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Imker hoffen auf Regen

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Böse Überraschung für Imker: Ihre Bienenvölker haben den „Zementhonig“ eingelagert, der in den Waben kristallisiert.
Böse Überraschung für Imker: Ihre Bienenvölker haben den „Zementhonig“ eingelagert, der in den Waben kristallisiert. © Sabine Stodal

Landkreis – Für die Imker im Oberallgäu ist heuer kein gutes Jahr: Erst fiel die Frühjahrsernte wegen des langen schlechten Wetters reichlich mau aus, jetzt droht ein erneuter Ernteausfall.

Denn ein Großteil der Imker hat mit sogenanntem Melezitose- oder Zementhonig zu kämpfen. Zwar ist die Melezitose keine Krankheit, ein ziemliches Ärgernis ist sie aber allemal. 

Waldhonig ist eine besonders schmackhafte Spezialität, die es nur alle paar Jahre unter ganz speziellen Voraussetzungen gibt. Anders als beim Blütenhonig, der aus dem Nektar von Blütenpflanzen gewonnen wird, sammeln und verarbeiten die Bienen für den Waldhonig die Ausscheidungen von Läusen auf Bäumen. „Wenn im Frühjahr oder im Herbst des Vorjahres im wahrsten Sinne `lausiges Wetter´ geherrscht hat, bilden diese Läuse, von denen es verschiedene Arten gibt, große Populationen“, erläutert der Hobby-Imker Stephan Sichler aus der Nähe von Dietmannsried. „Die Tiere saugen die aufsteigenden Baumsäfte aus den Siebröhren der Bäume, verbrauchen das Eiweiß und scheiden den in den Baumsäften reichlich enthaltenen Zucker wieder aus. Diesen leicht zugänglichen sogenannten `Honigtau’ – der übrigens beim Parken unter Bäumen auch für klebrige Motorhauben sorgt – sammeln die Bienen zurzeit in rauen Mengen.“ 

Heuer wäre also eigentlich ein gutes Waldhonigjahr. Grund zur Freude besteht trotzdem nicht. Denn in diesem Jahr ist eine Lausart im Übermaß vertreten, die beim Verdauungsprozess besonders viel von dem Dreifachzucker Melezitose erzeugt (Waldhonig besteht ansonsten hauptsächlich aus den Einfachzuckern Fructose und Glucose, also Frucht- und Traubenzucker). Die Melezitose wiederum sorgt dafür, dass der Honig sehr rasch in den Waben im Bienenstock kristallisiert und diese verstopft. Es entsteht der sogenannte „Zementhonig“, der geschmacklich zwar hervorragend ist, vom Imker jedoch nur mit deutlich erhöhtem Aufwand und nur zu einem sehr geringen Teil ausgeschleudert werden kann – wenn überhaupt. Der Rest bleibt in den Waben kleben. „Obwohl die Bienen also gerade Honig in Hülle und Fülle in ihren Stock tragen, droht ein erneuter Ernteausfall“, erklärt Stephan Sichler. 

Seine eigenen Bienen sind an der Leubas in Wildpoldsried und auch er ist mit dem Problem konfrontiert. Die Waben wegzuwerfen, wie es manch entnervter Imkerkollege im heiligen Zorn schon getan hat, wäre eine Kurzschlussreaktion. „Entfernen muss man sie trotzdem, denn der Zementhonig kann nicht als Winterfutter für die Bienen im Stock belassen werden, da er aufgrund seines hohen Mineraliengehaltes die Kotblase der Bienen belastet, was zu Krankheiten und letztlich zu einer hohen Bienen-Sterblichkeit führen würde“, so der 39-Jährige. „Die verstopften Waben können allerdings im nächsten Frühjahr zur Jungvolkbildung verwendet werden. Dann nämlich, wenn die Bienen, anders als im Winter, das zur Aufspaltung des Zuckers benötigte Wasser zur Verfügung haben.“ 

 Die diesjährige Sommerernte ist nicht mehr zu retten, über kurz oder lang wird sich das Problem aber von selbst regulieren. Ausgiebiger Regen würde nämlich ausreichen, um den Honigtau wegzuspülen, dann bleibt zumindest der Nachschub aus.

Sabine Stodal

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