Auszeichnung für Pionierarbeit Software in Produktlinien produzieren

Redakteur: Marlene Mahlo

Vermehrt lässt sich beobachten, dass Konzerne beim Vertrieb ihrer Produkte auf „Produktlinien“ setzen. Der Gedanke dahinter ist so simpel wie sinnvoll: Je mehr gemeinsame Komponenten in den Produktvarianten stecken, desto geringer sind die Produktionskosten.

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Gemeinsame Softwarekomponenten plus die Besonderheiten der einzelnen Programme definieren Produktlinien.
Gemeinsame Softwarekomponenten plus die Besonderheiten der einzelnen Programme definieren Produktlinien.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Bereits im Jahr 2008 veröffentlichte Sven Apel, heute Professor für Softwaretechnik an der Universität des Saarlandes, mit zwei Kollegen Forschungsergebnisse, die bewiesen, dass sich das Prinzip der gemeinsamen Komponenten innerhalb einer Produktlinie auch auf die Softwareindustrie übertragen ließe. Für diese wegweisende Pionierarbeit wurden die drei Computerwissenschaftler nun von einer internationalen Expertenkommission ausgezeichnet.

Bis zur Veröffentlichung des ausgezeichneten Forschungspapiers „Granulatity in Software Product Lines“, war die damalige Lehrbuch-Vorgehensweise noch eine andere. "Hatte man bislang immer im Bausteinschema gedacht, wurde bald klar, dass dieses Prinzip in der Praxis scheitern würde, da Software und dessen Features in ihrem Inneren viel feiner verwoben sind", so Apel. Für die Umsetzung in die Praxis stellten die drei Forscher unkompliziert machbare Methoden vor und bewiesen deren Anwendbarkeit in einer eigenen Software. Die Industrie griff die Ideen und Konzepte der Forscher auf, weshalb sie sich mittlerweile auch im weit verbreiteten Entwicklerwerkzeug „mbeddr“ wiederfinden.

Die wohl bekannteste Software-Produktlinie der Welt dürfte das Office-Paket von Microsoft sein. „Egal, ob Textverarbeitung mit Word oder Präsentationsfolien mit Powerpoint, beide Programme haben gleiche Bestandteile. Sei es die Rechtschreibprüfung, Textsuche oder die Formatierung von Text“, erklärt Sven Apel. Diese gemeinsamen Softwarekomponenten plus die Besonderheiten der einzelnen Programme definieren die „Produktlinie“ Office. „Bestehendes wiederzuverwenden, reduziert Kosten und Aufwand erheblich und senkt die Zahl der Programmierfehler“, führt Apel weiter aus. Die User profitieren allerdings nicht nur aufgrund der gewonnenen Sicherheit. Auch erleichtern die gleichartigen Oberflächen das Arbeiten.

Software-Variabilität beschäftigt Apel noch heute. „Welche Variante meines Datenbank-Systems ist am schnellsten? Sind alle Konfigurationen meiner Verschlüsselungssoftware sicher? Diese Fragen treiben mich immer noch um“, so der Informatik-Professor. Gleichzeitig rückt auch der Mensch immer mehr in den Fokus seiner Forschung. Um zu verstehen, was tatsächlich während des Programmierens im Kopf eines Menschen passiert, steckt er sogar Programmierer in die Röhre eines Magnetresonanztomografen und beobachtet deren Gehirnaktivität, während sie Programmcodes lesen. „Die so gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für die Industrie interessant, sondern auch für die Programmierausbildung und die Lehre“, erklärt der Saarbrücker Informatiker.

Inzwischen gibt es mehr als 500 Fachaufsätze, die auf die Arbeit von Sven Apel und seinen Kollegen hinweisen. Daher erhielten Christian Kästner, Sven Apel und Martin Kuhlemann auf der diesjährigen Systems and Software Products Line Conference (SPLC) in Paris den „Most Influential Paper Award“, welcher die einflussreichste wissenschaftliche Arbeit in den vergangenen zehn Jahren würdigt.

Hintergrund zu Sven Apel


Sven Apel studierte an der Universität Magdeburg Informatik, wo er nach einem Aufenthalt an der University of Texas in Austin im Jahr 2007 zum Dr.-Ing. promovierte. Für seine Dissertation erhielt er den renommierten Software-Engineering-Preis der Ernst-Denert-Stiftung. Von 2010 bis 2013 leitete er eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe der DFG an der Universität Passau. Im Oktober 2013 erhielt er eine Heisenberg-Professur der DFG und wurde an der Universität Passau zum Professor ernannt. Apel ist Mitglied der Young Academy of Europe sowie Distinguished Member der Association for Computing Machinery.

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