Was ist soziale Gesundheit? Eine Annäherung.

Von 0 Kommentare

Foto: istock.com fizkes

Gesundheit ist mehr als ein körperlicher Zustand von Personen. Eine Gruppe aus Forschung und Bundesverwaltung entwickelte ein Konzept sozialer Gesundheit und stellt dieses nun zur Diskussion.

Was ist soziale Gesundheit? In der aktuellen Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Gesundheit definiert als «ein Zustand des vollständigen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen». Soziales Wohlbefinden wird in der Forschung meist als subjektive Wahrnehmung sozialer und emotionaler Unterstützung, sozialer Integration, Freundschaften oder sozialer Aktivitäten verstanden. Zudem gelten objektive Umweltbedingungen wie ökonomische und politische Stabilität, das Bildungs- und Freizeitangebot, sichere Nachbarschaften oder gemeinschaftliches Engagement als entscheidende Faktoren für das soziale Wohlbefinden.

Dies zeigt sehr anschaulich, dass körperliche und psychische Merkmale nicht die einzigen Zielgrössen guter Gesundheit sein können. Vielmehr müssen auch gesellschaftliche Merkmale gleichberechtigt berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund steigender sozialer und gesundheitlicher Ungleichheiten stellt sich daher die Frage, wie Massnahmen für eine bessere Gesundheit ausgehandelt und ermöglicht werden können. Denn der Grat körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden zu ermöglichen, erscheint insbesondere in der Krise schmal und konfliktreich. Beispielsweise zeigen Erfahrungen mit den Pandemie-Schutzmassnahmen in Alters- und Pflegeheimen, dass der einseitige Fokus auf die körperliche Gesundheit sehr schnell zu Isolation sowie zu psychischer und körperlicher Degeneration führen kann.

Wann ist eine Gesellschaft gesund?

Wie wird also erfolgreich zwischen körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnissen vermittelt? Wie können gesundheitliche Ziele formuliert werden, die diese drei Dimensionen umfassen? Was stärkt das Verständnis, dass Gesundheit ein soziales, gemeinschaftliches Ergebnis und nicht nur ein Zustand von Individuen ist?

Vertreter*innen von drei schweizerischen Hochschulen und dem Bundesamt für Gesundheit haben sich diesen Fragen angenommen. In vier Workshops wurden die sozialen Aspekte von Gesundheit zusammengetragen und die unterschiedlichen Perspektiven in ein gemeinsames Verständnis überführt. Dabei zeigte sich, dass soziale Gesundheit anhand von zwei tragenden Säulen beschrieben werden kann:

  • Durch die Wissensgrundlagen kann ein besseres Verständnis von gesundheitlichen Phänomenen geschaffen werden. Im Fokus stehen insbesondere die sozialen und umweltbezogenen Faktoren von Gesundheit und ihre Auswirkungen auf die gesundheitliche Chancengleichheit.
  • Im offenen Gesundheitsdialog können unterschiedliche Visionen wünschbarer Gesundheitszustände eingebracht und körperliche, psychische und soziale Gesundheitsziele gleichberechtigt diskutiert und ausbalanciert werden.

Diese zwei Säulen ermöglichen einen Prozess, in welchem – auf der Grundlage gemeinsam geteilter Werte – gesellschaftliche Gesundheitsleistungen geplant, umgesetzt und evaluiert werden können.

Ein breit anwendbares Konzept

Der Wert dieses Konzepts liegt unter anderen darin, dass es breit anwendbar ist. Denn transparente Wissensgrundlagen und die Partizipation am Gesundheitsdialog ist nicht nur für die öffentliche Gesundheit von hoher Bedeutung, sondern auch bei gesundheitsfördernden Aktivitäten in Firmen, Gemeinden, Quartieren oder Familien. Eine sozial gesunde Firma investiert beispielsweise nicht nur in die Erfassung der Gesundheitsrisiken ihrer Belegschaft, sondern tritt bei der Festlegung der betrieblichen Gesundheitsziele auch in einen Dialog mit den Mitarbeitenden.

Für die Weiterentwicklung des vorgestellten Verständnisses von sozialer Gesundheit scheint ein interdisziplinärer und interprofessioneller Diskurs unumgänglich. Dieser sollte der Frage nachgehen, wie soziale Gesundheit für eine umfassende Gesundheitspolitik gewinnbringend genutzt werden kann. Die Sozialwissenschaften und insbesondere die Soziale Arbeit können als Stimmen für soziale Integration und Partizipation hierbei eine wichtige Rolle einnehmen.

Beteiligen Sie sich an der weiteren Entwicklung des Konzepts!
Das hier vorgestellte Konzept Sozialer Gesundheit versteht sich weniger als Schlusspunkt, sondern als Start eines kritischen Diskurs und einer offenen Weiterentwicklung. Wir freuen uns auf Rückmeldungen und Beispiele sozial gesunder Gemeinschaften an den Projektleiter René Rüegg.

 


Kontakt:

 

Partner und Projekte:

 

Literatur und weiterführende Links:

Beitrag teilen
0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.