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Die Amigos: "Das war kribbelig!" Der wichtigste Moment für die Schlager-Stars

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Die Amigos haben in 50 Jahren schwere Stunden durchlebt.
Die Amigos haben in 50 Jahren schwere Stunden durchlebt. © DPA Deutsche Presseagentur

Sie starteten als Dorfband, heute zählen sie zu den größten Schlager-Stars: Die Amigos aus Hungen feiern ihr 50-jähriges Jubiläum. Im Gespräch erinnern sie sich an ihr erstes Konzert, ihren ersten Song und den traurigsten Moment ihrer Karriere.

Die Amigos treten regelmäßig vor Tausenden Menschen auf. Wie lief Ihr erstes Konzert vor 50 Jahren?

Ihr erstes Konzert gaben die Amigos im Januar 1970 in Atzenhain. Bernd Ulrich erinnert sich an eine proppenvolle Diskothek mit leuchtenden bunten Bodenplatten. »Es war eine Glastanzdiele.« Damals coverten die Amigos alte Schlager und Hits der Beatles und der Rolling Stones. In der Gründungszeit waren die Amigos noch zu viert. Karl-Heinz spielte Gitarre und Bernd Schlagzeug. Neben den beiden Brüdern wirkten der mittlerweile verstorbene Günther Zimmer und Rudi Lang mit, der aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegen ist.

Wann haben sie ihren ersten eigenen Song aufgenommen?

Ihre erste Single, »Uns’re Eltern«, haben die Amigos 1985 in einem Studio in Köln aufgezeichnet. »Es war ein Dankeschön an Mama und Papa«, erzählt Bernd Ulrich. »Auch wenn nicht viel Geld übrig war, haben sie uns immer unterstützt, auch beim Kauf von Instrumenten.«

Wie sind die Amigos zu Ihren ernsten Themen gekommen?

Wer in das Jubiläums-Doppelalbum der Amigos hineinhört, entdeckt selbst in ihren Anfängen Schlager mit ernsten und durchaus gewagten Texten. »Judas küsst noch immer« zum Beispiel erzählt von Neid, Missgunst und falschen Freunden. Die Amigos packen zuweilen heiße Eisen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Kindesmissbrauch an. Man wolle zu wichtigen Themen nicht schweigen, sagt Bernd Ulrich. »Wir wollen anklagen.« Kommt man mit den Brüdern ins Gespräch, reden sie sich auch in Rage. »Wenn die Entscheidungsträger wollen, dann steht morgen ein McDonald’s-Restaurant auf dem Mond«, sagt Bernd Ulrich. »Aber warum kann man nicht einfach das Darknet abstellen?« Die Gefahr des Coronavirus werde heruntergespielt, »es gibt kein Heilmittel«, kommt er auf ein aktuelles Thema zu sprechen. Dann fügt er schmunzelnd hinzu: »Wir werden jetzt keinen Titel über den Coronavirus schreiben.«

Was sind für die Amigos die berührendsten Erlebnissse mit ihren Fans?

Auf Konzerten überreichen Fans den Amigos immer wieder zahlreiche Schutzengel - ob gebastelt oder auch aus Porzellan. »Wir haben schon Tausende Engel bekommen«, sagt Bernd Ulrich. »Diese Geschenke sind sehr berührend.«

Machen die Amigos eigentlich auch mal Urlaub?

Nur zwei Wochen im Jahr, haben sie kürzlich der Bild-Zeitung erzählt. Dann geht es für 14 Tage nach Teneriffa, wo übrigens auch ihre Anzüge maßgeschneidert werden. 350 Tage im Jahr sind die Amigos auf Tour, im Studio oder machen Werbung für ihre Alben.

Welche Erinnerungen haben Sie an ihre Gründungszeit?

In einer Garage zuhause in Villingen nahm die Geschichte der Amigos ihren Anfang. »Wir haben dort ein Jahr lang Tag und Nacht verbracht und haben Songs einstudiert und aufgenommen«, sagt Bernd Ulrich. In die Garage hätten zwei Autos gepasst. »Danach sind wir freitags von der Arbeit gekommen, haben den Anhänger mit Instrumenten und Technik vollgeladen, und dann ging’s am Wochenende über die Dörfer. Im Umkreis von 50 Kilometern waren wir weltbekannt.«

Wie ernähren sich die beiden Brüder eigentlich?

Die Amigos halten sich an einen strengen Ernährungsplan. Alkohol ist tabu. Er esse gerne Salat und Mandarinen, hat Bernd Ulrich der Bild-Zeitung erzählt. Veganer sind sie zwar nicht. »Aber es muss nicht immer Fleisch sein.«

Welchen Song bezeichnen die Amigos als ihren wichtigsten?

Ungern möchten die Amigos einzelne Lieder hervorheben. Eines nennen sie dann aber doch: »Dann kam ein Engel« bescherte ihnen im Jahr 2006 den Durchbruch, in der TV-Show »Achims Hitparade«. Bernd Ulrich erinnert sich an den entscheidenden Moment der Sendung: Ein heller Lichtkegel wanderte durch die dunkle Halle, um den Sieger zu küren. Plötzlich erstrahlten die Amigos in dem gleißenden Licht. »Wir haben nur nach oben geschaut, ob das Licht auch wirklich stehen geblieben ist. Das war kribbelig.« Es war der Wendepunkt der Karriere der Amigos. Aus Bierbrauer Bernd und Lkw-Fahrer Karl-Heinz Ulrich wurden Schlager-Stars.

Was war der traurigste Moment in den 50 Jahren?

Keyboarder Witold Piwonski erlitt im Jahr 2000 einen Schlaganfall. Er fiel ins Wachkoma und starb acht Jahre später. »Wir haben ans Aufhören gedacht. Es war ein sehr trauriger Moment. Wir hatten damals außerdem schon 30 Jahre hinter uns«, erzählt Bernd Ulrich. »Unsere Fans haben uns aber überredet, weiterzumachen.«

Wen im Schlagergeschäft zählen sie zu ihren Freunden?

Bernd Ulrich nennt Semino Rossi, Olaf Malolepski von den Flippers, G. G. Anderson und die Kastelruther Spatzen.

Welche Ziele haben die Amigos nach 50 Jahren noch?

»Jeder Wunsch, den wir jetzt noch hätten, wäre unverschämt«, sagt Bernd Ulrich. Man habe mehr erreicht, als man es je für möglich gehalten hätte. »Eigentlich ist Musik ja nur unser Hobby.«

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