Christus wird der Urgermane von Verwandten umgebracht.

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