Besitzansprüche im Überblick

Zivilrechtliche Besitzansprüche im Überblick. Zusammenfassende Darstellung der Besitzansprüche unterlegt mit grafischenr Veranschaulichung.

Datum
Rechtsgebiet Sachenrecht
Ø Lesezeit 12 Minuten
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Sachenrecht – sofort denkt man an Ansprüche aus EBV und Ansprüche, die an das Eigentum geknüpft sind. Doch auch aus dem Besitz können sich Ansprüche ergeben. Dieser Fachartikel stellt daher die „Besitzansprüche“ zusammenfassend dar.

I. Allgemeines

A. Definition, Bedeutung

Was ist Besitz? Und wo ist dieser im Gesetz geregelt?

Das BGB regelt den Besitz zu Beginn des Buchs über Sachenrecht, genauer gesagt in den §§ 854 ff. BGB.

Danach versteht man unter Besitz die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache durch Erlangung der tatsächlichen Gewalt, vgl. § 854 I BGB. Dies erfolgt unabhängig davon, ob dem Inhaber dieser Sachherrschaft auch tatsächlich ein Recht dazu zusteht. Der Besitz ist dabei streng vom Eigentum zu unterscheiden!

Welche Funktion hat der Besitz?

Wer Besitzer eines Sache ist, dem werden vielfach bestimmte Rechte und/oder Interessen zugeschrieben. Dem Besitz kommen rechtlich gesehen somit mehrere Funktionen zu:

  • Publizitätsfunktion:

Es ist zunächst davon auszugehen, dass derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache innehat auch die rechtliche Herrschaft dazu besitzt: Der Besitz lässt folglich darauf schließen, dass jemand auch Eigentümer der Sache ist (Eigentumsvermutung),

  • Schutzfunktion:

Jemand der Besitzer einer Sache ist, darf sich gegen die Störung / Beeinträchtigung seines Besitzes zur Wehr setzen, vgl. §§ 858 – 864 BGB.

  • Kontinuitätsfunktion:

Besitz überdauert auch den Eigentümerwechsel einer Sache. Nach § 986 Abs. 2 BGB kann der Besitzer dem neuen Eigentümer die selben Einwendungen entgegenhalten, die er auch dem vorherigen Eigentümer hat entgegenhalten können. Genauso geht der Besitz auf den Erben des Besitzes über, vgl. § 857 BGB.

B. Besitzarten

Das BGB unterscheidet zunächst zwischen Eigen- und Fremdbesitz.

Eigenbesitzer ist nach § 872 BGB derjenige, der die Sache als ihm gehörend besitzt. Er benutzt und besitzt sie so, als würde sie ihm auch gehören. Dabei ist unerheblich, ob sie ihm tatsächlich gehört.

Der Fremdbesitz ist im Gegensatz zum Eigenbesitz im BGB nicht geregelt, allerdings versteht man darunter jemanden, der einen anderen als übergeordnet anerkennt, sich diesem gegenüber rechtlich verantwortlich fühlt und die Sache nicht als eigene, sondern als fremde anerkennt. Typische Beispiele hierfür sind Mieter, Entleiher, Nießbrauch oder Pfandgläubiger.

Eigen- und Fremdbesitz sind jedoch nicht mit dem unmittelbaren, bzw. dem mittelbaren Besitz zu verwechseln. Vielmehr können Eigen- als auch Fremdbesitz als mittelbarer wie auch unmittelbarer Besitz auftreten.

Unter unmittelbarem Besitz versteht man den Besitz desjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft mit dem dazugehörigen Besitzwillen ausübt, vgl. § 854 Abs. 1 BGB.

