Warum kommt man bei Diesel-Motoren früher in den Drehzahlbegrenzer?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Warum kommt man bei Diesel-Motoren früher in den Drehzahlbegrenzer?

Weil Dieselmotoren kaum höher als 5500 U/min. drehen können. Dies hat mit dem Zündverzug (= Zeitdauer vom Einspritzbeginn bis zum Beginn der Selbstzündung) zu tun. Die deutlich geringere Maximaldrehzahl ist übrigens auch der Grund dafür, dass Dieselmotoren bei gleichem Drehmoment pro Liter Hubraum (beide erreichen momentan etwa 250 Newtonmeter in der Spitze) deutlich weniger Maximalleistung erreichen, denn Leistung ist Drehmoment x Drehzahl.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
flauski  30.05.2020, 19:31

Scheitert Dein Vergleich nicht etwas an der Praxis. Für viel Drehmoment brauche ich einen Langhuber. Und den bekomme ich nicht Drehzahlfest.

0
checkpointarea  30.05.2020, 19:41
@flauski

Denkfehler. Die drehmomentstärksten Motoren (also bezogen auf Nm/l bei Saugottomotoren) sind allesamt Kurzhuber, teilweise extreme (z.B. BMW 1000 RR). Bei gleichem Hubraum haben Kurzhuber mehr Kolbenfläche, können größere Ventile besitzen, was im Endeffekt dafür sorgt, dass es keinen Drehmomentnachteil gibt - wohl aber einen Leistungsvorteil, zumindest bei Saugern. Denn Leistung ist Drehmoment x Drehzahl, und Kurzhuber können bei gleichem Hubraum höher drehen, kommen später in gefährliche Bereiche (also ab grob 20m/s Kolbengeschwindigkeit) als Langhuber.

0
flauski  30.05.2020, 20:06
@checkpointarea

Ne, das ist kein Denkfehler. Ich sprach von Praxis. Welche Kurbelwelle und Pleulstange soll den die gleichen Drehmomente aushalten, die bei einem Langhuber möglich wären? Manchmal ist "Laufruhe" halt doch was feines oder anders geschrieben, die Tatsache dass meine Massen einen längeren Hub Zeit haben zum Abbremsen.

Gäbe es den perfekten Werkstoff X, hättest Du Recht. Aber den haben wir nun einmal nicht.

0
checkpointarea  31.05.2020, 18:11
@flauski
Welche Kurbelwelle und Pleulstange soll den die gleichen Drehmomente aushalten, die bei einem Langhuber möglich wären?

Ich weiß gerade nicht, worauf Du hinauswillst. Die Tatsache, dass die größten Drehmomentwerte pro Liter ausgerechnet von Kurzhubern erreicht werden, sollte Deiner These dagegensprechen - oder was genau meintest Du?

0
Daniel0000 
Fragesteller
 31.05.2020, 19:09
@checkpointarea

"beide erreichen momentan etwa 250 Newtonmeter in der Spitze" nein, du sagst, dass beide 250Nm erreichen, obwohl die laut abb. offensichtlich ja nicht beide 250Nm erreichen. Zu mindest nicht der Benziner. oder verstehe ich das falsch?

0
checkpointarea  01.06.2020, 00:56
@Daniel0000

Ich meinte die aktuell stärksten Motoren, und zwar hinsichtlich ihrer Literdaten (also pro 1000 cm³ Hubraum). Die in der Tabelle gezeigten Motoren haben völlig unterschiedliche Leistungsdaten, sind somit gar nicht vergleichbar.

0
Daniel0000 
Fragesteller
 30.05.2020, 20:36

edit: der Benziner hat in dem Abbild nur ca. 160Nm

0

Diesel braucht z.B. eine höhere Zündtemperatur als Benzinmotoren. Bzw. braucht mehr Druck und Temperatur (i.Vgl. zu Benzin). Vielleicht wird dadurch eine höhere Drehzahl unwahrscheinlicher...

