Arbeitsausfall wegen Krankheit: Die besonderen Probleme kleiner und mittlerer Betriebe und die Entlastungsmöglichkeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz


Hausarbeit, 2001

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Probleme und Konsequenzen krankheitsbedingter Arbeitsausfälle, insbesondere für KMU
2.1. Hintergründe von Fehlzeiten
2.2. Auswirkungen von Fehlzeiten
2.2.1. Auswirkungen im Allgemeinen
2.2.2. Die Besonderheiten bei Klein- und Mittelbetrieben
2.3. Maßnahmen zum Abbau von Fehlzeiten

3. Entlastungsmöglichkeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz
3.1. Das Lohnfortzahlungsgesetz
3.2. Wann entsteht einem Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung?
3.3. Entlastungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber
3.3.1. Das Ausgleichsverfahren
3.3.2. Arbeitsunfähigkeit durch Drittverschulden
3.3.3. Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers
3.4. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit handelt von den besonderen Problemen kleiner und mittlerer Betriebe in Bezug auf Arbeitsausfall wegen Krankheit und den Entlastungsmöglichkeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz .

„Es gibt kaum Betriebe, in denen Fehlzeiten bzw. Arbeitsausfälle eine untergeordnete Rolle spielen. Sie sind ein betriebliches Problem, für viele Personalleiter vielleicht das Hauptproblem der betrieblichen Personalführung.”1 Sie stellen für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar.

Es ist unumstritten, dass Fehlzeiten den Arbeitsablauf empfindlich stören können (ungenutzte Kapazitäten, Lieferschwierigkeiten, Überstunden, Ersatzarbeitskräfte etc.), das Betriebsklima belasten und die Rentabilität des Unternehmens beeinträchtigen.2 Dies wirkt sich besonders auf kleine und mittlere Betriebe spürbar aus.

Vor allem krankheitsbedingte Arbeitsausfälle kommen Unternehmen aufgrund der Lohnfortzahlungs- bzw. Entgeltfortzahlungskosten teuer zu stehen. Und gerade die Fehlzeiten durch Krankheit machen den größten Anteil aus, wie folgende Abbildung untermauert.

Tabelle: Zusammensetzung der Fehlzeiten im Jahr 1989 pro Arbeitnehmer in der Industrie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: H. S.: Fehlzeiten: Eine Bilanz nach 20 Jahren LFZG, Köln 1991, S. 74.

Im Jahr 1989 hatte ein Arbeitnehmer in der Industrie im Durchschnitt eine Fehlzeit von 142 Stunden (in der Industrie ist die Fehlzeitenquote am höchsten), hiervon sind allein 115 Stunden, also fast 81% durch Krankheit im engeren Sinne bedingt. Andere Gründe, so zum Beispiel Kuren, Unfälle oder Mutterschutz fallen dagegen kaum ins Gewicht. Allein für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mussten die deutschen Unternehmen 1996 rund 62 Milliarden DM aufwenden.

„Mit dem Lohnfortzahlungsgesetz vom 27. Juli 1969, das am 1. Januar 1970 in Kraft trat, sind Betriebe i. d. R. dazu verpflichtet, bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers für sechs Wochen das volle Brutto- arbeitsentgelt weiterzuzahlen, was gleichzeitig bedeutet, dass sie für diese Transferleistungen auch noch Steuern und Sozialabgaben aufzubringen haben.”3 Da die Gegenleistung des Arbeitnehmers (die Arbeit) ausbleibt, wird hiermit der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn” durchbrochen. Aus Sicht der Unternehmen stellen die Bestimmungen zur Lohnfortzahlung vermutlich eine teure sozialpolitische Wohltat dar.

Im Übrigen kommen viele empirische Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der Krankenstand in der Bundesrepublik seit Einführung der arbeitsrechtlichen Regelungen der Lohnfortzahlung drastisch angestiegen ist. Fehlzeiten sind vor allem in Zeiten der Hochkonjunktur und des Arbeitskräftemangels, aber auch an Wochenenden sowie vor und nach den Feiertagen zu verzeichnen.4 Insofern liegt der Verdacht nahe, dass manche Arbeitnehmer die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall missbrauchen.

Betriebe, die i. d. R. nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer - ausschließlich der zur Berufsausbildung Beschäftigten - beschäftigen, müssen sich am Ausgleichsverfahren beteiligen. Insbesondere für solche Betriebe ergeben sich aus der Lohnfortzahlungsverpflichtung heraus erhebliche finanzielle Risiken. Um dieser Tatsache entgegenzuwirken, müssen sie Beiträge in die Umlagekasse bzw. Lohnausgleichskasse einzahlen, die im Lohnfortzahlungsfall einen Großteil der entstandenen Kosten an den Arbeitgeber erstattet. Unternehmen mit einer Betriebsgröße bis zu 30 Arbeitnehmern können dieser Lohnfortzahlungsversicherung freiwillig beitreten.

