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EMANZIPATORISCH

Die Einrichtung einer herrschaftsfreien, auf gegenseitiger Sorge und Solidarität basierenden Gesellschaft - das ist das Projekt der Emanzipation. Ein schöner Gedanke, aber wofür steht Emanzipation konkret? Um das Wort mit Sinn zu füllen, ist ein kurzer geschichtlicher Exkurs nötig. Zwei Bedeutungen lassen sich historisch unterscheiden: eine rechtliche und eine utopische. Ursprünglich, in der Antike, die Freilassung des Sklaven aus der »Hand« des Hausherrn bezeichnend (lat.: e: aus, manus: Hand, capere: nehmen), wurde Emanzipation im 18. und 19. Jahrhundert zu einem Schlagwort im Kampf marginalisierter gesellschaftlicher Gruppen (Sklaven, Juden, Frauen) für politische und soziale Gleichberechtigung. Emanzipiert zu sein, bedeutete, über dasselbe Set an Rechten zu verfügen wie die (männlichen, weißen, besitzenden) Angehörigen der bürgerlichen Dominanzkultur. Karl Marx kritisierte dieses rechtliche Verständnis von Emanzipation scharf.

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Dem Modell der »politischen Emanzipation«, in dem einzelne Gruppen sich entlang vorgegebener rechtlicher Parameter emanzipieren (sich zugleich aber auch mit den Regeln der bürgerlichen Gesellschaft arrangieren), setzte er die Utopie einer »menschlichen Emanzipation« entgegen, in der die Menschen ihre Verhältnisse selbstbestimmt, d.h. frei von staatlichen Vorgaben, gestalten. Dabei betonte Marx, dass sich das eine nicht ohne das andere – als notwendigen historischen Zwischenschritt – erreichen lässt. In diesem Sinne verteidigte und unterstützte er die emanzipatorischen Bewegungen (namentlich der Juden) seiner Zeit.Was bedeutet ein solcher - pragmatisch-utopischer - Begriff von Emanzipation für den Uni-Kontext? Die Geschichte universitärer Bildung ist auch die Geschichte eines andauernden Kampfes um Anerkennung, Teilhabe und gleiche Rechte. Heute ist die Universität ein Ort, an dem Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen gemeinsam studieren und forschen, wobei sie ihre Interessen als Universitätsangehörige in verschiedenen hochschulpolitischen Gremien artikulieren und manchmal auch durchsetzen können - ein Status Quo, der sich auch der Insistenz unterschiedlicher emanzipatorischer Bewegungen verdankt. Gewiss: Gemessen an dem, was universitäre Bildung leisten und sein könnte, ist dieser ›Zwischenstand‹ noch immer sehr, sehr bescheiden. Hinzu kommt, dass unsicher ist, ob auf dem bisher Erreichten aufgebaut werden kann, oder die Uni mit der nächsten Reform nicht womöglich endgültig in ein voll privatisiertes neoliberales Leistungszentrum mit drei Jahren Maximalstudiendauer umgebaut werden wird. In dieser Gemengelage emanzipatorisch zu handeln, bedeutet für uns (frei nach Marx): beharrlich für ein Mehr an Autonomie, Partizipation und Inklusivität im universitären Alltag zu streiten, wissend, dass das Fernziel die Öffnung der Universität für alle sein muss.

Die Einrichtung einer herrschaftsfreien, auf gegenseitiger Sorge und Solidarität basierenden Gesellschaft - das ist das Projekt der Emanzipation. Ein schöner Gedanke, aber wofür steht Emanzipation konkret? Um das Wort mit Sinn zu füllen, ist ein kurzer geschichtlicher Exkurs nötig. Zwei Bedeutungen lassen sich historisch unterscheiden: eine rechtliche und eine utopische. Ursprünglich, in der Antike, die Freilassung des Sklaven aus der »Hand« des Hausherrn bezeichnend (lat.: e: aus, manus: Hand, capere: nehmen), wurde Emanzipation im 18. und 19. Jahrhundert zu einem Schlagwort im Kampf marginalisierter gesellschaftlicher Gruppen (Sklaven, Juden, Frauen) für politische und soziale Gleichberechtigung. Emanzipiert zu sein, bedeutete, über dasselbe Set an Rechten zu verfügen wie die (männlichen, weißen, besitzenden) Angehörigen der bürgerlichen Dominanzkultur. Karl Marx kritisierte dieses rechtliche Verständnis von Emanzipation scharf. Dem Modell der »politischen Emanzipation«, in dem einzelne Gruppen sich entlang vorgegebener rechtlicher Parameter emanzipieren (sich zugleich aber auch mit den Regeln der bürgerlichen Gesellschaft arrangieren), setzte er die Utopie einer »menschlichen Emanzipation« entgegen, in der die Menschen ihre Verhältnisse selbstbestimmt, d.h. frei von staatlichen Vorgaben, gestalten. Dabei betonte Marx, dass sich das eine nicht ohne das andere – als notwendigen historischen Zwischenschritt – erreichen lässt. In diesem Sinne verteidigte und unterstützte er die emanzipatorischen Bewegungen (namentlich der Juden) seiner Zeit. Was bedeutet ein solcher - pragmatisch-utopischer - Begriff von Emanzipation für den Uni-Kontext? Die Geschichte universitärer Bildung ist auch die Geschichte eines andauernden Kampfes um Anerkennung, Teilhabe und gleiche Rechte. Heute ist die Universität ein Ort, an dem Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen gemeinsam studieren und forschen, wobei sie ihre Interessen als Universitätsangehörige in verschiedenen hochschulpolitischen Gremien artikulieren und manchmal auch durchsetzen können - ein Status Quo, der sich auch der Insistenz unterschiedlicher emanzipatorischer Bewegungen verdankt. Gewiss: Gemessen an dem, was universitäre Bildung leisten und sein könnte, ist dieser ›Zwischenstand‹ noch immer sehr, sehr bescheiden. Hinzu kommt, dass unsicher ist, ob auf dem bisher Erreichten aufgebaut werden kann, oder die Uni mit der nächsten Reform nicht womöglich endgültig in ein voll privatisiertes neoliberales Leistungszentrum mit drei Jahren Maximalstudiendauer umgebaut werden wird. In dieser Gemengelage emanzipatorisch zu handeln, bedeutet für uns (frei nach Marx): beharrlich für ein Mehr an Autonomie, Partizipation und Inklusivität im universitären Alltag zu streiten, wissend, dass das Fernziel die Öffnung der Universität für alle sein muss.

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