Beim mittelbaren Besitz wird der Besitz über die tatsächliche Gewalt über die Sache hinaus erweitert, vgl. § 868 BGB: Der unmittelbare Besitzer einer Sache vermittelt einer anderen Person den Besitz, so dass auch dieser Besitzer der Sache ist. Häufig geschieht dies aufgrund eines Rechtsverhältnisses, z.B. Pacht, Miete, Nießbrauch, Pfand oder Verwahrung (sog. Besitzmittlungsverhältnis). Die Person, die den unmittelbaren Besitz an der Sache ausübt (also z.B. der Mieter oder Entleiher) nennt sich Besitzmittler und übt mit Besitzmittlungswillen den Besitz für den mittelbaren Besitzer (meist der Eigentümer der Sache) aus. Dabei besitzt der Besitzmittler die Sache selbstverständlich als Fremdbesitzer. Das Besitzmittlungsverhältnis kann dabei auch mehrstufig ausgestaltet sein, typische Konstellation wären hier die Rechtsformen der Miete und Untermiete: Der Mieter eines Objekts ist „mittelbarer Besitzer erster Stufe“ und gleichzeitig Besitzmittler für den Untermieter, den „unmittelbaren Besitzer zweiter Stufe“, ohne dabei selbst den unmittelbaren Besitz an der (Miet-) Sache auszuüben.

Eine weitere Besitzart ist noch der Besitzdiener nach § 855 BGB. Dieser übt die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache für jemand anderen aus und ist diesem gegenüber weisungsgebunden.

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II. Besitzansprüche und verbotene Eigenmacht

Ansprüche aus Besitz gibt es unterschiedlichster Art. In Betracht kommen in erster Linie:

  • Selbsthiferechte nach § 859 BGB
  • possessorische Besitzansprüche nach §§ 861 ff. BGB
  • petitorische Besitzansprüche nach § 1007 BGB.

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Darüber hinaus können auch aus allgemeinen Vorschriften Rechte des Besitzers abgeleitet werden. Denkbar sind hier Ansprüche aus Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 und 2 BGB), Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) sowie der Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB analog (jedoch streitig!).

Zudem können sich aus Besitz vollstreckungsrechtliche Ansprüche, welche in Form der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO, der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO oder der Klage auf abgesonderte Befriedigung nach §§ 49 ff. InsO geltend gemacht werden können.

Den Besitzschutz können dabei sowohl der unmittelbare wie auch der mittelbare Besitzer geltend machen. Dies gilt gemäß § 869 BGB unmittelbar für die possessorischen Besitzansprüche. Jedoch soll der mittelbare Besitzer dem unmittelbaren gegenüber nicht benachteiligt werden, so dass er zwar den Besitzschutz nicht selbständig geltend machen kann, ihm die Rechtsordnung jedoch das Recht zugesteht, eigene Ansprüche wegen der Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes geltend zu machen (vgl. Münchner Kommentar zum BGB, § 869 Rn. 1).

Die zentrale Voraussetzung der meisten Ansprüche, die aus Besitz abgeleitet werden können, ist die verbotene Eigenmacht.

Definition: Unter verbotener Eigenmacht versteht man die Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes durch widerrechtliche Störung oder Entziehung ohne Willen des Besitzers, vgl. § 858 BGB. Die verbotene Eigenmacht kann nur durch menschliches Handeln verübt werden. Die Beeinträchtigung kann dabei entweder eine Sachentziehung (d.h. Beendigung des Besitzes) oder eine sonstige Störung (z.B. die Behinderung der Ausübung des Besitzrechtes) darstellen, vgl. Münchner Kommentar zum BGB§ 858 Rn. 3.

A. Selbsthilferechte nach § 859 BGB

Die Selbsthilferechte nach §§ 859, 680 BGB, die auf den Besitz gründen, dienen primär der unmittelbaren Abwehr von Besitzstörung und Besitzentziehung. Man nennt dies auch „Besitzwehr“, bzw. „Besitzkehr“.

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich der unmittelbare Besitzer sowie der Besitzdiener. Ob sich auch der mittelbare Besitzer auf § 859 BGB berufen darf ist rechtlich umstritten.

Eine Ansicht besagt, dass § 869 Satz 1 BGB nur auf die §§ 861, 862 BGB verweist und somit das Selbsthilferecht des mittelbaren Besitzers nach § 859 BGB vom Gesetzgeber bewusst ausgeschlossen wurde.