Man kann Diesel Motoren deutlich drehzahlfester bauen. Aber man muss es nicht und deshalb macht man es nicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – KFZ Meister
checkpointarea  30.05.2020, 19:24
Man kann Diesel Motoren deutlich drehzahlfester bauen. 

Das wäre mir neu. Selbst der weltweit stärkste Seriendieselmotor, der BMW B57B30S0 (98 Kilowatt pro 1000 cm³, vier Turbolader), hat gerade mal eine Nenndrehzahl von 4400 U/min., regelt bei rund 5500 U/min. ab.

0

Salue

Eigentlich ist es recht einfach und mit Diesel- oder Benzinmotor direkt hat es nichts zu tun.

Motoren mit einem sehr kleinen Hubraum (z.B. Kleinstmotoren für ferngesteuerte Flugmodelle) können unglaublich hoch drehen (weit über 20'000/min). Ein Schiffsmotor mit z.B. mit mannsgrossen Zylindern dreht nur 450/min, und da spricht man schon von einem "Schnellläufer".

Die kinetische Energie vervierfacht sich ja bei der doppelten Geschwindigkeit. Das gilt auch für die ständig auf und ab rasenden Kolben, die ja jedes Mal oben und unten kurz anhalten. Sie beschleunigen und bremsen tausende Male pro Minute.

Wie höher die Drezahl um so mehr steigt die Belastung auf Lager, Pleuel und Kolben. Sie steigt im Quadrat. Irgend wann ist die Materialfestigkeit an der Grenze ihrer konstruktiven Möglichkeit angelangt.

Bei den Dieselmotoren mit den hohen Drücken ist alles schwerer gebaut. Die Drehzahlgrenzen liegen deshalb tiefer als bei den leichteren Benzin- oder Gasmotoren.

Tellensohn

 

checkpointarea  31.05.2020, 18:23

Deine Angaben sind richtig, haben aber nichts mit dem prinzipiellen Wirkprinzip der früheren Drehzahlgrenze von Dieselmotoren zu tun (Stichwort: "Zündverzug").

1
Tellensohn  01.06.2020, 11:32
@checkpointarea

Den Zündverzug kompensiert man ja technisch. Sowohl beim Benziner als auch beim Diesel. Ein moderner Commonrail-Diesel spritzt pro Arbeitsspiel bis zu 8x eine Teilmenge ein, das heisst, technisch wären hohe Drehzahlen kein Problem. Wenn da nur nicht die Physik mit der kinetischen Energie wäre.

Tellensohn

0
checkpointarea  01.06.2020, 11:43
@Tellensohn

Wenn es technisch so einfach wäre, dann frage ich mich, weshalb selbst die stärksten Dieselmotoren (wie zum Beispiel der vierfach geladene BMW B57B30S0 - Motor) auch nicht höher drehen, als beispielsweise ein uralter VW Golf 1 mit Saugdieselmotor.

0
Tellensohn  01.06.2020, 11:56
@checkpointarea

Schaue Dir doch noch mal meine Erklärung an. Dieselmotoren müssen nun mal stabiler und schwerer gebaut werden. Einen leichten Selbstzünder findet man ja auch in den kleinen Hobbymotoren. Die drehen über 20'000/min. Selbst der Lohmann Velo-Hilfsmotor mit nur 18 ccm drehte 10'000/min. Ob Golf oder BMW, die Zusammenhänge mit der Masse der auf und ab gehenden Teile gilt für alle. Tellensohn

0
checkpointarea  01.06.2020, 12:08
@Tellensohn

Naja, diese Modellmotoren sind Glühzünder, also keine "echten" Selbstzünder. Außerdem nutzen die eine Mischung aus Methanol und Nitromethan, kein relativ träges Dieselöl. Ob das direkt vergleichbar ist?

