So hilft das Jobcenter Langzeitarbeitslosen
Marcel Weigel hat nach Jahren der Frustration wieder einen Platz im Berufsleben.
Quelle: Samantha Franson
Hannover. In einer Kleefelder Wohnung verlegen Mitarbeiter der hannoverschen Firma Bucak Parkettverlegungen im Wohnzimmer Laminat. Einer von ihnen ist der 38-jährige Marcel Weigel, der seit dem 1. März im Betrieb von Ersen Bucak angestellt ist. Das Besondere dabei: Weigel ist über das Projekt "Teilhabe am Arbeitsmarkt" zu seinem neuen Job gekommen, das Langzeitarbeitslosen durch massive finanzielle Förderung eine berufliche Perspektive verschaffen soll. Bei Weigel klappt das bisher: "Ich könnte kaum euphorischer sein", sagt er.
Geldmangel und Bürokratie zehren an den Nerven
Das war bei ihm nicht immer so. Weigel hat einen erweiterten Hauptschulabschluss gemacht und seitdem nie dauerhaft Fuß gefasst auf dem Arbeitsmarkt. Gerüstbau, Lagerlogistik, dazwischen Lehrgänge als Schweißer oder Qualifizierungsmaßnahmen stehen in seinem Lebenslauf. Er war auf Unterstützung vom Job-Center angewiesen. „Der ständige Geldmangel und die Bürokratie machen einen fertig“, sagt er. In den Kursen habe miese Stimmung geherrscht mit entsprechenden Auswirkungen auf Lern- und Leistungsbereitschaft der Teilnehmer.
Firmenchef Ersen Bucak ist froh über seinen neuen Mitarbeiter.
Quelle: Samantha Franson
Weigel empfand das eher als Beschäftigungstherapie denn als zielgerichtete Hinführung auf einen Arbeitsplatz. Er zog für sich Konsequenzen, wurde zwischenzeitlich Hausmann und kümmerte sich um Haushalt und Kinder. „So konnte ich wenigstens meine Lebensgefährtin entlasten, die als Friseurin arbeitet“, erklärt er.
Jetzt bringt er Laminat-Pakete zur Verarbeitung in der Wohnung, steht an der Kreissäge und schneidet zu. Dass er das machen kann, hat damit zu tun, dass sich die Lage für Langzeitarbeitslose auf dem in manchen Berufsfeldern schon leergefegten Arbeitsmarkt zwar zwischenzeitlich auch verbessert hat – aber eben nicht in dem Maß, wie es sein sollte. Einige Gruppen wie Ältere, Alleinerziehende, Ungelernte oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen haben immer noch Schwierigkeiten.
Millionensummen stehen zur Verfügung
Darauf hat der Bund reagiert und das Teilhabe-Programm aufgelegt. Dem Jobcenter der Region Hannover stehen dadurch in diesem Jahr 84 Millionen Euro für die sogenannte Wiedereingliederung zur Verfügung, das sind 21 Millionen Euro mehr als bisher. „Das ist ein Geldsegen, der uns deutlich mehr Möglichkeiten eröffnet“, sagt Geschäftsführer Michael Stier. Im Kern geht es darum, Arbeitgebern mit hohen Lohnkostenzuschüssen die Einstellung von Hartz-IV-Empfängern für einen Zeitraum von fünf Jahren schmackhaft zu machen.
Weigel und sein neuer Chef Ersen Bucak kannten sich schon länger, weil ihre Kinder beim Hannoverschen SC Fußball spielen und beide dort als Trainer tätig sind. Bucak suchte für seine Firma eigentlich einen Mitarbeiter mit einem Mini-Job-Vertrag. „Der persönliche Ansprechpartner im Jobcenter hat dann reagiert und mich in das Teilhabe-Programm gelotst“, berichtet Weigel.
Lob für Motivation und Lernbereitschaft
Bisher sind sowohl Bucak, dessen Betrieb Bodenbeläge aller Art mit Ausnahme von Fliesen einbaut oder aufarbeitet, als auch sein neuer Mitarbeiter mit der Entwicklung der Dinge zufrieden. „Das Arbeitsklima passt, die Kollegen haben Geduld mit mir und man sieht Erfolge“, beschreibt Weigel eine Gefühlswelt, die er lange vermisst hat. Der 40-jährige Firmeninhaber lobt dessen Motivation und Lernbereitschaft. „Wir fühlen uns bestätigt, dass wir diesen Weg eingeschlagen haben“, sagt er.
Einen Gesellenbrief wird Weigel nach den fünf Jahren nicht in der Hand halten, aber nach Bucaks Einschätzung macht das nichts: „Mit dann knapp 10.000 Stunden Berufserfahrung ist eine Fachkraft in seinem Metier“. Der Betroffene selbst macht sich darüber auch keinen Kopf. Er freut sich aktuell über eine andere Aussicht. „Wir können im kommenden Jahr wahrscheinlich einmal Urlaub machen“, sagt er. Bisher habe das Geld dazu nicht gereicht.
Von Bernd Haase
HAZ