Eine andere Ansicht vertritt die Meinung, dass § 869 BGB umfassenden Besitzschutz gewähren möchte und somit das Selbsthilferecht auch dem mittelbaren Besitzer zustehe.

Die h.M. ist der Ansicht, dass es Dritten generell untersagt sei, aus eigenem Willen heraus einen fremden Anspruch im Wege der Selbsthilfe durchzusetzen. Das Selbsthilferecht steht demnach dem mittelbaren Besitzer nicht zu.

1. Die Besitzwehr nach § 859 Abs. 1 BGB

Gemäß §§ 859 Abs. 1 i.V.m. 858 Abs. 1 BGB darf sich ein Besitzer (§ 859 BGB) sowie der Besitzdiener (§ 860 BGB) gegen verbotene Eigenmacht mit Gewalt wehren.

Voraussetzungen der Besitzwehr nach §§ 859 Abs. 1, 860 BGB sind:

  • die Berechtigung des Besitzers zur Vornahme der Selbsthilfe
  • die Beeinträchtigung des Besitzes durch verbotene Eigenmacht gem. § 858 Abs. 1 BGB, die begonnen hat und noch andauert (vgl. Münchner Kommentar, § 859 Rn. 5)

Die Rechtsfolge ist:

  • Der unmittelbare Besitzer und der Besitzdiener dürfen sich unter Anwendung von Gewalt gegen die Beeinträchtigung des Besitzes wehren.

Dabei muss die Anwendung von Gewalt angemessen (d.h. geeignet um das Ziel zu erreichen und dabei das mildeste Mittel) sein.

2. Die Besitzkehr nach § 859 Abs. 2 BGB

Neben der Besitzwehr gibt es auch noch die sog. „Besitzkehr“ nach §§ 859 Abs. 2, 860 BGB, wonach der unmittelbare Besitzer und Besitzdiener die ursprünglichen, durch die verbotene Eigenmacht gestörten Besitzverhältnisse wiederherstellen können, indem sie die (bewegliche) Sache dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter sofort wieder mit Gewalt abnehmen.

Voraussetzungen der Besitzkehr nach §§ 859 Abs. 2, 860 BGB sind:

Die Rechtsfolge ist:

  • Eingriff des früheren Besitzers in den Besitz des neuen Besitzers in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Besitzstörung („auf frischer Tat“).

§ 859 Abs. 3 BGB regelt die Bezitzkehr für unbewegliche Sachen, die sog. „Ersetzung“. Wird der Besitz eines Grundstücks im Wege der verbotenen Eigenmacht gestört, so darf sich der Besitzer des Grundstücks sofort wieder bemächtigen.

B. Possessorische Besitzansprüche nach §§ 861 ff. BGB

Die sog. Possessorischen Besitzansprüche nach §§ 861 ff. BGB umfassen den Herausgabeanspruch bei Besitzentziehung nach § 861 BGB sowie einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bei Besitzstörung nach § 862 BGB.

1. Der Herausgabeanspruch nach § 861 BGB

Wird dem unmittelbaren Besitzer der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so kann er die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, der ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. Dieser Anspruch steht gem. § 869 BGB auch dem mittelbaren Besitzer zu.

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 869 BGB sind:

  • Entzug des unmittelbaren Besitzes durch verbotene Eigenmacht
  • Anspruchsteller ist (bzw. war bis zur Besitzentziehung) mittelbarer oder unmittelbarer Besitzer
  • Anspruchsgegner besitzt fehlerhaft i.S.v. § 858 Abs. 2 Satz 1 BGB
  • Kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, wenn der Anspruchsteller selbst fehlerhaft gegenüber dem Anspruchsgegner oder dessen Rechtsvorgänger besitzt und seinen Besitz im letzten Jahr vor der Entziehung erlangt hat
  • Kein Ablauf der Frist nach § 864 Abs. 2 BGB: Nach Ablauf eines Jahres nach Verübung der verbotenen Eigenmacht erlöschen sämtliche Besizansprüche

Rechtsfolge ist:

2. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 862 BGB

Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht in seinem Besitz gestört, so kann er von dem Störer die Beseitigung (§ 862 Abs. 1 Satz1 BGB), bzw. bei Befürchtung weiterer Störungen die Unterlassung (§ 862 Abs. 1 Satz 2 BGB) verlangen.

