Eltern können in bestimmten Fällen für Kosten in Anspruch genommen werden, die durch die Abschiebung ihrer minderjährigen Kinder entstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Ein albanischer Staatsangehöriger war im April 2001 ohne Pass und Visum nach Deutschland eingereist. Seine Ehefrau und seine bei der Einreise 15-jährige Tochter waren schon geraume Zeit zuvor mit gefälschten griechischen Pässen nach Deutschland gelangt. Im Mai 2001 wurden alle drei in Abschiebungshaft genommen und 33 Tage später in Begleitung von zwei Polizeibeamten nach Albanien ausgeflogen. Die Kosten der Abschiebungshaft in Höhe von etwa 2 500 Euro pro Person und die sonstigen Kosten der Abschiebung in Höhe von jeweils etwa 1 500 Euro machte die Ausländerbehörde gegen den Kläger auch für seine Tochter durch Leistungsbescheid geltend. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat eine Haftung des Klägers für die Abschiebungskosten seiner Tochter bejaht. Es stellte zur Begründung die Regelvermutung auf, es sei typischerweise davon auszugehen, dass ein Vater den illegalen Aufenthalt seiner Tochter mitveranlasst habe. Es leitete dies aus dem Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern für ihre minderjährigen Kinder ab. Demgegenüber vertrat der Kläger die Auffassung, dass das Ausländergesetz in § 82 (jetzt § 66 Aufenthaltsgesetz) eine abschließende Regelung getroffen habe, wer für die Kosten einer Abschiebung in Anspruch genommen werden kann. Dazu zählten der Ausländer selbst, der für seine illegale Einreise verantwortliche Beförderungsunternehmer, der Schleuser und der ihn unerlaubt beschäftigende Arbeitgeber, nicht aber Eltern oder Ehegatten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner heutigen Entscheidung eine grundsätzliche Einstandspflicht der Eltern für Abschiebungskosten ihrer minderjährigen Kinder bejaht. Die Aufzählung der Kostenschuldner in § 82 Ausländergesetz ist nicht abschließend, ergänzend gilt die Veranlasserhaftung nach § 13 Verwaltungskostengesetz. Die Haftung der Eltern als Veranlasser der Kosten einer Abschiebung ihrer minderjährigen Kinder ergibt sich aus dem Recht, über den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen. Allerdings kann die aus dem Aufenthaltsbestimmungsrecht abzuleitende Regelvermutung für eine Mitveranlassung entkräftet werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nicht beachtet. Deshalb wurde die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die klagenden Eltern außerdem als verpflichtet angesehen, die Kosten ihrer eigenen 33-tägigen Abschiebungshaft in tatsächlicher Höhe zu tragen. Die Erstattungspflicht ist nicht auf einen Haftkostenbeitrag beschränkt, wie dies für Strafgefangene geregelt ist. § 83 Abs. 4 Ausländergesetz (jetzt § 67 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz) verlangt ausdrücklich die Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten. Er enthält eine abschließende Regelung, die für die Anwendung der Haftkostenbeitragsvorschrift des Strafvollzugsgesetzes keinen Raum lässt. Soweit Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten vollstreckt wird, dürfen Ausländer allerdings nur mit den durch diese Haft verursachten spezifischen Kosten belastet werden. Da das Oberverwaltungsgericht diese Kosten nicht ermittelt hat, wurde dessen Urteil auch insoweit aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

BVerwG 1 C 15.04 – Urteil vom 14. Juni 2005