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Was stachelt im Gemüsebeet?

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Die Igel-Findlinge, die einer Manderner Familie beim Kaffeetrinken im Garten einen Besuch abstatteten, gedeihen prächtig.
Die Igel-Findlinge, die einer Manderner Familie beim Kaffeetrinken im Garten einen Besuch abstatteten, gedeihen prächtig. © Hanna Prior

Bad Wildungen - Beim Kaffeetrinken erhielt eine Familie außergewöhnlichen Besuch: Die goldene Herbstsonne lockte nicht nur die Manderner in ihren Garten, sondern auch drei Igeljunge, die durchs Gemüsebeet spazierten.

Der Apfelkuchen musste warten, denn zunächst wurde das Internet durchstöbert, um ein Mahl zu finden, das den ausgehungerten Tierchen bereitet werden konnte, und im Nu war das Rührei verputzt. „Wir wollten die Kleinen wieder aussetzen, doch unser Nachbar warnte uns. Er hatte vor ein paar Tagen die vermutliche Igelmutter auf der Straße liegen sehen“, schildert Anette Prior.

Ohne die Fürsorge ihrer Mutter überleben die Jungen den Winter nicht, waren sich die Manderner einig. „Sie waren noch ganz klein.“ Auf tierärztlichen Rat wandten sich die Tierfreunde an Sigrid Karges, die seit 25 Jahren schwache Igel durch den Winter bringt. Doch Hilfe muss gekonnt sein: Liebevoll wog die Bad Wildungerin die Igelkinder, befühlte ihre Zähnchen, prüfte das Geschlecht - und verpasste ihnen originelle Namen.

In einem umfunktionierten Hundezwinger gestaltete Karges einen naturgetreuen Lebensraum und päppelte die Findlinge mit Katzenfutter, Rosinen, Haferflocken und Nüssen auf.

Doch hier ist die Geschichte noch nicht zu Ende! Tage später kauerten erneut zwei Igel vor Priors Haustür. Auch für diese beiden Nachzügler, die im selben Alter wie ihre Artgenossen waren, hatte Karges ein Herz und nahm sie auf.

Stars im Kindergarten

Im Gegenzug überbrachte sie eine traurige Botschaft über den Zustand von einem der fünf tierischen Findelkinder. Dem einzigen Igelmännchen machte eine Verletzung zu schaffen. Trotz Wärmflasche und sorgsamer Pflege überlebte der nur 80 Gramm leichte Igel nicht.

Seine vier Geschwister gediehen prächtig. Sie waren kürzlich die Stars im Wellener Kindergarten, in dem Prior seit 18 Jahren als Erzieherin tätig. Sigrid Karges kam mit dem stacheligen Quartett zu Besuch. „Kinder haben selten die Gelegenheit, einen Igel lebendig zu erkunden“, weiß Prior. Begeistert beobachteten die Mädchen und Jungen die Igelfamilie, und die Mutigsten wagten es, den weichen Bauch oder die Stacheln zu berühren.Viele neugierige Fragen beantwortete die Igel-Ersatzmutter geduldig.

Die vorwiegend nachtaktiven Tiere gehen nur selten tagsüber auf Nahrungssuche. Im Herbst fressen sich sie tierischen Einzelgänger ein Fettpolster für den Winterschlaf an, der nur eintritt, wenn sie mindesten ein Pfund wiegen. Dann sinken Körpertemperatur und Herzschlag auf das Minimum, erläuterte die Bad Wildungerin. Zum Schluss warnte Karges: „Nicht jeder Laie darf die Säugetiere einfach einsammeln.“ Nur verletzten, verwaisten oder im Winter umher streunenden Igeln sollte geholfen werden, wobei die Wil­dungerin gern mit Rat und Tat zur Seite steht.

Nach wenigen Wochen wogen die stacheligen Findlinge schon das Sechsfache ihres einstigen Gewichts. Doch sorgen müssen sich die jungen Igelweibchen um ihre Figur zum Glück nicht - während des langen Winters verlieren sie den Speck von ganz alleine.

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