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Siebtklässlerin der Blumensteinschule wünscht sich wieder normalen Unterricht

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Alleine vor dem Laptop: Die 14-Jährige Leni Eisel.
Alleine vor dem Laptop: Die 14-Jährige Leni Eisel möchte wieder zur Schule. Sie schrieb deshalb sogar Briefe an Angela Merkel und Volker Bouffier. © Natascha Terjung

Kaum Unterricht, keine sozialen Kontakte und wenig Hilfe. Das beschreibt den derzeitigen Alltag von Leni Eisel aus Bebra, Schülerin der siebten Klasse an der Blumensteinschule in Obersuhl.

Bebra/Wildeck – Seit November sitzt Leni zuhause vor dem Laptop und wird im Distanzunterricht beschult. Doch Unterricht per Videokonferenz hat die 14-Jährige selten, erzählt sie. Meistens stellten die Lehrer die Aufgaben online zur Verfügung, die von den Schülern heruntergeladen und bearbeitet werden müssten. Doch so einfach, wie das klingt, ist es nicht: Einige Lehrer kämen mit der Technik nicht zurecht, andere müssten zum Video-Unterricht nach Hause fahren, denn das Internet in der Schule sei schlecht, erzählt Leni. So sei es nicht unüblich, dass der eigentliche Unterricht oft nur 30 Minuten dauere. „Trotzdem bin ich froh, dass ich wenigstens vor dem Laptop Unterricht haben darf“, sagt sie.

Bei einigen Mitschülern sehe das aber ganz anders aus: Manche würden für den Unterricht nicht mal aus dem Bett aufstehen, andere hätten Probleme mit der Technik. Ein Lehrer zeige den Umgang mit dem Programm zwar in einem Youtube-Video, aber ob die Schüler das verstehen, überprüfe niemand. „Viele fragen mich dann um Hilfe“, erzählt die 14-Jährige.

Leni sei fleißig und engagiert, erledige ihre Aufgaben selbstständig, erzählen ihre Mutter sowie Lenis Klassenlehrerin Lisa Herteux. Einfach ist das für Leni aber nicht, denn sie wechselte 2019 von der Brüder-Grimm-Schule auf die Blumensteinschule und musste daher viel Lernstoff nachholen.

Für Doris und Marco Eisel, ihre Eltern, sei das Lernangebot an der Blumensteinschule eigentlich „top“. Aber die anhaltenden Corona-Regeln und die damit verbundenen Anforderungen an selbstständiges Lernen machten die ohnehin schon schwierige Situation der Schüler nicht leichter. „Kinder in diesem Alter brauchen soziale Kontakte. Es ist kein Wunder, dass sie irgendwann am Rad drehen, wenn sie nur zuhause sitzen“, sagt Doris Eisel.

Darüber hinaus mussten die Eltern für ihre Tochter einen neuen Laptop kaufen. Mit dem Alten hätte sie das Programm nicht nutzen können, was sie für den Unterricht braucht, erzählt Lenis Mutter. Auch der Drucker wird beinahe täglich gebraucht, weshalb die Familie alle zwei Wochen für knapp 36 Euro neue Patronen kaufen muss. Teilweise müssten Schulmappen bei den Lehrern in der Schule abgegeben und wieder abgeholt werden. Das erledigt meistens Marco Eisel nach der Arbeit für seine Tochter. „Es wäre gut, wenn die Lehrer die Mappe auch mal vorbeibringen würden. Dann gäbe es wenigstens einen kurzen persönlichen Kontakt“, sagt er. Dass die Schüler aus Lenis Klasse oft keinen richtigen Unterricht haben, stoße auch bei anderen Eltern auf Unverständnis, erzählen Doris und Marco Eisel. „Klassenarbeiten müssen die Kinder ja trotz allem schreiben. „Wie soll die Leistung ohne richtiges Lernen abgerufen werden?“, fragt sich Lenis Vater.

