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Veröffentlichung in Nature Physics
Selbstverstärkender Effekt bei Alzheimer-Plaque-Bildung

21.07.2016 – Die Alzheimersche Demenz, eine der verbreitetsten neurodegenerativen Erkrankungen, wird durch sich verklumpendes Eiweißmaterial im Gehirn verursacht. Ein selbstverstärkender Effekt, die so genannte Sekundär-Nukleation, spielt hierbei die entscheidende Rolle. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Jun.-Prof. Dr. Alexander Büll von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat untersucht, warum bestimmte Proteine diesen selbstverstärkenden Effekt zeigen, andere nicht und wie die Prozesse qualitativ ablaufen. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Nature Physics.

Illustration der Biosensorik-Experimente von Jun.-Prof. Alexander Büll. Amyloidfibrillen des Amyloid Beta Peptides (rot) werden an die Oberfläche eines Biosensors (Oberflächen-Plasmonen-Resonanz, gelb/gold) angeheftet und dann mit löslichen Amyloid Beta Molekülen (violett) inkubiert. Diese können sich an die Enden der Fibrillen anhef-ten (braun) und damit zum Wachstum der Fibrillen führen. Weiterhin können sich die löslichen Moleküle auch an die Oberfläche der Fibril-len anlagern (grün); wenn sich dort mehrere Moleküle begegnen (sie-he links oben), kann sich die Vorstufe einer neue Fibrille bilden. Wenn dieser Prozess auf einer Amyloid Plaque stattfindet, kann sich der neue Proteinklumpen dann vom Ort seiner Entstehung ablösen und wegdiffundieren und trägt damit zur Ausbreitung der Plaques bei. (Abbildung: Alexander Büll)

Lagern sich bestimmte Proteine, die Amyloid Beta Peptide im Gehirn zunächst zu Fasern (Fibrillen) zusammen, die anschließend zu Plaques verklumpen, kann die Alzheimerschen Demenz entstehen. Der genaue Zusammenhang zwischen der Bildung von Plaques und dem Absterben von Nervenzellen ist weiterhin unklar, aber es steht inzwischen fest, dass einige der Zwischenstufen auf dem Weg zur Plaque-Bildung, insbesondere die aus wenigen Proteinmolekülen bestehenden sogenannte „Oligomere“, hochgradig neurotoxisch sind.

Bereits frühere Untersuchungen zeigten, dass die Amyloidfibrillen teilweise autokatalytische, selbstverstärkende Eigenschaften besitzen. Das heißt: Sind solche Fibrillen vorhanden, können mit teilweise exponentieller Geschwindigkeit weitere Fibrillen und auch die besagten toxischen Oligomere entstehen, die sich schnell im Gehirngewebe ausbreiten. Vieles deutet darauf hin, dass sich bei dieser so genannten Sekundär-Nukleation neue Fibrillen auf der Oberfläche von vorhandenen Plaques bilden. Dieser Prozess ist wesentlich effizienter als die Neubildung von Fibrillen aus gelösten Proteinmolekülen und damit voraussichtlich der entscheidende Prozess bei der schnellen Ausbreitung der Plaques.

Die genauen Abläufe bei der Sekundär-Nukleation sind allerdings noch ungeklärt. Ein tieferes Verständnis dieser Abläufe kann dazu beitragen, gezielt gegen diesen Prozess zu steuern und damit die Alzheimer-Krankheit aufzuhalten.

Wissenschaftler aus Cambridge haben unter Mitwirkung von Jun.-Prof. Dr. Alexander Büll vom Institut für Physikalische Biologie der HHU nun durch Simulationen einen wesentlichen Schritt zum Verständnis der Sekundär-Nukleation getan. Insbesondere konnten sie klären, warum bestimmte Proteine eher zur autokatalytischen Vermehrung neigen, andere aber nicht. Einerseits muss sich durch die Wechselwirkung zwischen Protein und der Oberfläche der Fibrillen die Struktur der Proteine ändern. Andererseits muss die Affinität zwischen Protein und Oberfläche in einem bestimmten Bereich liegen: Bindet das Protein zu wenig an die Oberfläche, kann die Autokatalyse nicht starten; bindet es zu stark, können sich keine weiteren Proteine mehr anlagern.

Den Grad der Affinität hat Büll experimentell untersucht. Eine besondere Schwierigkeit bestand darin, mittels der eingesetzten Biosensoren zwischen einem Längenwachstum der Fibrillen und der eigentlichen Verklumpung zu unterscheiden. Büll fand schließlich heraus, dass die Reaktionsdynamik zur Unterscheidung genutzt werden kann: „Das Längenwachstum, also die Bindung von neuen Proteinmolekülen an die Enden der Fibrillen, geschieht linear mit der Zeit und ist unbegrenzt, während die Bindung an die Fibrillenoberfläche  nach einer schnellen Anfangsphase stoppt, da auf der Oberfläche alle Bindungsstellen besetzt sind“, so Jun.-Prof. Büll. 

Seine Messergebnisse bestätigen die Modellrechnungen der Cambridger Kollegen zum Ablauf der Sekundär-Nukleation und sind gleichzeitig auch mit detaillierten Auswertungen der Aggregationskinetik im Einklang. Sie belegen damit die Annahmen, die den Computermodellen zugrunde liegen. So ist ein einfaches Verfahren gefunden, am Computer die Prozesse bei der Bildung von Alzheimer-Plaques zu studieren und nach Gegenmaßnahmen gegen die Plaquebildung zu suchen.

Originalveröffentlichung

A. Šaric, A. Buell, G. Meisl, T. Michaels, C. Dobson, S. Linse, T. Knowles and D. Frenkel, Physical determinats of the self-replication of protein fibrils, Nature Physics, 18. Juli 2016

DOI: undefined10.1038/NPHYS3828

Kontakt

Jun.-Prof. Dr. Alexander Büll
Institut für Physikalische Biologie
Tel.: 0211 – 81 15575
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Kategorie/n: Schlagzeilen, Pressemeldungen, Meldung UKD
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