Albert-Einstein-Schüler gestalten Trafostation am jüdischen Gedenkstein
„Wir wollen nicht belehren, sondern auf den Ort aufmerksam machen“: AES-Lehrerin Jana Albus (stehend, von links), die Elftklässlerinnen Lena Reimann und Giulia Pantano sowie AES-Lehrerin Rike Kappmeier stellen im Ortsrat Gleidingen ihren Gestaltungsentwurf für die Trafostation am Judengedenkstein nahe der Thorstraße vor.
Quelle: Astrid Köhler
Gleidingen. Der Gedenkstein für die in der NS-Zeit vertriebenen und ermordeten Mitglieder der jüdischen Gemeinde sowie die beim Pogrom 1938 zerstörte Gleidinger Synagoge an der Thorstraße soll ein würdigeres Umfeld bekommen. Dafür haben sich Ortsrat und Rat schon vor einiger Zeit ausgesprochen und Geld für das von der Albert-Einstein-Schule (AES) initiierte Projekt im Haushalt bereitgestellt. Konkret geht es darum, das nur wenige Schritte entfernt stehende und immer wieder beschmierte und beklebte Trafohäuschen der Netzgesellschaft Laatzen an der Ecke von Hildesheimer und Thorstraße in den Gedenkort mit einzubeziehen. Nachdem sich das Seminarfach Erinnern statt vergessen und eine Kunst-AG der AES mehr als ein Jahr lang mit dem Thema befasst haben, steht nun fest: Die Wände der Trafostation sollen nach einem Gedicht der Lyrikerin Rose Ausländer (1901–1988) gestaltet werden.
„Wir wolle nicht belehren, sondern auf den Ort aufmerksam machen“, betonte Kunstlehrerin Jana Albus vergangene Woche bei der Vorstellung des Gestaltungsentwurfs im Ortsrat. Das Ziel sei sehr anspruchsvoll, ergänzte ihre Kollegin Rike Kappmeier, zumal das, was seinerzeit an Unrecht und Gewalt begangen wurde, kaum in Worte zu fassen sei. Um das Ausmaß der Zerstörung erahnen zu lassen, entschied sich die Gruppe für die Poesie und einen persönlichen Zugang und wählte ein Gedicht von Ausländer aus. Angereichert mit Textauszügen will die Kunstgruppe das Gedicht „Biographische Notiz“ in Bilder übersetzen.
Die Trafostation nahe dem Gedenkstein an der Thorstraße in Gleidingen soll im Rahmen eines Kunstprojektes von AES-Schülern umgestaltet werden.
Quelle: Astrid Köhler
Davidsterne auf Gemälde stehen für die Gleidinger Juden
Auf dem Entwurf für drei Wände der Trafostation sind unter anderem eine Trauerweide, Militärstiefel, die Gleidinger Synagoge und ein Sternenhimmel mit Davidsternen zu sehen. „Für jeden Juden, der in Gleidingen wohnte, gibt es einen Stern“, erklärte Albers. Es sei genau dokumentiert, wer im Ort gewohnt, vertrieben und deportiert wurde. Die auf dem Boden gemalten Sterne stünden für all jene, die es nicht rechtzeitig geschafft hatten zu fliehen. Die Sonnenszene auf der dritten, schmalen Seite könne vom Betrachter als Untergang oder Aufgang gedeutet werden. Sie hätten das Mittel der Poesie gewählt und wollten die Besucher des Gedenkortes zu einem Rundgang um die Trafostation einladen, so Albus.
Ein Gedicht der jüdischen Schriftstellerin Rose Ausländer soll die Trafostation schmücken.
Quelle: Mathias Ernert/dpa
Für das Wandgemälde sei bewusst auf die Darstellung von Stacheldraht und Feuer verzichtet, dafür der Davidstern und eines der wenigen Fotos der Gleidinger Synagoge explizit ausgewählt worden. „Die Nazis wollten, dass das nicht mehr gesehen wird, wir aber stellen sie zurück in unser Sichtfeld“, so die Kunstlehrerin. An dem Trafohäuschen solle ferner eine separate Plakette angebracht werden mit kurzen, erklärenden Worten zum Wandbild und dem Gedenkort sowie dem kompletten Wortlaut des Gedichtes „Biographische Notiz“ von Ausländer.
Im Ortsrat gab es für den Entwurf parteiübergreifend sehr viel Lob und einhellige Zustimmung. „Super, dass sich die Schüler so intensiv Gedanken um die Gestaltung gemacht haben“, fasste Ortsbürgermeisterin Silke Rehmert die Reaktionen zusammen. Das Ergebnis sei beeindruckend und runde den Platz ab. Es bestehe die Hoffnung, dass dem Ort künftig mehr Respekt entgegengebracht werde.
So sieht der optimierte Entwurf für Gestaltung von drei Wänden der Trafostation am jüdischen Gedenkstein nach einem Gedicht von Rose Ausländer aus. Unter anderem soll eines der seltenen Fotos der Gleidinger Synagoge eingefügt werden.
Quelle: Albert-Einstein-Schule
Bis zum 9. November soll Wandbild fertig sein
Nach Auskunft der AES-Kunstlehrerin sind derzeit noch einige Detailfragen zu klären und soll nach den Sommerferien die praktische Umsetzung des Entwurfs vorbereitet werden. Eine Handvoll Oberstufenschüler habe bereits Interesse angemeldet. Das Projekt solle aber auch für jüngere Schüler geöffnet werden. Ob der derzeit noch sehr grobporigen Außenwände solle zudem idealerweise ein professioneller Wandmaler eingebunden werden, so Albus – zumindest beratend. Ziel sei es, die Bilder bis zur nächsten Gedenkfeier am 9. November auf die Wände der Trafostation übertragen zu haben.
Von Astrid Köhler
HAZ