2. Probleme und Konsequenzen krankheitsbedingter Arbeitsausfälle, insbesondere für KMU

2.1. Hintergründe von Fehlzeiten

In Bezug auf Fehlzeiten unterscheidet man zwischen allgemeinen und betriebsabhängigen Hintergründen, die sich zum Teil auch wechselseitig bedingen und/ oder verstärken. Bei statistischen Auswertungen sind vielerlei Auffälligkeiten zum Vorschein gekommen:

Allgemein können folgende Faktoren eine Rolle spielen:

- Wirtschaftlich: Je höher das Bruttosozialprodukt und je niedriger die Arbeitslosenquote, desto höher ist der Krankenstand - Fehlzeiten sind ein Spiegelbild der konjunkturellen Entwicklung.
- „Witterung und Epidemien beeinflussen vor allem die Erkältungs- krankheiten, die mehr als ein Drittel der Fehltage ausmachen.”5 Ebenso wird der psychische Zustand vieler Arbeitnehmer durch klimatische Bedingungen beeinflusst.
- Gesundheit: Durch den höheren Lebensstandard haben sich Lebensweise und Lebenserwartung verändert. Chronische und degenerative Krankheiten treten häufiger auf. Auch die psychosomatischen Krankheiten haben an Bedeutung zugenommen.
- Persönlich: Der Krankenstand wird durch Alter, Geschlecht, Erziehung, Bildungsstand, Zufriedenheit am Arbeitsplatz, Nationalität, soziales Netz, Veranlagungen beeinflusst.

„Jüngere Mitarbeiter fehlen in der Regel häufiger kurze Zeit, ältere Mitarbeiter fehlen dafür länger.”6 „Die Fehlzeiten der Frauen sind im Allgemeinen höher als die der Männer.”7

„Je höher die Qualifikation und die Verantwortung der Mitarbeiter ist, desto geringer sind die Ausfallzeiten.”8

Ausländer fehlen häufiger als Inländer.

„Ledige Männer fehlen häufiger als verheiratete Männer mit Familie. Verheiratete Frauen fehlen häufiger als unverheiratete.”9

Betriebsabhängig spielen folgende Einflussfaktoren eine Rolle:

- Branchenzugehörigkeit: „Im Dienstleistungssektor sind in der Regel die Fehlzeiten kleiner als in der Industrie. Das ist auf den größeren Anteil der Angestellten zurückzuführen. Besonders niedrige Fehlzeiten weisen die kleinen Handwerksbetriebe aus.”10
- Lage und Größe des Betriebs: In ländlichen Gegenden ist die Fehlzeiten- quote bedeutend niedriger als in Städten.
Die Abwesenheitsrate wächst mit der Größe des Betriebs bzw. der Abteilung oder Gruppe.11
- Arbeitszeit und Lohn: Schichtarbeit erhöht die Fehlzeitenquote eines Betriebs. Je länger die tägliche Arbeitszeit, desto höher ist auch die Anzahl der Fehlzeitentage. Außerdem sinkt mit zunehmenden Einkommen die Fehlzeitenquote.
- Arbeitsbedingungen und Gesundheitsmanagement: Überhöhte Fehlzeiten lassen sich oftmals auf ein schlechtes Management zurückführen. Viele Arbeitnehmer sagen aus, dass sie nicht wissen, was von ihnen erwartet wird, dass ihre Vorgesetzten sich nicht für sie als Menschen interessieren, dass sie eine Position ausfüllen, die ihnen nicht liegt, und dass ihre Meinungen und Ansichten kaum gehört werden.

Von einer „gelebten Sozialpartnerschaft” kann daher in den meisten Fällen keine Rede sein!

Ebenso fällt es auf, dass nur wenige Betriebe (i. d. R. die großen) ernsthaft gesundheitsfördernde Maßnahmnen ergreifen. Beispielsweise hat sich die Klöckner Edelstahl GmbH das körperliche und seelische Wohl ihrer Mitarbeiter auf die Fahnen geschrieben und in den Unternehmens- und Führungsrichtlinien Folgendes formuliert: „Die Erhaltung und Sicherung der Gesundheit unserer Belegschaft ist eines der grundlegenden Ziele unserer Unternehmensführung, da nur eine gut qualifizierte, motivierte und gesunde Belegschaft auf Dauer den Anforderungen des technischen Wandels und des Wettbewerbs gewachsen ist.”