Um Antworten auf ihre Fragen zu bekommen hat Leni Briefe an Angela Merkel und Volker Bouffier geschrieben. Aus dem Büro der Bundeskanzlerin erhielt sie sogar eine Antwort. Man nehme die Belange der Schüler ernst und kümmere sich darum, die Digitalisierung voranzutreiben, hieß es in dem Schreiben. Trotzdem verwies man Leni an das Land Hessen. Doch von dort erhielt sie bislang keine Antwort. Manchmal weiß Leni nicht, wie sie ihren Tag gestalten soll, erzählt sie. Denn Freunde treffen, Sport und der Schullalltag bedeuten für die 14-Jährige Struktur, und die muss sie sich nun selbst schaffen. Deshalb hält sie sich im Garten jetzt Hühner, um die sie sich nach dem Erledigen ihrer Hausaufgaben kümmert. Das dient gleichzeitig als Vorbereitung auf ihre Zukunft, denn ihr Traumberuf sollte mit Natur zu tun haben, sagt die Bebranerin. Noch mehr aber wünscht sie sich einen normalen Alltag zurück: „Ich möchte wieder in die Schule.“

Probleme im Distanzunterricht: Schule in Coronazeiten ist auch für Lehrer herausfordernd

Die pandemiebedingten Einschränkungen im Schulalltag gehen auch an vielen Lehrkräften nicht spurlos vorbei. Das berichtet Leni Eisels Klassenlehrerin Lisa Herteux von der Blumensteinschule in Obersuhl.

Einige Lehrer unterrichteten Schüler im Distanz- und Präsenzunterricht. Da aufgrund der schlechten Internetverbindung in der Blumensteinschule Videokonferenzen kaum möglich seien, würden einige Lehrer zwischendurch nach Hause fahren, um von dort zu unterrichten. Das stelle ein enormes Problem dar, sagt Lisa Herteux.

Die Schüler der siebten und achten Jahrgänge würden besonders unter der aktuellen Situation in der Schule leiden, sagt die Lehrerin. „Wir stellen vermehrt fest, dass die Schüler keine Motivation mehr haben.“ Zudem gebe es Schüler, wenn auch wenige, die technisch nicht so gut ausgestattet seien. „Es fällt mehr auf, wer Unterstützung braucht und das betrifft momentan etwa ein Drittel der Schüler“, sagt Lenis Klassenlehrerin. An der Blumensteinschule arbeite man daher derzeit an einem Konzept, wie diese Schüler besser gefördert werden könnten. Das soll über zusätzlichen digitalen Unterricht am Nachmittag gewährleistet werden.

Für Lisa Herteux ist es grundsätzlich unverständlich, dass Siebt- und Achtklässler im Distanzunterricht beschult werden. „In diesem Alter passiert so viel in der Entwicklung der Kinder. Sie brauchen die sozialen Kontakte.“ Außerdem habe der Wechselunterricht gut funktioniert und ein Hygienekonzept sei ebenfalls da.

Das sagt die Schulleitung: Laptops zum Ausleihen

Doritha Rudschewski, Leiterin der Blumensteinschule, hat Verständnis für den Wunsch vieler Schüler, endlich wieder normal zur Schule gehen zu wollen. „Das geht mir doch nicht anders“, sagt sie. Kritik an der schlechten Internetverbindung sei ihr allerdings neu, sagte sie auf Nachfrage. Schließlich habe die Schule im August 2019 einen Glasfaseranschluss bekommen. Wenn sich allerdings viele Menschen ins Netzwerk einwählen, dann könne die Verbindung natürlich schon mal langsamer werden. Die Rückmeldungen zum Video-Unterricht seien bislang positiv, sagt sie. „Grundsätzlich bieten wir dem regulären Stundenplan entsprechend in den Hauptfächern und Wahlpflichtfächern im Rotationsprinzip Unterricht per Videokonferenz an – oder verteilen Aufgaben für zuhause.“ Die Schule habe vom Landkreis 27 Laptops zur Verfügung gestellt bekommen, um Schülern die Teilhabe am Fernunterricht zu ermöglichen. „Derzeit sind alle verliehen“, sagt sie.  (ses)

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