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Im Gespräch mit Hebespezialist Holger Brechtelsbauer

Drei Antworten zur Vakuum-Hebetechnik

Glaswelt – Herr Brechtelsbauer, welchen Beitrag leisten heute Hebe­geräte bei der Optimierung der Produktionsläufe?

Holger Brechtelsbauer – Bei den modernen Bearbeitungsanlagen sind die Nebenzeiten bereits für höchste Effizienz und Wirtschaftlichkeit optimiert. Damit jedoch das vollständige Potenzial der Anlagen genutzt werden kann, lohnt sich bei einer Investition oder Reorganisation ein frühzeitiger Blick auf die Gesamtabläufe und Abhängigkeiten auch beim Handling.

Glaswelt – Worauf sollte man bei der Planung achten und wie unterstützen Sie die Verarbeiter bei diesem Prozess?

Brechtelsbauer – Die Herangehensweise ist dabei ähnlich wie bei anderen Industriezweigen: Zunächst betrachten wir gemeinsam mit dem Kunden, was eine Anlage unter besten Bedingungen leisten kann. Dann stellen wir für das Handling gegenüber, welche Scheibenformate bearbeitet werden sollen und welche Gewichte daraus resultieren. Erfahrungsgemäß weichen einige Anlagenbetreiber ungern von den maximalen Größen ab und sind geneigt, das gesamte Spektrum mit großer und dann überdimensionierter Vakuumhebetechnik abzudecken. Auswertungen belegen jedoch, dass im Tagesgeschäft in aller Regel die kleinen Glaseinheiten dominieren.

Glaswelt – Welche Optimierungsmarke sollte man hier anpeilen?

Brechtelsbauer – Das Ziel sollte sein, 85 bis 90 Prozent der Scheiben zügig auf die gewählte Anlage oder wieder zurück auf das Glasgestell zu bringen. Genau passend zu diesem Bedarf können die Hebegeräte dann ausgewählt werden, sodass sie für diese Aufgaben ergonomisch optimal integriert und nicht überdimensioniert sind. In Kombination beispielsweise mit einer passenden Leichtüberkranung wird so der Grundstein gelegt, um den möglichen Taktzeiten der Anlagen gerecht zu werden.

Glaswelt – Und wie werden dann die ­größeren Scheiben gehandhabt?

Brechtelsbauer – Die restlichen 5 bis 10 Prozent an großen Scheiben bleiben bei dieser Auslegung dennoch nicht unberücksichtigt. Oft steht ein Hallenkran zur Verfügung, in den ein zusätzliches Hebegerät für die schweren Einheiten eingesetzt werden kann. Alternativ ist es zudem möglich, Leichtüberkranungen mit mehreren Kranbrücken auszulegen. In
jedem Fall zahlt es sich aus, eine Bearbeitungsanlage um eine angepasste ­Vakuumhebetechnik zu ergänzen.

Glaswelt – Die immer schwereren und größeren Scheiben stellen Herausforderungen dar. Was muss hier bei der Wahl des passenden HandlingGeräts bzgl. Sicherheit und Bedienerfreundlichkeit beachtet werden?

Brechtelsbauer – Die Sicherheit des Bedieners steht bei der Wahl eines Vakuumhebegerätes ganz klar an erster Stelle. Zusätzlich sollte die ergonomische Funktionalität den Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt darin bestätigen, vollkommen sicher und flexibel mit dem Handlinggerät unterwegs zu sein. Laut Lastenhandhabungsverordnung beginnen schwere Scheiben ab 15 – 20 kg. Die dafür vorgesehenen Handling-Geräte sind üblicherweise in ­einem Leichtkransystem manuell verfahrbar und geben Halt. Die Last­führung des Sauggeräts hat hier einen wesentlichen Einfluss auf die Ergonomie und den Bedienkomfort.

Glaswelt – Wie wird das praktisch umgesetzt?

Brechtelsbauer – Aktuell ist ein Trend in Richtung der säulengeführten Vakuumhebetechnik zu erkennen, bei der eine verwindungssteife Aluminiumsäule für hohe Bewegungsstabilität, Lastführung, Positioniergenauigkeit und hohen Schutz des Mitarbeiters sorgt.

Glaswelt – Was müssen Handling-Geräte im Hinblick auf eine immer automatisiertere und zunehmend digitalere Produktion leisten?

Brechtelsbauer – Eines vorweg: Klassische Handling-Geräte und ihre Bediener werden auch in den auf Automation und Digitalisierung ausgerichteten Produktionen ihre Daseinsberechtigung halten. Sicherlich wird es zunehmend Anwendungsfälle geben, in denen alternativ Roboter eingesetzt werden könnten, um den Automatisationsgrad weiter anzuheben. Da Glasgewichte und Formate jedoch immer höher und zugleich vielfältiger werden, sind hier Grenzen beim Einsatz von Robotern zu erkennen. Weiter sehen wir vermehrt Übergabestationen mit Shuttles und selbstfahrenden Systemen zwischen den verschiedenen Bearbeitungsstationen. In Bestandsgebäuden ist dies jedoch oft schon aus Platzgründen nicht realisierbar. Daher kann ich mir Zwischenschritte der Digitalisierung vorstellen. Durch Scannen von Lasermarkierungen oder Etiketten werden die einzelnen Scheiben sowie Gestelle erfasst. Das Handling-Gerät wird dann als direktes und entscheidendes Bindeglied mit in die Kommunikation integriert und trägt so zu einer ganzheitlichen Übersicht sowie dynamischen und ­flexibel anpassbaren Gesamtabläufen bei.

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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