Römische Geschichte: Das Römische Reich

Entgegen der überlieferten Mythologie war Roms Gründung nicht die Tat eines großen Einzelnen im Jahr 753 v. Chr.

Römische Geschichte
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Vielmehr wuchsen mehrere latinische Dorfgemeinschaften, die verkehrsgünstig an der letzten Tiberfurt vor dessen Mündung lagen, zu einem Verband zusammen, aus dem sich die spätere Stadt entwickeln sollte.

Rom bis zum 3. Jahrhundert v. Chr.

Im 6. Jahrhundert v. Chr. verstärkte sich der städtische Charakter der Tibersiedlung durch die Errichtung kommunaler Bauten. An der Spitze des Gemeinwesens stand ein König, dessen Amt allerdings nicht erblich war. Die Ursprünge der römischen Volksversammlungen und des Senates lagen vermutlich noch vor dem Königsamt. Allerdings diente die Volksversammlung dem Königtum wohl als Wahl- oder Akklamationsorgan, der Senat als Beratergremium. Zur Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert setzte sich die erstarkende Aristokratie gegen das Königtum durch und errang dessen Kompetenzen, besonders das Religionsmonopol.

Das Staatswesen der frühen Republik war vom Gegensatz zwischen dem patrizischen Adel und der plebejischen Bevölkerung geprägt. Für den Militärdienst verlangten die Plebejer politisches Mitwirkungsrecht und Schutz vor Übergriffen der Patrizier. Die pragmatische Geschmeidigkeit, mit der die Verfassung Roms an sich verändernde soziale, wirtschaftliche und militärische Bedingungen angepasst werden konnte, trug zum Aufstieg Roms zur Vormacht Italiens bei. Konkurrierende Städte und Volksgruppen konnten unterworfen und in ein differenziertes Bündnissystem eingegliedert werden, an dessen Spitze Rom stand. Die römische Expansion auf der Apenninhalbinsel wurde militärisch und wirtschaftlich durch die Ansiedlung von Veteranen in Bürgerkolonien langfristig abgesichert. Die gesellschaftliche Organisation der römischen Republik wurde vom griechischen Historiker Polybius im 2. Jahrhundert v. Chr. als Mischung monarchischer und demokratischer Elemente beschrieben. Die Leitung der Staatsgeschäfte und den militärischen Oberbefehl hatten jährlich zwei neu gewählte Konsuln inne, die an der Spitze einer differenzierten Ämterhierarchie standen. Die meisten dieser Ämter wurden in jedem Jahr durch Abstimmungen in unterschiedlichen Wahlgremien neu besetzt. Wahlberechtigt waren männliche römische Bürger, deren Stimmgewicht man nach Vermögensklassen abstufte. Wirtschaftliche Grundlage der römischen Republik war die Landwirtschaft. Der freie, Land besitzende Bauer bildete das Rückgrat des ebenfalls nach Vermögen gegliederten Bürgerheeres. Die Expansion Roms in Italien und die Ausdehnung auf die gesamte Halbinsel ermöglichte die Verfügung über immer größere Landflächen. Beherrscht wurde das neu gewonnene Gebiet durch die Anlage von Bürgerkolonien, in denen man Veteranen ansiedelte, oder durch Bündnisverträge mit unterworfenen Städten oder Volksgruppen. Diese wurden als Bundesgenossen dazu verpflichtet, Verträge nur noch mit Rom einzugehen und im Bedarfsfall Militärkontingente zur Verfügung zu stellen. Häufig integrierte man die Eliten der so gewonnenen »Juniorpartner« in das römische Herrschaftssystem, was die Romanisierung eroberter Gebiete vorantrieb. Ein weiteres Mittel zur herrschaftlichen Durchdringung war die planmäßige Anlage befestigter Heerstraßen, auf denen sich Truppen schnell verlegen ließen. Dieses System bewährte sich im 3. Jahrhundert v. Chr. sowohl gegen König Pyrrhos als auch gegen Hannibal; beide konnten die römischen Bundesgenossen nicht auf ihre Seite ziehen.

