Hieronymus Sturm, WINGS
Digital Leadership

Warum Manager virtueller Teams nicht den Chef raushängen lassen sollten

Homeoffice, mobile Arbeitsplätze, Kollegen in aller Welt - dezentrales Arbeiten ist inzwischen gang und gäbe. Doch wie verändert sich dadurch die Zusammenarbeit der Kollegen? Wenn sich einer damit auskennt, dann Hieronymus Sturm. In seinem Gastbeitrag erklärt der Studiengangsleiter Sales&Marketing der Wismar International Graduation Services (WINGS), worauf es ankommt.
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Die “Great Man Theory of Leadership” besagt, dass Führungserfolg durch die Person erklärt wird, die in der Hierarchie weit oben verortet ist. Demnach weisen erfolgreiche Leader stabile Persönlichkeitsmerkmale auf, die angeboren und nicht erlernbar sind. Dazu werden häufig Charisma, Intelligenz und Kreativität gezählt. So denken wir beispielsweise an die Manager Steve Jobs oder Bill Gates, wenn über den Erfolg von Computerherstellern berichtet wird.

Dabei wird häufig ausgeblendet, dass der Führungserfolg durch das komplexe Zusammenspiel verschiedenster Faktoren erklärt werden muss. Insbesondere die “Günstigkeit der Situation” moderiert, ob sich ein bestimmtes Führungsverhalten positiv oder negativ auf den Erfolg auswirkt. Anders ausgedrückt: die Führungsperson hat Glück gehabt, dass Ihre Maßnahmen mit den Gegebenheiten im Einklang waren.

Vor diesem Background sollte Digital Leadership betrachtet werden. Die Situation ist auch in der Führung virtueller Teams der entscheidende Moderator, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder Maßnahmen auf fruchtbaren Boden fallen. Erfolgreich ist digitale Führung, wenn vorher definierte Ziele erreicht werden und die Beteiligten dabei psychisch als auch physisch gesund bleiben. Führung sollte dabei aber nicht mehr auf die Ausrichtung menschlichen Handelns auf Ziele verstanden werden, sondern im Sinne eines gleichberechtigten Miteinanders.

Gerade in virtuellen Teams ist eine Zunahme der Aufgabenkomplexität zu beobachten und das unter den erschwerten Bedingungen, dass die Teammitglieder dezentral und weltweit verteilt sind. Vernetzung der Teammitglieder über entsprechende technische Lösungen und uneingeschränkter Zugang zu allen Informationen sind grundlegend zu meisternde Situationsvariablen.

Die jahrhundertealte Tradition der Aufgabenteilung zwischen Führungskraft und Ausführenden hat sich überholt, denn Führung ist nicht mehr vorhersehbar.
Hieronymus Sturm
Klassische Führungsinstrumente sind dabei in virtuellen Teams obsolet. Die jahrhundertealte Tradition der Aufgabenteilung zwischen Führungskraft und Ausführenden hat sich überholt, denn Führung ist nicht mehr vorhersehbar. Durch die weltweite Vernetzung und steigende Komplexität im Marktgeschehen, kann eine einzelne Person kaum noch mit Sicherheit eine Wette auf die Zukunft platzieren. Die Situation ist dafür zu komplex. Meist haben die Entscheider noch nicht einmal mehr Einfluss auf die Dinge, die sie entscheiden müssen. Erkennbar ist dies, wenn Manager die Komplexität der Situation reduzieren und mit einfachen Heuristiken Entscheidungen fällen sowie ständig ihre Meinung oder Richtung ändern.

Dies hat fatale Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Führungsperson, deren Autorität als Experte, aber auch auf die gesamte Unternehmenskultur und das Organisationsklima. Der ehemals geschlossene Vertrag, dass eine mächtigere Person die Verantwortung übernimmt, Aufgaben delegiert und die unterstellten Personen ausführen, gilt als aufgelöst. Moderne Manager von virtuellen Teams betrachten sich nicht mehr als delegierende und durchsetzende Persönlichkeiten, sondern als Coaches. Zu ihren Aufgaben gehört es, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern, die Konnektivität nach außen zu erhöhen, die Teammitglieder zu professionalisieren und mit allen Informationen zu versorgen sowie eine Intuition auf Grundlage aktueller Marktgeschehnisse zu bilden.

Als Basis dafür gilt lebenslanges Lernen, Offenheit für Erfahrungen und das Zulassen von Spontanität und Hypes. In einem virtuellen Team gibt nicht der Coach die Richtung vor, sondern das Team bestimmt, wohin die Reise geht, welche Manifeste, Werte und Ziele verfolgt werden. Dementsprechend werden virtuelle Teams zerstört, wenn Führungskräfte Basiswerte in Guideline-Form vorgeben oder Macht ausüben.

Schlussendlich müssen alle Ergebnisse und Prozesse innerhalb des virtuellen Teams einer Qualitätssicherung unterzogen werden, denn ein loses Miteinander ohne klare Regeln führt mit Sicherheit ins Chaos. Vorab definierte Ziele und Aufgaben müssen qualitativ und quantitativ evaluiert sowie Prozesse und Abläufe ständig optimiert werden. Erst wenn hier intelligente Strukturen entstanden sind, wird sich ein langfristiger Teamerfolg einstellen können.

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