Debatte um ACU-Inserat: 'Wer so etwas abdruck...
 
Debatte um ACU-Inserat

'Wer so etwas abdruckt, will das Geld'

Screenshot HORIZONT / oe24.at
Das Inserat des ACU - hier als Screenshot der Ausgabe von "Österreich".
Das Inserat des ACU - hier als Screenshot der Ausgabe von "Österreich".

Ein Inserat des "Außerparlamentarischen Corona-Untersuchungsausschuss" in heimischen Tageszeitungen sorgt für Wirbel. Der "Kurier" etwa rechtfertigt den Abdruck in einem Kommentar der Chefredakteurin, bei "Heute" verweigerten die Verantwortlichen das Inserat - Chefredakteur Christian Nusser findet gegenüber HORIZONT klare Worte. Medienrechtler Ganzger sieht beim vorliegenden Inserat "keinesfalls" einen strafrechtlich relevanten Inhalt.

Stein des Anstoßes ist eine ganzseitige, bezahlte Anzeige in Form eines offenen Briefs an Bundesregierung und Bevölkerung. Dahinter steht der so genannte "Außerparlamentarische Corona-Untersuchungsausschuss", der darin etwa Masken als "nutzlos und gesundheitsschädlich" anführt, aber auch PCR-Tests und "Zwangsimpfung" kritisiert.

Geschaltet wurde das Inserat etwa in der Tageszeitung "Österreich", aber auch beim "Kurier". Dessen Chefredakteurin Martina Salomon verweist im Blatt auf freie Meinungsäußerung, die ein "unantastbares Gut" sei. "Es kommt nicht oft vor, dass man in der Redaktion heftig diskutiert, ob ein bezahltes Inserat abgedruckt werden soll, weil es Thesen enthält, die die Mehrheit der Wissenschafts-Community entschieden ablehnt", so Salomon, die auch auf ein auf der gegenüberliegenden Seite publiziertes Interview mit einer Virologie-Professorin verweist.
Der Text von "Kurier"-Chefredakteurin Martina Salomon.
Kurier
Der Text von "Kurier"-Chefredakteurin Martina Salomon.
Die Doppelseite im "Kurier" mit dem Inserat des ACU sowie dem Interview mit einer Virologin der Redaktion sowie dem Hinweis von Chefredakteurin Martina Salomon.
Kurier
Die Doppelseite im "Kurier" mit dem Inserat des ACU sowie dem Interview mit einer Virologin der Redaktion sowie dem Hinweis von Chefredakteurin Martina Salomon.

Nusser: 'Halte ich für gefährlich und fahrlässig'

Abgelehnt hingegen haben die Schaltung die Verantwortlichen beim Gratistitel "Heute". "Das Inserat empfiehlt mehr oder weniger direkt, keine Masken mehr zu tragen, sich nicht testen und nicht impfen zu lassen. Es enthält aus meiner Sicht faktenwidrige Behauptungen. Ich halte Aufrufe dieser Art in der gegenwärtigen Situation für gefährlich und fahrlässig", so "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser auf HORIZONT-Anfrage. Die Entscheidung, das Inserat nicht abdrucken, unterdrücke keine "Meinung", sie biete ihr nur keine Plattform. "Wir sollten nicht um den heißen Brei herumreden: Wer so etwas abdruckt, will keinen Beitrag zur freien Meinungsäußerung leisten oder den Diskurs anschieben, sondern er will das Geld", so Nusser. Die entscheidende Frage bleibe: "Wie weit bin ich bereit, meinen moralischen Kompass so zu verändern, dass ich den Abdruck, wem auch immer gegenüber, rechtfertigen kann."

Nusser betont die "strikte" Trennung von Redaktion und Anzeigenabteilung. Inserate würden am Seitenspiegel als bunte Fläche mit einem Keywort visualisiert, um sie für die Produktion verarbeitbar zu machen. "Im gegenständlichen Fall bin ich auf die problematischen Inhalte aufmerksam gemacht worden. Gemeinsam und einhellig haben dann mein Stellvertreter, Geschäftsführung, Anzeigenleitung und ich entschieden, von einer Veröffentlichung Abstand zu nehmen", so Nusser.
Inseraten-Debatte - die rechtliche Lage
Zur obigen Debatte hält der renommierte Medienrechtsexperte Gerald Ganzger fest, dass Medien nach eigenem Gutdünken, in der Regel auch ohne Begründung, Inseratenaufträge ablehnen können. Medien treffe dabei kein Kontrahierungszwang. Ganzger konkretisiert die Causa gegenüber HORIZONT: "In der Regel ist der Auftraggeber von Inseraten für dessen Inhalt verantwortlich. Bei offensichtlich rechtswidrigen Inhalten, wie beispielsweise Werbung für verbotene Drogen, Kinderpornografie, etc. trifft den Medieninhaber schon eine Prüfpflicht, weil er sich sonst unter Umständen als Mittäter bei strafrechtlich relevanten Inhalten von Inseraten mitschuldig machen würde."

Ein strafrechtlich relevanter Inhalt liegt seines Erachtens nach bei diesem Inserat "keinesfalls" vor. "Es besteht somit keine rechtliche Verpflichtung des Mediums, das Inserat abzulehnen. Es ist aber noch einmal festzuhalten, dass Medien ganz alleine entscheiden können, ob sie Inserate schalten oder nicht, für die Ablehnung müssen sie auch keine Begründung geben", betont Ganzger. 

Außerhalb des gerichtlich strafbaren Bereichs gibt es laut Ganzger beispielsweise im Glücksspielwesen auch das verwaltungsstrafrechtliche Verbot illegales Glücksspiel zu bewerben. Auch hier treffe das Medium bei offensichtlichem rechtswidrigen Inhalt die Prüfpflicht.



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