Die Punischen Kriege

Die Jahre zwischen dem Abschluss der römischen Eroberung Italiens und dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurden durch die beiden ersten Punischen Kriege zwischen Rom und Karthago beherrscht. Der Konflikt zwischen diesen Mächten entzündete sich nicht an widerstreitenden Interessen – vielmehr wurden Rom und Karthago durch regionale Konflikte in Unteritalien und Sizilien in Auseinandersetzungen verwickelt. Rom hatte zunächst keine bestimmten Kriegsziele, weil aber seine italienische Hegemonialstellung von seiner militärischen Glaubwürdigkeit abhing, wurden die Kämpfe außerordentlich verbissen geführt. Zudem verstärkte die Adelskonkurrenz innerhalb der Nobilität die Kriegsbereitschaft, da militärische Erfolge durch Ruhm und Beutegelder den führenden Familien im Rennen um die wichtigen Ämter politische Vorteile verschafften. Im 1. Punischen Krieg (264–241 v. Chr.) entwickelte sich die ursprüngliche Landmacht Rom nach ersten katastrophalen Misserfolgen zur Seemacht, indem sie die überlegene karthagische Schiffbautechnik kopierte. Der Friedensschluss zwang Karthago zur Abtretung seiner sizilianischen Gebiete, womit Rom territorial erstmalig über die Appenninhalbinsel ausgriff. Die Spannungen verstärkten sich wieder, als Rom das karthagisch kontrollierte Sardinien annektierte und Karthago Eroberungen auf der iberischen Halbinsel machte. Über die Einnahme des spanischen Sagunt durch Hannibal im Jahre 218 v. Chr. kam es zum 2. Punischen Krieg. Mit der Überquerung des Ebro und dem Alpenübergang trug Hannibal den Krieg von Beginn an offensiv nach Italien. Dort konnte er aber trotz glänzender militärischer Erfolge (Schlacht am Trasimenischen See 217 v. Chr. und bei Cannae 216 v. Chr.) weder Roms Bundesgenossen zum Abfall bewegen noch die Stadt einnehmen. Unter Publius Cornelius Scipio gewann Rom in Spanien die Initiative zurück; im Jahre 206 v. Chr. konnten die Karthager geschlagen werden. Im Jahre 202 v. Chr. entschied Scipio auf afrikanischem Boden die Schlacht von Zama für sich, worauf Karthago einen Frieden annehmen musste, der es seiner Flotte und seiner nordafrikanischen Vormachtstellung beraubte. Rom war nun die beherrschende Macht des westlichen Mittelmeeres. Im Jahre 149 kam es zum 3. Punischen Krieg. Die Römer zerstörten die Stadt vollständig. Nun war Rom die bestimmende Großmacht des gesamten Mittelmeerraumes.

Das Römische Reich zur Zeit Caesars

Seit dem Bundesgenossenkrieg und Sullas Reformen gliederte sich das Römische Reich in das Bürgerland Italien und in die Außenländer (provinciae). Italien stand unter dem unmittelbaren Regiment der in Rom residierenden Magistrate und des Senats, die Provinzen unter einem Promagistrat oder dessen Stellvertreter.

Die Vorrangstellung Italiens wurde erst unter Kaiser Diokletian aufgehoben. Die Verbindung zwischen römischer und einheimisch-lokaler Administration wurde meist durch informelle Beziehungen zur einheimischen Oberschicht hergestellt; besiegte Völkerschaften stellten junge Geiseln, die in Rom erzogen wurden, was v. a. durch die Offenheit der römischen Gesellschaft (besonders gegenüber fremden Oberschichten) und die römische Bürgerrechts- und Kolonisationspolitik seit Caesar (100–44 v. Chr.) gefördert wurde. Innenpolitisch war jedoch der Interessenausgleich innerhalb der Senatsaristokratie nachhaltig gestört. Zentrales Problem waren die Heeresklientel, die einem erfolgreichen Heerführer einerseits Ruhm, Macht und Einfluss bescherten, andererseits von diesem auch nach den Feldzügen Versorgung verlangten. Solange der Senat als Körperschaft mächtiger blieb als die großen Feldherren wie Sulla oder Pompeius, pendelte sich ein Gleichgewicht ein. Mit der Eroberung Galliens durch Caesar gelang dies nicht mehr, da dieser über mehr Finanzmittel und Soldaten verfügen konnte als der Senat. Nicht zuletzt deshalb wurde er von Anhängern der Republik im Jahre 44 v. Chr. ermordet. Nach seinem Tod brach in Rom ein Kampf zwischen den Caesarmördern Brutus und Longinus und den Caesarianern um Marcus Antonius, Marcus Aemilius Lepidus und Caesars Neffen Gaius Octavius aus. Nach dem Sieg der Caesarianer kam es zwischen Antonius und Octavius zum Konfl ikt um die Nachfolge Caesars, den Octavius, der spätere Augustus, mit der Seeschlacht von Actium im Jahre 31 v. Chr. für sich entscheiden konnte.

