• Koblenz: Anwohner berichtet von beängstigenden Zuständen
  • 81-Jähriger beobachtet zunehmend Müll, Vandalismus und Gewalt
  • "Versucht vor allem zu beruhigen": Heftige Vorwürfe gegen Stadt
  • "Anhand objektiver Zahlen": Verwaltung verweist auf Statistik 

In Koblenz mehren sich Sorgen um die Entwicklung der Altstadt. Im Gespräch mit inRLP.de berichtet der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerinitiative "Unsere Altstadt" über aus seiner Sicht beängstigende Zustände in der Stadt und erhebt heftige Vorwürfe gegen die Verwaltung. 

"Sehe die Probleme jeden Tag": Anwohner beobachtet Saufgelage vor seiner Haustür

Der 81-jährige Helmut Herrmann, stellvertretender Vorsitzende der Bürger initiative "Unsere Altstadt" in Koblenz, berichtet von den beängstigenden Zuständen, die sich in der Koblenzer Altstadt zutragen. "Meine Frau und ich wohnen seit 12 Jahren am Münzplatz hier in Koblenz. Zunächst war es hier ruhig und angenehm, doch seit einigen Jahren wird es immer schlimmer mit Müll, Vandalismus und Gewalt. Die Stadtverwaltung tut wenig, versucht vor allem zu beruhigen, damit Koblenz nicht ins Gerede kommt. Doch ich sehe die Probleme jeden Tag vor der eigenen Haustür." Laut Herrmann gehe es meistens schon am Donnerstagabend los.

Dann würden nämlich ganze Truppen junger Menschen und Gruppen von vorwiegend Männern zwischen 30 und 40 Jahren durch die Altstadt ziehen und "richtige Suffgelage" veranstalten. Die Jugendlichen würden Herrmanns Beobachtungen nach "Schnaps und das Bier irgendwo im Gebüsch vor der Kneipe bunkern" und dann regelmäßig zum Trinken rausgehen. "Wenn die Grüppchen eskalieren, dann bekommt man vom Ordnungsamt die Antwort, es sei gerade nicht genügend Personal vorhanden", erzählt der 81-Jährige bedrückt.

Die meisten Feierwütigen kämen seiner Beobachtung nach aus dem Umland, es seien weniger die Touristen, als Leute, "die in ihrem eigenen Dorf vermutlich schon bei der kleinsten Kleinigkeit die Polizei rufen". Kürzlich hätten sich auf dem Münzplatz zum wiederholten Male junge Männer geschubst, einer sei dann am Boden gelegen, woraufhin Herrmann die Polizei gerufen habe. "Die haben dann gefragt: Gab es schon Verletzte?" Laut Herrmann würden sich viele Anwohner und Anwohnerinnen "abends nicht mehr aus ihren Häusern trauen"

"Ohne Pause durchgefeiert": Anwohner kritisiert Feierregeln in Koblenz - Verwaltung hält dagegen 

Noch schlimmer als am Münzplatz sei es mittlerweile in der Burgstraße Richtung Florinsmarkt. Aus Herrmanns Sicht fahre die Stadt eine "vollkommen falsche Strategie", denn sie unterstütze "alles, was vermeintlich den Tourismus stärkt" und das führe dann zu "solchen Zuständen". Koblenz sei "für Saufgruppen einfach attraktiv, weil es hier eine sehr späte Außensperrstunde gibt und in den Kneipen und Bars kann ohne Pause durchgefeiert werden". Schon vor zwei Jahren sollte ihm zufolge ein neues Sicherheitskonzept entwickelt werden - passiert sei aber nichts. "Das ärgert uns als Initiative sehr", sagt Herrmann wütend. Auch, dass Polizei und Ordnungsamt nicht zusammen auf Streife gingen, verstehe er nicht.

Das Ordnungsamt habe aus seiner Sicht "einfach zu wenig Befugnisse, um adäquat reagieren zu können, wenn es eskaliert". Im Rathaus sieht man das anders. Laut einem Sprecher habe sich an der Situation in der Koblenzer Altstadt "rein gar nichts" verändert, heißt es gegenüber inRLP.de. "Laut Mitteilung der Polizei ist anhand objektiver und somit belastbarer Zahlen (5-Jahres-Statistik) von keinem Anstieg an sogenannten Rohheitsdelikten und/oder typischer Straßenkriminalität (Körperverletzung, Beleidigung, BTM-Handel) auszugehen."

Das könne man vonseiten des Ordnungsamts ebenfalls bestätigen, berichtet der Sprecher. Allein die geografische Lage von Koblenz bedinge, dass viele Menschen aus dem Westerwald, aus dem Hunsrück, von der Rheinschiene, aber auch aus der Eifel nach Koblenz (Oberzentrum) kämen. Die Polizei und auch der Vollzugsdienst des Ordnungsamtes würden ihr "Möglichstes" tun, um auf gewisse Tendenzen zu reagieren und ständen hier in einem "engen fachlichen Austausch". Laut Sprecher gebe es gerade in den "relevanten" Zeiten vermehrt gemeinsame Fußstreifen in den Bereichen Florinsmarkt, Münzgasse, und Burgstraße.

Stadt Koblenz sieht keinen Grund für Wiedereinführung der Sperrstunde 

Dabei sei auch die Besonderheit zu beachten, dass zahlreiche Menschen diesen Bereich aufsuchen würden, um dort auf ein Taxi zu warten. "Die allgemeine Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften ist aufgrund der bundesgesetzlichen Ermächtigung in § 17 Gaststättenverordnung Rheinland-Pfalz festgelegt; sie beginnt um 5.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr. In den Nächten zum Samstag, Sonntag, einem gesetzlichen Feiertag sowie vor Rosenmontag und Karnevalsdienstag ist die ohnehin nur eine Stunde andauernde Sperrzeit gänzlich aufgehoben", heißt es. 

Laut Knaak sei eine "generelle Verlängerung der Sperrzeit nach § 19 Abs. 1 GaststättenVO bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse möglich". Für das Vorliegen der Voraussetzungen zur Verlängerung der Sperrzeit sei die Gemeinde "beweispflichtig". Bei einer unzulässigen Verlängerung der Sperrzeit mache sich die Stadt "unter Umständen schadensersatzpflichtig".

Abschließend erklärt der Koblenzer, dass "sowohl die bislang gewonnenen Erkenntnisse, als auch die Beschwerdelage keine Anhaltspunkte bieten" würden, die "eine Wiedereinführung der Sperrzeit rechtfertigen würden".