Kassel (jur). Krankenhausärzte müssen nicht am ärztlichen Notdienst teilnehmen, auch wenn sie als sogenannte ermächtigte Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sind. Die gegenläufigen Regelungen in Hessen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sind rechtswidrig, urteilte am Mittwoch, 12. Dezember 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 6 KA 50/17 R). Danach sind die Not- und Bereitschaftsdienste allein von den niedergelassenen Ärzten und Medizinischen Versorgungszentren abzudecken.

Im konkreten Fall gab der BSG-Vertragsarztsenat einem Facharzt für Urologie recht, der als leitender Oberarzt in der Klinik für Urologie des Klinikums Kassel arbeitet. Laut Ermächtigung darf er ausschließlich „auf besondere Überweisung niedergelassener Urologen“ 135 Patienten im Quartal behandeln. Solche oder ähnliche Ermächtigungen werden erteilt, wenn die Versorgung sonst nicht sichergestellt werden kann, etwa weil die niedergelassenen Ärzte nicht in ausreichender Zahl über bestimmte Geräte verfügen.

In Hessen sollten auch ermächtigte Krankenhausärzte am Notdienst beteiligt werden.

2013 hatte die KV Hessen ihre Satzung dahin geändert, dass auch ermächtigte Krankenhausärzte am Not- und Bereitschaftsdienst beteiligt werden sollen – je nach Umfang der Ermächtigung, aber mindestens mit einem Viertel der Dienste eines niedergelassenen Vertragsarztes.

Ausgerechnet am Erntedank-Sonntag im Oktober 2014 wurde der Urologe erstmals hierzu eingeteilt. Nach erfolglosem Widerspruch zog er vor Gericht.

Das BSG gab ihm nun recht. Die hessische Regelung verstoße gegen höheres Bundesrecht. Danach sei der Notdienst an die „Zulassung“ zur vertragsärztlichen Versorgung gekoppelt, wie sie den niedergelassenen Ärzten erteilt wird. Eine Ermächtigung sei aber keine Zulassung, die Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung sei deutlich geringer.

So würden Ermächtigungen grundsätzlich nur befristet erteilt sowie nach Inhalt und Umfang beschränkt. „Sie dienen allein dazu, Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung zu schließen“, betonten die Kasseler Richter.

Zudem sei ein angestellter Klinikarzt verpflichtet, seine Arbeitskraft in erster Linie dem Arbeitgeber und damit der Behandlung der Krankenhauspatienten zu widmen. „Insoweit kann er über seine Arbeitszeit nicht frei verfügen, sondern unterliegt dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers.“

Die Tätigkeit im Rahmen der Ermächtigung stellt eine Nebenbeschäftigung dar.

Demgegenüber sei die ambulante Behandlung im Rahmen der Ermächtigung lediglich eine „Nebenbeschäftigung“, für die die Zustimmung der Klinik erforderlich sei. „Er ist insoweit nicht verpflichtet, ‚rund um die Uhr’ für die Sicherstellung der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung zur Verfügung zu stehen“, befand das BSG.

Im konkreten Fall sei zudem die Beteiligung mit der Mindestquote von einem Viertel „nicht zu rechtfertigen“, weil der Urologe mit seiner Ermächtigung nur 5.000 Euro Umsatz im Quartal gemacht habe; das seien weniger als zehn Prozent des Durchschnittsumsatzes einer urologischen Praxis gewesen.

Um den Not- und Bereitschaftsdienst über die kommenden Feiertage nicht zu gefährden legten die Kasseler Richter aber fest, dass sich Kliniker, die bereits zu einem Notdienst eingeteilt sind, auf das neue Urteil noch nicht berufen können.

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