Die Iberische Halbinsel im Altertum

Die ersten mittelmeerischen Beziehungen knüpften die Bewohner der Iberischen Halbinsel wohl mit dem Seehandelsvolk der Phöniker, die bald an der iberischen Mittelmeerküste Stützpunkte und Faktoreien anlegten. Diese entwickelten sich aufgrund demographischer und politischer Veränderungen im phönikischen Mutterland zu Kolonien weiter, ein Vorgang, der auch beim nordafrikanischen Karthago stattfand.

Der Aufstieg Roms zur italischen Vormacht ließ die iberischen Verhältnisse zunächst unberührt. Rom stand nicht im Konflikt mit karthagischen Interessen, die es auf der spanischen Halbinsel im Jahr 348 v. Chr. anerkannte. Erst die Verluste des 1. Punischen Krieges führten dort zu einem verstärkten karthagischen Engagement, da die Kriegsverluste in Sizilien und Sardinien ausgeglichen werden sollten. Hamilkar Barkas eroberte den gesamten Süden der Halbinsel; sein Nachfolger Hasdrubal trieb die Eroberungen weiter voran, bis im Jahr 226 v. Chr. der Ebro als Demarkationslinie zwischen Rom und dem karthagischen Herrschaftsbereich festgelegt wurde. Mit dem Konflikt um Sagunt begann der 2. Punische Krieg, der nach der Niederlage Hannibals schließlich im Jahr 201 v. Chr. für Karthago zum Verlust Hispaniens führte. Rom richtete als Verwaltungssprengel die Provinzen Hispania citerior und Hispania ulterior ein. Allerdings sollte es noch bis 133 v. Chr. dauern, bevor die Römer unter Scipio Aemilianus in verlustreichen Kämpfen den Widerstand der einheimischen Bevölkerung mit einer gewaltigen militärischen Anstrengung brechen konnten. Die Romanisierung der Bevölkerung gelang vor allem in den höher entwickelten Gebieten rasch: Die Römer förderten die Städte und integrierten die einheimische Oberschicht, die liberale Bürgerrechtspolitik Caesars und später Augustus’ förderte die Romanisierung weiter. Allerdings kam es auf diese Weise zu einem ökonomischen und kulturellen Ungleichgewicht zwischen den prosperierenden südöstlichen und den nordwestlichen Landesteilen. Erst in den Jahren 26 und 25 v. Chr. konnte die römische Herrschaft mit der Unterwerfung der Kantaber und Asturer im äußersten Nordwesten vollendet werden. Wie erfolgreich die Romanisierung Hispaniens letztlich war, zeigten spätestens die aus Hispanien stammenden Kaiser Trajan und Hadrian gegen Ende des 2. Jahrhunderts.

