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Freundlich abgeneigt

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Gegenseitige Fan-Antipathie kann auch verbinden: Werder-Supporter Michael Schneider (links) und HSV-Fanclubchef Henning Schröder. ·
Gegenseitige Fan-Antipathie kann auch verbinden: Werder-Supporter Michael Schneider (links) und HSV-Fanclubchef Henning Schröder. · © Foto: Krüger

Rotenburg - Von Michael KrügerJEERSDORF · Zwischen den Hansestädten, recht mittig gelegen: Jeersdorf. Ort einer besonderen Begegnung am Tag davor. Der Sottrumer Michael Schneider trifft auf den Scheeßeler Henning Schröder. Schneider, 35 Jahre alt und Sprecher der „Supporters Hexenhalle“: unumstößlicher Werder-Fan. Schröder, 41 Jahre alt, Vorsitzender der „Skydogs Scheeßel“: beinharter HSV-Anhänger. Ein Gespräch über die Bedeutung des 100. Nordderbys in der Fußball-Bundesliga.

Sportlich läuft es für beide Teams überschaubar in dieser Saison. Hat man da Mitleid mit dem anderen?

Henning Schröder: Nie.

Michael Schneider: Ich bin froh, dass ich nicht an der Stelle der Hamburger bin momentan.

Schröder: Bremen muss immer hinter uns stehen, das ist das Ziel jeder Saison. Wenn wir 17. werden und Bremen 18., dann ist das auch noch in Ordnung.

Wäre es nicht einfacher, Bayern-Fan zu sein?

Schröder: Nein. Man sucht sich seinen Verein nicht aus, er wird einem gegeben. Ich fahre seit 31 Jahren zum HSV. Ich könnte nicht sagen, dass ich Dortmund-Fan bin. Das geht nicht.

Was ist denn eigentlich so doof am HSV?

Schneider: Die Arroganz. Immer eine große Klappe, immer der Meinung, sie wüssten alles. Wenn der HSV nach zehn schlechten Spielen zweimal wieder gut spielt, meint er, wieder ganz oben zu sein.

...und an Werder?

Schröder: Grün und weiß. Und dass sie die letzten Jahre besser waren als wir. Das wurmt. Vor allem tun die drei Halbfinals von 2009 immer noch richtig weh, als wir alles verloren haben.

Was ist bei Werder besser als beim HSV?

Schneider: Die Treue. Wir sind stolz darauf, immer noch unseren alten Stadionnamen zu haben. Auch die Treue unseres Vorstands zum Verein, zum Trainer ist ganz anders als in Hamburg. Und wir stehen in der ewigen Bundesligatabelle vor Hamburg.

Schröder: Noch.

Treue gibt es beim HSV aber doch auch, oder?

Schröder: Bei den Fans. Werder schafft es zum Auswärtsspiel nicht einmal, den Gästeblock in Hamburg vollzubekommen. Heute werden 6 000 Hamburger im Weserstadion sein. Dieser Enthusiasmus der Fans ist unser Plus.

Was ist denn noch schlimmer als der HSV?

Schneider: Egal, wer spielt, ich wäre immer für den Gegner des HSV.

Gibt es Schlimmeres als Werder?

Schröder: Ivan Klasnic. Der hat bei beiden schlechten Vereinen (Werder und St. Pauli; d. Red.) gespielt: ein stinkender Hafenrandfisch.

Was ist das Besondere am 100. Derby?

Schneider: Heute kommt die sportliche Brisanz hinzu. Wenn Werder verliert, sieht es ganz eng aus. Mit einem Sieg machen wir einen Sprung nach oben.

Schröder: Die Zahl 100 ist irrelevant. Es ist allein die sportliche Situation, die interessiert. Für uns steht dazu noch der Tod unseres Kult-Masseurs Hermann Rieger über der Geschichte.

Drückt sich die Fan-Rivalität bei Ihnen im Alltag aus?

Schröder: Schon. Ich arbeite in Bremen. Die Kollegen haben für Montag angekündigt, dass da einige Sprüche kommen werden. Spießrutenlauf auf dem Büroflur...

Schneider: Das ist im Freundeskreis natürlich ein Dauerthema. Aber echte Freundschaften leiden nicht darunter – im Gegenteil.

Und wenn Ihre Kinder auf die böse Seite wechseln?

Schröder: Da hat man nicht viel Einfluss drauf. Aber wir treffen Vorkehrungen: Mein Sohn ist in Hamburg geboren und mit Elbwasser getauft. Aber wenn im Kindergarten nur Grüne rumlaufen, hat man als Papa wenig Chancen.

Schneider: Unsere Tochter ist gerade eine Woche alt. Der Mitgliedsantrag bei Werder ist gestellt.

Die Sicherheitsvorkehrungen in Bremen sind heute so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Wo hört für Sie eine vernünftige Fan-Anti-Freundschaft auf?

Schröder: Wenn es nur Fans wie uns geben würde, bräuchte es diese ganze Geschichte nicht geben. Rivalität ist okay, auch gerne mal mit Worten duellieren, aber danach hört es auf. Leider muss dieses ganze Theater für eine Minderheit veranstaltet werden. Das ist fürchterlich. Da vergeht einem die Lust, zum Spiel zu fahren. Aber man muss ja.

Schneider: Sobald es zu Handgreiflichkeiten kommt, ist die Grenze überschritten.

Wo schauen Sie das Spiel?

Schröder: Im Stadion.

Schneider: Zuhause – erstes Nordderby mit Tochter!

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