Beim Unterlassungsanspruch muss die konkrete Gefahr einer Störung vorliegen, die bloße Möglichkeit einer Störung ist hierfür nicht ausreichend, es müssen konkrete Umstände hinzukommen, die das Eintreten der Störung wahrscheinlich machen.

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 862 BGB sind:

  • Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht
  • Anspruchsteller ist der unmittelbare oder mittelbarer Besitzers
  • Anspruchsgegner ist Störer (Verursacher der verbotenen Eigenmacht)
  • Konkrete Gefahr der weiteren Störung bei § 862 Abs. 2 BGB
  • Kein Ausschluss nach § 862 Abs. 2 BGB, wenn der Anspruchsteller selbst dem Störer gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz im letzten Jahr vor der Störung erlangt worden ist
  • Kein Fristablauf nach § 864 Abs. 2 BGB, s.o.

Die Rechtsfolge ist:

  • Beseitigung des störenden Zustandes (§ 862 Abs. 1 Satz 1 BGB) durch reines Unterlassen oder Vornahme einer Beseitigungsmaßnahme

C. Petitorische Besitzansprüche nach §1007 Abs. 1 und 2 BGB

Die petiorischen Besitzansprüche aus § 1007 Abs. 1 und 2 BGB sind zwei selbständige Anspruchsgrundlagen und können daher auch nebeneinander geltend gemacht werden!

§ 1007 Abs. 1 BGB beinhaltet einen Anspruch gegen den bösgläubigen Besitzer, § 1007 Abs. 2 BGB regelt die Herausgabe einer abhanden gekommenen Sache. Beide Ansprüche dienen dabei dem Schutz des früheren Besitzers, dessen Recht auf Besitz dem neuen, aktuellen Besitzer gegenüber besser gestellt ist. Beide Ansprüche finden dabei nur im Bezug auf bewegliche Sachen Anwendung.

1. Der Herausgabeanspruch nach § 1007 Abs. 1 BGB

Nach § 1007 Abs. 1 BGB kann der Anspruchsteller, wenn er eine bewegliche Sache früher in Besitz gehabt hat von dem jetzigen Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei Erlangung des Besitzes nicht in gutem Glauben gewesen ist.

Der Anspruchsgegner ist dann bösgläubig, wenn er sich den Anspruchssteller gegenüber nicht auf ein Recht zum Besitz berufen kann und bei Erwerb des Besitzes gewusst hat, bzw. hätte wissen können, dass er kein Recht zum Besitz hat.

Anspruchsvoraussetzungen des § 1007 Abs. 1 BGB sind:

  • Anspruchssteller ist der frühere Besitzers
  • Anspruchsgegner ist der aktuelle Besitzers
  • bösgläubiger Besitzerwerb des Anspruchsgegners
  • Kein Ausschluss nach § 1007 Abs. 3 BGB aufgrund von Bösgläubigkeit des früheren Besitzers bei Erwerb des Besitzes oder zwischenzeitlicher Aufgabe des Besitzes

Rechtsfolge ist:

  • Herausgabe der Sache an den ursprünglichen Besizer

2. Der Herausgabeanspruch nach § 1007 Abs. 2 BGB

Ist dem früheren Besitzer eine Sache abhanden gekommen, gestohlen worden oder hat er sie verloren, so kann er die Herausgabe nach § 1007 Abs. 2 BGB – anders als beim Anspruch aus § 1007 Abs. 1 BGB – auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen.

Anspruchsvoraussetzungen des § 1007 Abs. 2 BGB sind:

  • Anspruchsteller ist der frühere Besitzer
  • Anspruchsgegner ist der aktuelle, gutgläubige Besitzers
  • Abhandenkommen der Sache des früheren Besitzers i.S.v. § 935 BGB
  • Kein Ausschluss nach § 1007 Abs. 3 BGB, s.o.