Die römische Expansion nach Osten

Die Ausdehnung des römischen Macht- und Einflussbereichs erfolgte zunächst nicht unbedingt durch militärische Operationen. Vielmehr wurden durch ein System differenzierter Abhängigkeiten, Bündnisse und Freundschaftsabkommen in nicht direkt beherrschten Regionen Interventionsmöglichkeiten geschaffen, die im Konfliktfall genutzt werden konnten, ohne dass sich Rom militärisch engagieren musste. So nahm Rom bis 146 v. Chr. keine Annexionen im Osten vor, betrieb aber nach dem Frieden von Apameia 188 v. Chr. und der Zersplitterung der hellenistischen Staatenwelt eine verhängnisvolle Interventionspolitik, die nach den drei Makedonischen Kriegen und den drei Mithradatischen Kriegen mit der Eroberung und Annexion der meisten kleinasiatischen Staaten und schließlich des Ptolemaier-Reiches endete. Der selbstständige jüdische Hasmonäerstaat in Palästina wurde 63. v. Chr. von Pompeius seiner faktischen Unabhängigkeit beraubt und zu einem abhängigen Klientelstaat Roms. Hyrkanos als Ethnarch Palästinas und später König Herodes agierten im römischen Bürgerkrieg geschickt, was Palästina ein gewisses Maß an Autonomie sicherte. Mit dem Tod Herodes’ erlosch das judäische Klientelkönigtum und Judäa wurde der römischen Provinz Syrien zugeschlagen, ohne jedoch seine Autonomierechte zu verlieren. Nach dem jüdischen Aufstand 66–70 und der Zerstörung Jerusalems wurde Judäa selbstständige Provinz.

Das Römische Reich zur Kaiserzeit

Die Selbstbezeichnung des Römischen Reiches blieb bis zu Justinian res publica Romana (Römische Republik). Auch der Bezeichnung S(enatus) P(opulus) Q(ue) R(omanus) (Senat und Volk von Rom) begegnete man noch im 4. Jahrhundert.

Allerdings unterschieden schon römische Autoren zwischen der Republik als res publica libera sub consulibus (freie Republik unter den Konsuln) und der Kaiserzeit sub imperatoribus (unter den Kaisern) andererseits. Der Begriff des Imperium und seines Trägers, des Imperators, ging von der Befehlsgewalt eines Truppenkommandeurs oder Konsuls auf die geographische Ausdehnung des Reiches und den Kaiser über. Die von Augustus bis zu Diokletian im Wesentlichen unveränderte Staatsform war eine Monarchie, die nur theoretisch auf dem Willen von Senat und Volk beruhte. Anfangs bestand sie rechtlich aus einer fortwährenden Ausübung mehrerer republikanischer Ämter, praktisch jedoch auf den Legionen des Kaisers, seinem Vermögen und seiner theokratischen Stilisierung. Seit Sullas Reformen wurde Italien unmittelbar von Rom und den dort residierenden Magistraten des Senats, später zusätzlich vom Kaiser verwaltet. Die Außenländer (provinciae) standen unter einem Promagistrat; die Vorrangstellung Italiens wurde erst unter Diokletian aufgehoben. Die römische Zentral- und Reichsadministration beschränkte sich im Wesentlichen auf die Friedenssicherung, Rechtsprechung und Steuererhebung sowie die Errichtung der dazu notwendigen Infrastruktur. Die lokale einheimische Administration nahm die personal- und verwaltungsintensiven Aufgaben vor Ort in relativer Autonomie wahr; in diese Abläufe griff Rom nur bei Versagen ein. Daher kam die römische Administration mit wenigen Amtsträgern und geringem Personal aus. Die Verbindung zwischen römischer und einheimisch-lokaler Administration wurde meist durch informelle Beziehungen zur einheimischen Oberschicht hergestellt. Begünstigt wurden diese Integrationsprozesse durch die Offenheit der römischen Gesellschaft und die römische Bürgerrechts- und Kolonisationspolitik. Die Trennung von Heerführung und Ziviladministration, die Verkleinerung der Provinzen und die Dezentralisierung des kaiserlichen Verwaltungsapparates ermöglichten in der Spätantike eine intensivere Verwaltung und die institutionelle Überwindung der Trennung zwischen römischer und einheimisch-lokaler Administration.

