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Rosten durch Rasten ist für Johann Reinhart kein Thema

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Johann Reinhart Utting Ehrenzeichen
Angekündigt hat Ministerpräsident Markus Söder schon im Januar die Verleihung des Ehrenzeichens für Johann Reinhart. Doch Corona-bedingt muss sich der Uttinger für die persönliche Überreichung in Geduld üben. © Roettig

Utting – Rosten durch Rasten wie im Sprichwort kommt für Johann Reinhart nicht in Frage. Der 78-jährige Uttinger sprüht nur so voller Energie und Tatendrang. Obwohl offiziell schon lange Rentner packt er überall mit an, wo seine Hilfe und sein Fachwissen gebraucht werden. Und darauf greifen sogar die Gemeinde und die Pfarrei zurück. Dafür und als Dank für die unzähligen Ehrenämter im Laufe seines Lebens wurde Johann Reinhart mit dem „Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten“ ausgezeichnet. Doch auf die persönliche Ordensüberreichung muss er Corona-bedingt noch warten.

Im Januar bereits kam der Brief von Ministerpräsident Markus Söder in der Dießener Straße in Utting an. Darin gratulierte Söder und bedankte sich für Reinharts Engagement, das „unsere Werte mit Leben erfüllt und für Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sorgt“. Über Termin, Ort und Ablauf der Überreichung des Ehrenzeichens sollte Reinhart gesondert informiert werden.

Im letzten Jahr fand der Festakt in der Allerheiligen-Hofkirche in der königlichen Residenz München statt, doch heuer machte Corona allen Planungen einen bösen Strich durch die Rechnung. Statt der Einladung kamen Glückwunschbriefe von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, vom Bundestagsabgeordneten Michael Kießling und von Landrat Thomas Eichinger, der seit kurzem in der Nachbarschaft von Johann Reinhart wohnt.

Theater und Karaoke

Der neue Ehrenpreisträger ist in Utting aufgewachsen und übernahm schon in jungen Jahren die Verantwortung auf dem elterlichen Bauernhof, nachdem er sich in der Landwirtschaftlichen Berufsschule Schondorf das nötige Fachwissen angeeignet hatte. Man bescheinigte ihm dort „Führungsqualitäten“, die er sogleich mit der Gründung der Katholischen Landjugend Utting-Schondorf in die Tat umsetzte. Seine Veranstaltungen wie Theater oder Schlager-Karaoke waren legendär und flugs wurde Reinhart Kreisvorsitzender der Katholischen Landjugend Landsberg, bald „ein Aushängeschild für die Diözese Augsburg“.

Mit nur elf Hektar Land und zehn Hektar Wald bewirtschaftete Reinhart seinen Hof als Nebenerwerbslandwirt und verdiente sich auf dem Bau etwas dazu. Bis er dank seiner Kontaktfreudigkeit einen Job im Außendienst eines Agrarhändlers für Saatgut und Futtermittel bekam. Den Umsatz seines Vorgängers vervierfachte er bald und blieb 21 Jahre erfolgreich an Bord.

Neben dem Beruf engagierte sich Reinhart 15 Jahre lang als Obmann im Bauernverband, 40 Jahre als Waldobmann bei der Waldbesitzervereinigung Landsberg, war 43 Jahre lang in der Vorstandschaft Flurbereinigung (jetzt Teilnehmergemeinschaft) und kümmerte sich hier um Wegebau, Begleitgrün und Pflege von Biotopen – alles natürlich ehrenamtlich. Und weil Johann Reinhart auch ein recht geselliger Mitmensch ist, spielte er 43 Jahre lang den Hochzeitslader in zwei Dutzend Landkreisen bis nach Regensburg.

24 Jahre Gemeinderat

Dem umtriebigen Reinhart wurmte es, dass über die CSU-­Liste kein einziger Landwirt in den Uttinger Gemeinderat gewählt wurde. Also schloss er sich der Ländlichen Wählergemeinschaft (LW) an, wo er 1978 das Amt des Vorsitzenden übernahm. 24 Jahre saß Reinhart fortan im Gemeinderat, seine Ehefrau Elisabeth zwölf Jahre. Gemäß dem LW-Motto „Tradi­tion bewahren, Zukunft gestalten“ setzte sich Reinhart für Rad- und Wanderwege ein und verhinderte, dass es im „Tal des Lebens“ asphaltierte Wege und Parkbuchten gibt.

Heute ist Johann Reinhart ist stolz darauf, dass er den jetzigen Bürgermeister Florian Hoffmann für die Wählergemeinschaft gewinnen konnte. Im aktuellen Gemeinderat sind von der LW Matthias Hornsteiner und Jakob Wilhelm vertreten.

Rentner-Freuden

Auch wenn sich Reinhart altersbedingt von einigen Ämtern trennte, sucht er weiter nach Möglichkeiten, sich nützlich zu machen – zum Beispiel mit dem Austragen des Pfarrbriefs. Mit ein paar handwerklich vorbelasteten Rentner-Freunden machte er Ordnung auf dem beliebten Treffpunkt „Sonnendachl“, legte einen Grillplatz mit Feuerschale an sorgte in Zusammenarbeit mit der Jagdgenossenschaft für ein fünf Meter hohes Feldkreuz.

Auch ein Brückerl über den Rossbach, ein neu gestalteter Platz auf dem Friedhof oder das Heckenschneiden auf dem Campingplatz gehen auf das Fleißkonto des Rentnerteams: „Die Gemeinde stellt Material und Brotzeit, den Rest übernehmen wir!“ Dafür wurden Reinhart und seine Mitstreiter bereits auf einer Bürgerversammlung vom damaligen Bürgermeister Josef Lutzenberger geehrt. Reinhart trägt übrigens den Spitznamen „Wandelndes Ortslexikon“, weil er einfach alles weiß und jeden kennt.

Seit 49 Jahren ist Johann Reinhart mit seiner Ehefrau Elisabeth zusammen und hat mit ihr vier Söhne, die „allesamt prächtig geraten sind“. Einer der Jungs, gelernter Konditor, ist mit seiner Frau nach Australien ausgewandert und wurde dort ein preisgekrönter Werbefotograf. Einmal im Jahr kommen alle Reinharts samt den vier Enkelkindern in Utting für einen naturverbundenen „Tag der Familie“ zusammen. Der musste heuer Corona-­bedingt ausfallen – wie auch bislang die Überreichung des Ehrenzeichens.
Dieter Roettig

Das Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten

Es ist für Personen, die sich durch ihre Aktivitäten in Vereinen, Organisationen und sonstigen Gemeinschaften mit kulturellen, sportlichen, sozialen oder anderen gemeinnützigen Zielen hervorragende Verdienste erworben haben: das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten. Er überreicht es entweder selbst oder beauftragt den Landrat damit; in diesem Jahr jedoch ist alles anders, der feierliche Rahmen für die Ehren­zeichen-Verleihung lässt sich pandemie­bedingt nicht umsetzen. Deshalb würdigt der KREISBOTE das herausragende ehrenamtliche Engagement der neuen Ehrenzeichen-Träger*innen im Rahmen einer Serie.

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