2.2. Auswirkungen von Fehlzeiten

2.2.1. Auswirkungen im Allgemeinen

Fehlzeiten sind für Betriebe mit enormen Problemen und Konsequenzen verbunden, allein 1999 haben krankheitsbedingte Fehlzeiten die deutsche Wirtschaft schätzungsweise 88 Mrd. DM gekostet.

Bei den Unternehmen schlagen folgende Kosten zu Buche:

- Lohnfortzahlungs- bzw. Entgeltfortzahlungskosten
(1995 sind den Arbeitgebern hierdurch Kosten von ca. 66 Mrd. DM entstanden)
- Kosten für die Ersatzbeschaffung von Mitarbeitern
- Kosten für Überstunden
- Umsatzeinbußen
- Etc.

Indirekte Kosten können sich durch Probleme mit Mitarbeitern ergeben, die die notwendigen Überstunden leisten müssen; dadurch wird möglicherweise der Betriebsfriede gestört. Ferner wird die Einhaltung von Lieferterminen und Qualitätsstandards gefährdet und folglich das Vertrauen der Kunden. Überdies werden die Unternehmen auch noch mit zusätzlichem Planungs- und Organisationsaufwand konfrontiert.

„Das gesamte Ausmaß derartiger indirekter Fehlzeiten ist nicht bekannt und nur schwer abschätzbar. Es dürfte zwischen den einzelnen Betrieben in Abhängigkeit von Kapitalausstattung, Produktionsprozess, Arbeitsorganisation etc. stark schwanken. Bei betriebsbezogenen Untersuchungen der Kranken- kassen, bei denen neben den Kosten der Entgeltfortzahlung auch solche für Personalreserven, Lieferverzug, Abschreibungen etc. berücksichtigt werden, kommt üblicherweise `ein Tagesbetrag von 800 DM zusammen` (Kowalski, 1995, 40). Die gesamten Kosten der krankheitsbedingten Abwesenheit betragen nach diesen betriebswirtschaftlichen Berechnungen mehr als das Doppelte der direkten Kosten für Entgeltfortzahlung und Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber.”12

Eine Befragung von 541 Betrieben durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln vom Sommer 1996 veranschaulicht noch einmal, mit welchen Problemen die Betriebe in der Praxis zu kämpfen haben und welche Bedeutung den einzelnen Problemen/ Konsequenzen zukommt.

Diagramm: Fehlzeiten: Die Probleme der Betriebe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: IW- Umfrage 1996 vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln

[...]


1 Heinz Salowsky: Fehlzeiten: Eine Bilanz nach 20 Jahren Lohnfortzahlungsgesetz, Köln 1991, S.16.

2 Vgl. ebenda, S. 10.

3 Heinz Salowsky: Fehlzeiten: eine Bilanz nach 20 Jahren Lohnfortzahlungsgesetz, Köln 1991, S. 110.

4 Vgl. ebenda, S. 111.

5 Rüdiger Pillat und Karl H. Wilke: Probleme bei krankheitsbedingten Fehlzeiten, Köln 1986, S. 24.

6 Ebenda, S. 23.

7 Heinz Salowsky: Fehlzeiten: eine Bilanz nach 20 Jahren Lohnfortzahlungsgesetz, Köln 1991, S. 13.

8 Rüdiger Pillat und Karl H. Wilke: Probleme bei krankheitsbedingten Fehlzeiten, Köln 1986, S. 23.

9 Ebenda, S. 23.

10 Heinz Salowsky: Fehlzeiten: eine Bilanz nach 20 Jahren Lohnfortzahlungsgesetz, Köln 1991, S. 13.

11 Vgl. Rüdiger Pillat und Karl H. Wilke: Probleme bei krankheitsbedingten Fehlzeiten, Köln 1986, S. 23.

12 Claus Schnabel: Betriebliche Fehlzeiten: Ausmaß, Bestimmungsgründe und Reduzierungsmöglichkeiten, Köln 1997, S. 37 f.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Arbeitsausfall wegen Krankheit: Die besonderen Probleme kleiner und mittlerer Betriebe und die Entlastungsmöglichkeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz
Hochschule
Fachhochschule Gießen-Friedberg; Standort Gießen  (Fachbereich Wirtschaft)
Veranstaltung
Rechtliche Grundlagen
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V6209
ISBN (eBook)
9783638138390
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fehlzeiten, Lohnfortzahlungsgesetz, KMU, Entgeltfortzahlungsgesetz, Arbeitsausfall, Arbeitsrecht
Arbeit zitieren
Dipl.-Betriebsw. (FH) Florian Gerbig (Autor:in), 2001, Arbeitsausfall wegen Krankheit: Die besonderen Probleme kleiner und mittlerer Betriebe und die Entlastungsmöglichkeiten nach dem Lohnfortzahlungsgesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6209

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