Das Römische Reich bis zum Jahre 395

Der Begriff Spätantike bezeichnet die letzte Phase der Antike vor dem Beginn des Mittelalters und zugleich die letzte Periode der römischen Herrschaft über die Mittelmeerwelt. Der Anfang wird üblicherweise mit dem Regierungsantritt Diokletians 284 verbunden, weil damit nach der Reichskrise unter den Soldatenkaisern eine erneute Stabilisierung einsetzte. Als Endpunkte der Spätantike können die Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus 476, Beginn der sogenannten Völkerwanderung 375 oder die angebliche Reichsteilung 395 gelten. Mit den Reformen unter Diokletian und Konstantin veränderte sich der römische Staat tiefgreifend. Die hellenistisch-orientalische Komponente im Kaisertum gewann an Bedeutung und verlieh ihm eine höhere Stellung. Seit Konstantin machte außerdem die Christianisierung erhebliche Fortschritte, und die Interessen von Staat und Kirche verflochten sich zunehmend. Die wichtigsten Befugnisse des Kaisers blieben Heeresbefehl, Außenpolitik, Ernennung der Beamten, Rechtsprechung und Gesetzgebung. Das Krongut war durch Konstantin um das konfiszierte Tempelland erweitert worden und umfasste etwa 15 Prozent des gesamten Reichsterritoriums. Angesichts der zahlreichen Kriegsschauplätze an den Grenzen setzte sich das legale Mehrkaisertum durch. Jeder Kaiser regierte seinen Sprengel, die Reichseinheit blieb staatsrechtlich bestehen. Rom behielt einen Ehrenvorrang, die Residenzen aber wurden in die Grenznähe verlagert. Diokletian residierte in Nikomedia, Konstantin in Byzanz (Konstantinopel/Neurom). An der Perserfront wurde Antiochia, an der Donaufront Sirmium, an der Rheinfront Trier, in Britannien York Hauptstadt. In Italien wurde Mailand 402 durch Ravenna abgelöst.

Der Druck auf die Grenzen zwang zu dauernder Vergrößerung des Heeres. Die Sollzahl betrug um 400 etwa eine halbe Million Mann, was die Wirtschaft stark belastete. Seit der Steuerreform Diokletians wurden Bürokratisierung und Wirtschaftslenkung immer weitreichender, um alle Ressourcen nutzbar zu machen. Die städtische Oberschicht verarmte, da sie für das Steueraufkommen persönlich haftete. Freie Bauern und Handwerker wurden zur Sicherung der Rekrutierungsbasis und des militärischen Bedarfs erblicher Berufs- und Ortsbindung unterworfen. Im Westen regierten seit 395 die Heermeister, im Osten die höchsten Zivilbeamten.

Germanien zur Römerzeit

Die linksrheinischen Gebiete Germaniens wurden im Rahmen der Eroberung Galliens durch Caesar im Jahre 59 v. Chr. besetzt und gehörten dann als Provinzen Germania Superior und Germania Inferior zum römischen Reich. Bis 51 v. Chr. blieb die Lage am Rhein explosiv, mehrfach mussten die Römer angreifende Germanen abwehren, so im Jahre 55 v. Chr. die über den Rhein übergesetzten Usipeter und Tenkterer. 54 v. Chr. setzten erstmals römische Truppen bei Neuwied über den Rhein und unternahmen Expeditionen ins rechtsrheinische, freie Germanien.

Die Rheingrenze unterhalb der Neckarmündung blieb im 1. Jahrhundert unruhig. Es kam zu Aufständen der Friesen (28 und 57), der Chatten (39 und 50), der Chauken (41/42) und der Brukterer (77). Kaiser Claudius (41–54) ließ deshalb eine Kastellkette entlang der Donau und im Oberrheintal errichten. Kaiser Vespasian (69–79) erweiterte diesen Limes im unteren und oberen Neckartal, und auch die Nachfolger Domitian (81–96), Hadrian (117–138) und Antoninus Pius (138–161) waren zu ständigen Erweiterungen und Verstärkungen des Limes gezwungen. Während die Rheingrenze im 2. Jahrhundert relativ ruhig blieb, überrannten die Alemannen im Jahre 233 in der Wetterau den obergermanischen Limes auf breiter Front und fügten der Verteidigungslinie teilweise schwerste Schäden zu. Um 259/260 durchbrachen große Germanenheere den obergermanisch-rätischen Limes und zogen raubend und sengend bis weit in das Reich, sodass die Römer gezwungen waren, die letzten Truppen aus den Limeslagern abzuziehen, um die Eindringlinge zu verfolgen. Der Limes und das Hinterland bis zu Rhein, Iller und Donau wurden aufgegeben, die Alemannen besiedelten schließlich das Neckartal und den Schwarzwald. In der Folgezeit kam es immer wieder zu ausgedehnten Einfällen v. a. von Alemannen und Franken nach Gallien und Rätien. Die Römer verstärkten den Limes daraufhin im 4. Jahrhundert erheblich, konnten damit aber nur vorübergehend eine Beruhigung erreichen. Zum Ende des 4. Jahrhunderts kam es erneut zu germanischen Raubzügen auf römischem Gebiet, bevor die Rhein-Donau-Grenze um 406 endgültig zerbrach. Alanen, Vandalen, Quaden, Burgunder und Alemannen zogen nun dauerhaft bis weit ins Innere des römischen Reiches.