Mein Wissensstand ist, zumindest laut Berufsschule, dass der Zündverzug der drehzahlbegrenzende Faktor ist. Ich bin gerne bereit, diesen zu überdenken, aber bisher hat mich noch kein Argument überzeugt. Gibt schließlich auch sehr schwer gebaute Ottomotoren, die trotzdem drehen wie wild - zum Beispiel der LS7 - Motor einer Chevrolet Corvette C6 Z06. Der hat einen Hubraum von 7012 cm³, und der Drehzahlbegrenzer setzt bei 7000 U/min. ein, das auch noch als OHV - Konstruktion, welcher grundsätzlich eher keine hohe Drehwilligkeit nachgesagt wird. Manche "Benziner" sind genauso hoch verdichtet wie manche "Diesel" (zum Beispiel bei Mazda), trotzdem drehen die Benziner um bis zu 50 % höher.

Daher nochmal die Frage: Hast Du da genauere Informationen bezüglich Deiner Aussage, dass Dieselmotoren höher drehen könnten, wenn man dies wollte, oder ist es eher eine Vermutung, welche Du mithilfe Deines Sachwissens (welches Du definitiv besitzt, das will ich gar nicht in Frage stellen!) ausgebaut hast?

0
Tellensohn  01.06.2020, 13:35
@checkpointarea

Ich habe 37 Jahre als Autoingenieur für einen grossen Schweizer Importeur gearbeitet. Dabei hatte ich regelmässig Kontakt mit den Entwicklungsleuten des Herstellers. Bei den Belastungen des Materials (z.B. das Zusammenstauchen und wieder die Länge ziehen der Pleuel mit den Kolben) ist es immer der einzelne Zylinder der betrachtet werden muss. So sind viele Zylinder hilfreich, wenn man hohe Drehzahlen erreichen will.

So konnte der Honda S800 schon in den späten 1960er Jahren mit seinem 800ccm Motor standfeste Drehzahlen von weit über 10'000/min erreichen. Der einzelne Zylinder hat ja nur 200ccm. Das selbe Bild haben wir bei den 4 Zylinder Motorradmotoren, welche teilweise ihre Nennleistung erst bei 16'000/min erreichen.

Bei primitiven Agrar - und Baumaschinen-Diesel ist es nur eine einfache Fliehkraftregelung, die den Zündverzug des Dieseltreibstoffes kompensiert. Eingespritzt wird die ganze Menge Treibstoff aufs mal.  

Bei heutigen Common-Rail Dieseln (3000 bar und höher) aber kann man den ersten Einspritzbeginn so früh festlegen, dass der maximal Druck gleich nach dem Passieren des OT entsteht. Dies regelt man voll elektronisch und sogar die Einspritzmenge wird dabei jedem Zylinder einzeln angepasst. Dabei wird die Einspritzung bei zu 8 Mal pro Einspritzung in "Raten" eingespritzt. Heute ist dies nicht nur möglich, es ist sogar nötig um die Abgasvorschriften zu erfüllen.

Andererseits gibt es eigentlich keinen Grund, einen Diesel hoch drehen zu lassen. Da arbeitet man besser mit einer Aufladung. So gewinnt man mehr Leistung, ohne den Motor unnötig herumkurbeln zu lassen. Hohe Drehzahlen bedeuten ja auch mehr Reibung und weniger Effizienz. Diesel baut man ja, weil sie eine höhere Effizienz haben. So hat der Treibstoff auch mehr Zeit, um komplett abzubrennen.

Bei leichten Flugzeugmotoren hat man aber immer wieder am höher drehenden Diesel herumgedacht. Diesel wäre ja von der Brandgefahr her deutlich besser als das leicht vergasende Benzin. Bisher sind die Diesel aber immer noch bei leichten Flugzeugen sehr exotisch.

Tellensohn

1

Das hat der Hersteller so festgelegt, aber generell kann man Diesel nicht so hoch drehen, weil der Kurbeltrieb schwerer ist, weil stärkere Kräfte wirken wegen dem höheren Verdichtungsverhältnis.

Daniel0000 
Fragesteller
 30.05.2020, 19:05

ah, danke!

0