Rechtsfolge ist:

  • Herausgabe der Sache an den ursprünglichen Besitzer

D. Sonstiger Besitzschutz

1. Bereicherungsrechtliche Ansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB

Aus Bereicherungsrecht kann sich Besitzschutz aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ergeben. Im Rahmen der Leistungskondiktion kann die Leistung des Besitzes konditioniert werden: Der Besitz (egal ob rechtmäßig oder nicht) stellt einen Vermögenswert dar, der als erlangtes Etwas geleistet werden kann (vgl. Staudinger, Kommentar zum BGB, § 861 Rn. 29).

Im Rahmen der Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB kann nur der rechtmäßige Besitz konditioniert werden, da nur diesem ein Zuweisungsgehalt zukommt. Voraussetzung der Eingriffskondiktion ist, dass jemand etwas (hier den Besitz) in sonstiger Weise auf Kosten eines anderen erlangt hat. Nach der sog. Zuweisungstheorie ist erforderlich, dass der Bereicherungsschuldner in den Zuweisungsgehalt eines Rechts des Bereicherungsgläubigers eingegriffen hat: Der Anspruch aus der Eingriffskondiktion steht demnach demjenigen zu, dem die wirtschaftliche Verwertung der in Frage stehenden Rechtsposition rechtlich zugewiesen ist (hier: Wem der Besitz rechtlich zugewiesen ist). Es kann folglich nur der rechtmäßige Besitz mit der Eingriffskondiktion geltend gemacht werden, nicht aber der unrechtmäßige Besitz, da es diesem an einem Zuweisungsgehalt fehlt, in das eingegriffen werden kann.

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2. Deliktsrechtliche Ansprüche aus §823 Abs. 1 BGB

Der Besitz wird in § 823 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich als Recht genannt und ist als reine Position ohne irgendeine vermögensrechtliche Zuordnung auch nicht durch Schadenskompensation zu schützen. Jedoch kann zumindest der berechtige Besitz nach der h.M. als „sonstiges Recht“ i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden, sofern der Besitz mit einem Recht zum Haben und Nutzen der Sache verbunden ist.

Beispiel: M mietet sich für die Dauer seines Urlaubes ein Segelboot und ist für die Mietdauer berechtigter Besitzer des Bootes. Während der Mietdauer wird das Boot von X zerstört. M kann von X nach § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz für die entgangene Nutzungsmöglichkeit des Bootes verlangen.

3. Der quasinegatorische Besitzanspruch nach § 823 Abs. 1, 1004 BGB analog

Der sogenannte „quasinegatorische Besitzanspruch“ aus §§ 823 Abs. 1 und 1004 BGB analog wendet sich gegen gegen eine drohende Beeinträchtigung sonstiger Rechte und anderer rechtlich geschüzten Güter/Rechtpositionen. Nach der herrschenden Meinung ist eine analoge Anwendung dieser Ansprüche möglich: Es liegt aufgrund einer vergleichbaren Interessenlage eine sog. planwidrige Regelungslücke vor, da § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich nur den Anspruch auf eine Kompensation eines Schades vorsieht und § 1004 BGB sich auf eine Verletzung von Eigentum bezieht.

Die Anspruchsvoraussetzungen sind wie folgt:

I. Es muss eine Störung eines nach § 823 Abs. 1 BGB geschützen Rechtsgutes vorliegen. Dies kann sich aus dem Besitz als „sonstiges Recht“ ergeben.

II. Die Störung muss rechtswidrig sein und es darf keine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB bestehen. Dabei muss kein Verschulden hinsichtlich der Störung bestehen, die Rechtswidrigkeit der Störung ist grds. indiziert.

III. Es müssen weitere, künftige Beeinrächtigungen zu befürchten sein. Jedoch kann der Unterlassungsanspruch auch vorbeugend für erstmalig und unmittelbar bevorstehende Störungen geltend gemacht werden.

IV. Der Anspruch richtet sich gegen der Verursacher der Störung (Handlungs-, bzw. Zustandsstörer).

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