Fitness

Ist Kreatin wirklich gut für uns und wie funktioniert der Stoff überhaupt? Ein Experte klärt auf

Es ist eines der bekanntesten Nahrungsergänzungsmittel und birgt Vorteile für unsere Muskeln und die Gesundheit des Gehirns. Kreatin ist ein wahrer Power-Stoff.
Kreatin als Nahrungsergänzungsmittel ist gesund für jeden
Alexey Koza/Getty Images

Kreatin ist unter Sportlern bekannt – das sind die Vorteile des Stoffes:

Bei dem Wort Kreatin denken die meisten wahrscheinlich an ein geschmackloses weißes Pulver, das man in seinen Proteinshake nach dem Sport mischt – und das diesen eine fast schon sandähnliche Konsistenz verleiht. Aber der Stoff kommt auch natürlich in Lebensmitteln vor, so beispielsweise in Milch, Fleisch und Fisch. Und noch viel wichtiger: Unser Körper produziert ebenfalls Kreatin. Aus der aufgenommenen Nahrung synthetisiert unsere Niere und Bauchspeicheldrüse den Stoff, in der Regel bis zu 1 Gramm pro Tag. Also: Auch ohne Pulver oder Kapseln haben wir bereits Kreatin in unserem Körper, denn es ist tatsächlich essenziell für unsere Gesundheit.

Die empfohlene Tagesdosis liegt bei 3 bis 5 Gramm täglich – wenn man Sport betreibt und ein Muskelwachstum anstrebt. Das heißt dementsprechend, dass unsere Ernährung allein nicht ausreicht, um diese Menge zu konsumieren. Man müsste tatsächlich mindestens 900 Gramm Steak dafür essen, täglich natürlich. Und da wir nun mal keine Raubtiere der Savanne sind und diese Art von Essgewohnheit in unserer modernen Welt extrem teuer wäre, ergibt es Sinn sich ein wenig Hilfe zu besorgen. Hilfe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln.

Kann man Kreatin komplett risikofrei und ohne Bedenken einnehmen?

Kommen wir aber erstmal wieder zurück zum Thema, was Kreatin überhaupt ist und wofür genau wir es benötigen. Nach der eben erwähnten Synthese wird Kreatin in Kreatinphosphat umgewandelt und anschließend vor allem in der Skelettmuskulatur (Bizeps, Quadrizeps, usw.) gespeichert. Auch für unser Gehirn und dessen Leistung ist es absolut notwendig.

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Daher ist es mehr als empfehlenswert, auf den eigenen Kreatinhaushalt zu achten. Jedoch sollte man mit Supplements dennoch recht vorsichtig sein und auf Qualität statt Quantität achten. An sich hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Kreatin als unbedenklich eingestuft, sogar für die Langezeiteinnahme. Zudem hat die Behörde die positive Wirkung auf Muskelmasse, –kraft und -leistung aufgrund vieler Studien und wissenschaftlicher Beiträge bekräftigt. Empfohlen werden 3 Gramm am Tag, wenn man eine Leistungssteigerung im Sport beabsichtigt. Somit gibt es an sich ein grünes Licht. Einen Haken gibt es aber: All dies gilt nur für reines Kreatin, das nicht gestreckt ist. Ihr Ergänzungsmittel sollte daher zu mindestens 99,95 % rein sein. Also Augen auf beim Kreatin-Kauf.

Wie wirkt sich die Einnahme von mehr Kreatin auf den Erfolg beim Sport aus?

Schauen wir uns die Vorteile des Stoffes ein wenig genauer an, um sie verständlicher zu machen. Bei hochintensiven Trainings, wie beispielsweise bei 5×5-Übungen oder 100-Meter-Sprints, nutzt unser Körper das in den Muskeln gespeicherte Phosphokreatin als Quelle für Adenosintriphosphat (ATP) – der Hauptspeicher unserer Zellen für Energie. Die Verfügbarkeit von Phosphokreatin in den Muskeln trägt dazu bei, dass man während eines schweren Krafttrainings ein paar Wiederholungen mehr schafft, die Muskelmasse leichter erhöht und on top sogar die Erholung der Muskeln unterstützt, so die Mayo Clinic.

Das wahre Problem bei der Thematik liegt leider in den vielen Mythen und Unwahrheiten, die über Kreatin verbreitet werden. Es heißt immer wieder, Kreatin wäre eine mit Steroiden verwandte Verbindung und man sollte es daher besser nicht nehmen. Dem ist natürlich nicht so. Kreatin ist definitiv kein Steroid. Daher kann man es sogar nicht einmal wirklich mit dem Stoff übertreiben, da er eine ganz andere Wirkung hat (bitte konsumieren Sie ihn dennoch überlegt und im Rahmen). Und damit Sie uns auch wirklich glauben, haben wir mit einem Experten gesprochen.

Kreatin kann sogar bei Depressionen helfen

Dr. Darren Candow, Professor für Sportphysiologie und Stoffwechsel an der Universität von Regina in Kanada, erklärte der GQ, wie viele Missverständnisse und falsche Informationen es rund um das Thema Kreatin gibt. Viele Menschen denken noch immer, dass der Stoff zu Haarverlust, Nieren- und Leberproblemen, Fettzunahme und Wassereinlagerungen führen kann. Auf die Frage, wer von der Einnahme von Kreatin profitieren könnte, antwortete Candow: “Es gibt evidenzbasierte Untersuchungen, die zeigen, dass jeder in der einen oder anderen Form davon profitieren kann.” Gleichzeitig weist er jedoch darauf hin, dass Menschen mit Nieren-, Blutdruck- oder Leberproblemen vor der Einnahme vorsichtshalber ihren Arzt konsultieren sollten.

Candow bestätigte ebenfalls die anfangs genannten Vorteile einer Kreatin-Ergänzung im Ernährungsplan. Sprich, die positive Auswirkungen auf die Muskelkraft und -masse, und auf die Leistung des Gehirns. Dabei konzentriert sich Candow besonders auf Kreatinmonohydrat und stützt sich dabei auf eine lange Liste veröffentlichter Studien. In einem von ihm mitverfassten Artikel in der Sports Medicine, der im Juni erschien, erklärte er die Auswirkungen des Kreatins auf unsere Gehirnfunktionen detailliert. So kann der Stoff das Gedächtnis älterer Personen verbessern, ebenso wie bei Menschen, die unter Schlafmangel leiden. Zusätzlich hilft er sogar bei Depressionen und Angstzuständen und kann bei Kindern die Symptome einer Gehirnerschütterung lindern. Ein wahrer Power-Stoff.

Ein Stoff, der wirklich jedem hilft

Während die Vorteile Kreatins für die körperliche Ertüchtigung bewiesen und umfangreich sind, gibt es auch neue Forschungsergebnisse, die auf noch weitere Vorteile – besonders für alternde, aber auch kranke Menschen – hinweisen. Früher habe man Kreatin bloß als Nahrungsergänzungsmittel für Sportler:innen betrachtet, so Darrow, doch heute wird es endlich als etwas angesehen, das jeder für seine allgemeine Gesundheit einnehmen könne.


Artikel im Original bei GQ US erschienen, adaptiert von Daniel Bilinski