Die Provinz Gallien

Die Eroberung Galliens durch Caesar verlief in vier Phasen: Kriege gegen Helvetier, Germanen und Belger (58–57 v. Chr.); Festigung der römischen Position und Machtprojektion durch Expeditionen über den Rhein und nach Britannien (56–53 v. Chr.); Entscheidungskampf gegen die im Vercingetorix-Aufstand erstmals vereinten Gallier (52 v. Chr.) und die endgültige Befriedung Galliens (51–50 v. Chr.). Im Jahre 260 machte sich der Militärführer Postumus in einer Usurpation zum Kaiser des »Imperium Galliarum«, zu dem neben Gallien und Britannien zeitweilig auch Hispanien gehörte. 14 Jahre bestand das gallische Sonderreich, bevor Kaiser Aurelian die separatistischen Truppen im Jahre 274 bei Châlons-sur-Marne vernichtend schlug und Gallien wieder dem Römischen Reich als Provinz einverleibte.

Das Reich der Parther

Mit dem Frieden von Apameia im Jahre 188 v. Chr., den der Seleukidenherrscher Antiochos III. nach seiner Niederlage mit Rom schließen musste, verfiel sein Einfluss in seiner östlichen Reichshälfte endgültig. Die Parther, die seit der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. in Hyrkanien ansässig waren, lösten sich von der Vorherrschaft der Seleukiden und stiegen zur Vormacht Vorderasiens auf. Das Partherreich war ein locker gefügtes, dezentrales Gebilde; die unter den Seleukiden noch bestehende Satrapienordnung verschwand. Zahlreiche Kleinfürsten hatten – ebenso wie die griechischen Städte – weitgehende Autonomierechte, sofern sie die Oberhoheit der parthischen Könige anerkannten. Diese orientierten ihr Königtum ihrerseits an hellenischen Vorbildern, stilisierten sich aber gleichzeitig als Nachfolger der persischen Achaimeniden. Mit der Ausdehnung des römischen Machtbereichs nach Kleinasien wurde eine beiderseitige Abgrenzung erforderlich, der Euphrat sollte in wiederholten Abkommen 66/69 v. Chr. die Grenze bilden. Der Angriff des nach Kriegsruhm strebenden Crassus im Jahr 53 v. Chr. beendete das weitgehend friedliche Nebeneinander von Rom und dem Partherreich. Crassus wurde in der Schlacht von Karrhai (Carrhae) vernichtend geschlagen und fi el. In der Folge kam es immer wieder zu Konflikten und Kriegen zwischen beiden Reichen; besonders Armenien war umkämpft. Erst seit der Mitte des 2. Jh. konnte sich Rom langsam gegen das Partherreich durchsetzen, weil dieses durch innere Spannungen geschwächt wurde. Nach dessen Untergang erwuchs den Römern allerdings im nachfolgenden Sassanidenreich ein ebenso kriegerischer neuer Rivale an der Ostgrenze des Reiches.

