Autojahr in Schleswig-Holstein Verkauf und Reparatur glichen einem „permanenten Zirkus“

Von Doris S. Pfaff 3 min Lesedauer

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Das vergangene Autojahr in Schleswig-Holstein hatte es in sich: Anders als in Gesamtdeutschland schrumpfte dort der Neuwagenmarkt um drei Prozent. Die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs machten ein normales Verkaufs- und Werkstattgeschäft fast unmöglich, bilanzierte der Landesverband.

Der Autohandel in Schleswig-Holstein zeigt für 2022 Einbrüche: Der Verkauf von Neuwagen sank um 3 Prozent.
Der Autohandel in Schleswig-Holstein zeigt für 2022 Einbrüche: Der Verkauf von Neuwagen sank um 3 Prozent.
(Bild: ProMotor)

Die bundesweite Bilanz für das Autojahr 2022 spiegelt sich nicht in Schleswig-Holstein wider. Während der gesamte deutsche Autohandel dank der Jahresend-Rallye bei den Neuzulassungen ein schmales Plus von einem Prozent (30.000 Fahrzeuge) und damit 2,65 Millionen Fahrzeuge neu auf die Straße brachte, sank die Zahl im Norden, so das Fazit von Jan-Nikolas Sontag, Geschäftsführer des Landesverbandes des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein.

Insgesamt sank der Neuwagenhandel in Schleswig-Holstein um drei Prozent (minus 2.000 Fahrzeuge) auf knapp 70.000 Neuzulassen. Ein eher „maues“ Ergebnis gegenüber 2021, so Sontag. Der Grund: Das vergangene Jahr sei für die Branche sehr schwierig und unkalkulierbar gewesen.

Die ersten beiden Monate im Jahr 2022 seien im Vergleich zu 2021 gut gelaufen. Dabei müsse aber bedacht werden, so Sontag, dass Anfang 2021 wegen der Pandemie die Verkaufsflächen geschlossen worden seien und die Mehrwertsteuersenkung zurückgenommen worden war.

Vor diesem Hintergrund sähen die Zuwächse von zehn Prozent im Januar und von zwölf im Februar bei den neu zugelassenen Pkw schöner aus, als sie tatsächlich waren. Sontag weiter: „Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit war schon da ein wirklich dramatischer Rückgang bei den Neuzulassungen um etwa ein Viertel festzustellen.“

Monatelang fehlten Ersatzteile oder Ersatzfahrzeuge

Dann habe der Krieg in der Ukraine der Branche mit der Verschärfung der Lieferengpässe den nächsten Tiefschlag versetzt und die Mitarbeiter in der Werkstatt und im Verkauf vor nie gekannte Anforderungen gestellt.

Sontag: „Die geforderten Fähigkeiten erinnern eher an Zirkus als an Autohandel oder Instandsetzung: Seiltänzer ohne Netz und doppelten Boden, Entfesselungskünstler, wie auch immer man ihre täglichen Verrenkungen nennen mag, um die Kundschaft irgendwie zufriedenzustellen und das Geschäft am Laufen zu halten. Lieferengpass ist ein beschönigender Begriff, wenn in Wirklichkeit Teile einfach nicht da sind und die Auftraggeber einer Reparatur monatelang mit Leihfahrzeugen durch die Gegend fahren, während ihre Autos unreparierbar auf den Parkplätzen der Kfz-Betriebe Moos ansetzen.“

Dann immer neu um Geduld zu bitten, sei nicht wirklich angenehm. Michael Ihle, Pressesprecher des Kfz-Landesverbandes, lobt ausdrücklich die Haltung der Kunden: „Wir, die wir in den Autohäusern und Werkstätten arbeiten, sind wirklich dankbar, dass uns in den meisten Fällen großes Verständnis von Seiten unserer Kundschaft entgegengebracht wird. Ganz gleich, ob die Zeit für Reparaturen durch nicht oder nur schwer lieferbare Teile deutlich länger ist, oder sich die Auslieferung eines bestellten Neufahrzeugs um Monate verzögert – die überwiegende Mehrheit der Kundinnen und Kunden erkennt sehr klar, dass es manchmal trotz aller Anstrengungen und trotz aller Flexibilität von unserer Seite einfach nicht schneller geht.“

Hoffnung auf mehr Normalität

Die Frage nach den Aussichten für die kommenden Monate treibt alle um, die mit Autos ihr Geld verdienen. So auch die Schleswig-Holsteiner. „Immerhin ist die gesamtwirtschaftliche Lage nicht ganz so schlecht wie prognostiziert. Die Produktion bei den Herstellern zieht langsam an, sodass bei einigen Modellen die Lieferzeiten kleiner werden. Auch Ersatzteile sind häufig wieder zuverlässig lieferbar“, zeigt sich Nina Eskildsen, Präsidentin des Landesverbandes des Kfz-Gewerbes, vorsichtig optimistisch.

„Natürlich habe auch ich keine Glaskugel. Was mir aber Hoffnung macht, ist das Nachlassen der Einschränkungen durch Corona und die Tatsache, dass Menschen weiterhin ein großes Bedürfnis nach individueller Mobilität haben. Dieses können wir stillen mit unserem qualifizierten Personal, bei dem ich trotz aller Schwierigkeiten immer noch ein hohes Maß an Motivation wahrnehme. Das ist die unverzichtbare Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften in unserer Branche – auch unter deutlich erschwerten Bedingungen“, sagt Eskildsen. Die aktuellen Zeiten seien kraftraubend. Auch sie wünsche sich ein normaleres Arbeiten „ohne den permanenten Zirkus“.

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