Die Reiche der Nabatäer und der Sassaniden

Die Nabatäer waren im 3. Jahrhundert v. Chr. in Transjordanien sesshaft geworden, beteiligten sich am Weihrauchhandel und kontrollierten in der Folgezeit das nördliche Ende der Weihrauchstraße. Wie die Parther profitierten auch sie vom Niedergang der Seleukiden im 2. Jahrhundert v. Chr. Von 175–63 v. Chr. waren die Nabatäer in die Kriege der Makkabäer und ihrer Nachfolger verwickelt. In der Folgezeit konnten sie ihr Reich beständig ausdehnen, bis es im 1. Jahrhundert v. Chr. schließlich auf der Halbinsel Sinai bis ans Mittelmeer reichte und zudem Südsyrien einschließlich der reichen Stadt Damaskus umfasste. Mit der römischen Intervention in Ägypten unter Caesar geriet das Nabatäerreich in Roms Interessenbereich; teilweise unterstützte es Rom in der Folge mit Truppen. So halfen 1000 Nabatäer dem Gaius Aelius Gallus im Jahre 25 v. Chr. bei seiner – allerdings erfolglosen – Expedition nach Südarabien, und 1000 Reiter sowie 5000 Fußsoldaten marschierten mit Vespasian im Jahre 67 bei der Niederschlagung des jüdischen Aufstands. Nach dem Tod König Rabbels II. im Jahr 106 wurde das Nabatäerreich von Rom annektiert.

Den Untergang des Partherreiches zu Beginn des 3. Jahrhunderts hatten wachsende innere Auflösungstendenzen herbeigeführt. Die Kleinfürsten von Istachr, Vorsteher des dortigen Feuerheiligtums, errangen durch eine Rebellion die Macht in der gesamten Persis. Die alte parthische Königsdynastie der Arsakiden wurde 226 durch Ardaschir, den Gründer der Sassanidendynastie, abgelöst. Dieser konnte die meisten Gebiete des Partherreiches für sich gewinnen, musste jedoch gegenüber Rom unter Diokletian und Galerius im Jahr 298 Gebietsverluste bis zum Tigris hinnehmen. Im Gegensatz zu den Arsakiden stärkten die Sassaniden die königliche Zentralgewalt erheblich. Die Gründung von Städten mit eigenem Territorium auf Königsland, die Ablösung lokaler Herrscher in neu eroberten Gebieten durch Mitglieder der Königsfamilie und der Aufbau eines hierarchisch gegliederten Beamtenapparates sowie ein stehendes Heer beschleunigten die Zentralisierung: Allerdings stand diese mit wechselndem Erfolg im Gegensatz zu den Ansprüchen des Adels. Der Zoroastrismus wurde zur Staatsreligion erhoben. Ab dem 3. Jahrhundert entwickelte sich das Sassanidenreich zum stärksten Machtfaktor zwischen Römischem Reich im Westen dem Hindukusch im Osten. Ab dem 4. Jahrhundert setzten die andauernden Kämpfe gegen die Römer im Westen und die hunnischen Hephtaliten im Osten dem Reich schwer zu. Innerlich schwer zerrüttet, erlag das Sassanidenreich im 7. Jahrhundert dem Ansturm der muslimischen Araber.

Die »Völkerwanderung«

Es ist vor allem eine deutsche Konvention, vom Zeitraum zwischen 375 (Einfall der Hunnen in Europa) und 568 (Langobarden ziehen nach Italien) als der »Völkerwanderung« zu sprechen. Dies ist missverständlich, da die wandernden Gruppen keine »Völker« im modernen Sinne waren. Es waren eher Rechtsverbände – Gruppen, die einheitlichen Rechtsbräuchen folgten und durchaus ethnisch gemischt sein konnten. Als »Volk« (gens), als einheitlicher Rechtsverband, konnten sie nur durch die Gründung von Königreichen bestehen. Gelang dies nicht, wurden solche nur durch Rechtskonventionen zusammengehaltenen Gruppen schnell von anderen Gemeinschaften assimiliert und verschwanden. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts waren zwischen Donau und Dnjestr die Gebiete der West- und der Ostgoten entstanden. Nach dem Einfall der Hunnen und der Vernichtung der beiden Gotenreiche wichen die verbliebenen Goten auf römisches Gebiet aus. Zunächst wurde unter Kaiser Valens versucht, die Goten militärisch aus dem Reichsgebiet abzudrängen – das Unternehmen scheiterte mit einer militärischen Niederlage und dem Tod Valens’ im Jahr 378. Sein Nachfolger Theodosius I. machte die Goten zu Verbündeten und gab ihnen Siedlungsland auf Reichsgebiet, um sie in die Grenzverteidigung zu integrieren. Neben den Goten gaben auch Vandalen, Langobarden und Burgunder dem Druck der Hunnen und Alanen nach und zogen nach Westen. Mehrmals wurde sogar Rom selbst eingenommen und geplündert. Dabei kämpften nicht selten einzelne Völkerschaften gegeneinander, da sie von den römischen Autoritäten je nach Opportunität als Föderatentruppen eingesetzt wurden. Im Jahr 436 wurde mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen im Auftrag des weströmischen Heermeisters Aëtius das mittelrheinische Reich der Burgunder vernichtet. Allerdings schlug ein gemeinsames Aufgebot römischer und barbarischer Truppen wiederum das hunnische Heer im Jahr 451 auf den Katalaunischen Feldern.

Die christliche Kirche bis 500

Mit der Anerkennung als gleichberechtigte Religion durch Kaiser Konstantin im Jahr 313 und schließlich seiner Erhebung zur Staatsreligion durch Kaiser Theodosius im Jahr 380 geriet das Christentum unter den unmittelbaren Einfluss der Kaiser.

In der sich entwickelnden »Reichskirche« durchdrangen sich staatliche, kirchliche und soziale Sphären. Der kaiserliche Einfluss half die Glaubenseinheit zu bewahren, da die persönliche Frömmigkeit des Kaisers als letzte Instanz die Dogmenstreitigkeiten innerhalb der Kirche bestimmen und im Zweifelsfall den Ausschlag zugunsten einer Seite herbeiführen konnte. Gleichzeitig brachte die christliche Kirche den Kaisern neue Möglichkeiten der Herrscherlegitimation und -repräsentation. Dadurch wurde die Kirche zu einem wichtigen Träger römischer Reichstradition und konnte gerade im von der Völkerwanderung besonders betroffenen Westen Ideen, Strukturen und Kultur des alten Reiches bewahren. Den Einfluss, den das Kaisertum auf die christlichen Glaubensinhalte nahm, lässt sich an der Tatsache ablesen, dass es bis zur zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts dauern sollte, bis überhaupt ein Papst statt des Kaisers ein Konzil einberufen sollte. Die Beschlüsse des Konzils von Nikaia im Jahr 325 wurden von Kaiser Konstantin als Reichsgesetze verkündet. Innerhalb der Kirche konkurrierten verschiedene Würdenträger um Vorrang und Lehrhoheit. Durch die Verlagerung des Reichszentrums nach Konstantinopel erwuchsen Rom in den dortigen, auf kaiserliche Autorität gestützten Patriarchen starke Nebenbuhler. Dogmatische Auseinandersetzungen und Rangstreitigkeiten waren immer wieder Gegenstand von Konzilien. Die Grenzen von Patriarchaten waren nicht selten auch Grenzen für den Geltungsbereich von Dogmen. So konnten die Päpste Coelestin I. und Sixtus III. dogmatische Auseinandersetzungen zwischen den Patriarchen von Konstantinopel und Alexandrien nutzen, um die Leitung der Ökumene für sich zu beanspruchen. Dasselbe Konzil verurteilte die nestorianischen Auffassungen des Patriarchen von Antiochia und der syrischen Bischöfe. Den Leitungsanspruch Roms führte Papst Leo I. zu einem neuen Höhepunkt. Er erreichte die Gleichstellung der päpstlichen Dekretalen mit Reichsgesetzen und verwarf die Gleichstellung Konstantinopels mit Rom. Mit dem Eintreten gegen Attila und Geiserich nahm er anstelle der schwindenden Reichsgewalt den Schutz Roms und Italiens wahr. Mit dem endgültigen Untergang des weströmischen Kaisertums im Jahre 476 löste sich das Papsttum weiter von Konstantinopel, zumal es sich zunehmend mit den germanischen Reichen auseinandersetzen musste, die dem Christentum arianischer Prägung anhingen. Wegen der Absetzung des Patriarchen von Konstantinopel, Akakios, durch Papst Felix II. kam es zum ersten offenen Bruch zwischen Ost und West (Akakianisches Schisma).

Quelle: DER GROSSE PLOETZ ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE, 2009, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

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