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Im Kinderwagenparadies

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Die Kinderwagen sind echt, das Baby im Arm nicht: Birgit Schlie in ihrem privaten Buggy-Museum. Fotos: Warnecke
Die Kinderwagen sind echt, das Baby im Arm nicht: Birgit Schlie in ihrem privaten Buggy-Museum. Fotos: Warnecke © -

Scheeßel - Von Lars Warnecke. Lange ist es her, da hat sie noch selbst dringelegen, als Baby. Höchstens 54 Jahre ist das her, so alt ist Birgit Schlie heute. Was aber stellt man nur an, wenn man dem Kinderwagenalter längst entwachsen ist, der eigene Nachwuchs – Schlie hat zwei Töchter – auch nicht mehr darin herumgefahren werden möchte, und man trotzdem von der Säuglingskutsche nicht loslassen kann? Klar, man sammelt sie. Für die Scheeßelerin sind die Buggys jedenfalls ein, wenn nicht das Objekt ihrer Begierde. Nur: Schön alt müssen die Modelle sein, am liebsten den 1970er- und 1980er-Jahren entsprungen. „Aber wenn möglich ohne größere Gebrauchsspuren“, meint sie.

Andere sammeln Briefmarken, Oldtimer-Autos oder alles über Miley Cyrus – die Mitarbeiterin der Jugendhilfe Wümmetal pflegt da schon eine etwas ausgefallenere Jagdleidenschaft. Oder ist ihr Hobby etwa doch nicht so speziell? „Es gibt inzwischen schon eine ziemlich große Sammlergemeinschaft – nicht nur hierzulande, sondern auch vor allem in Tschechien und Russland.“

So ist im Laufe der Zeit, in einem extra dafür hergerichteten Raum, ein ziemlich imposanter Fuhrpark in ihrem Haus am Scheeßeler Gartenweg entstanden. Zehn nostalgisch anmutende, mit allem Drum und Dran ausstaffierte Kinderwagen versammeln sich dort auf gerade mal zwölf Quadratmetern. Daneben türmt sich ein halbes Dutzend Puppenwagen, sorgsam an einer Wandhalterung drapiert, bis unter die Decke. „Andere haben begehbare Kleiderschränke, ich habe mein eigenes kleines Kinderwagen-Museum“, sagt Schlie in stolzem Tonfall. Und wer genauer das bunte Sammelsurium an zeitgenössischen Gefährten in Augenschein nimmt, der entdeckt – irgendwie liegt es ja auch nahe – sie: Neugeborene in süßen, 70er-Jahre-Stramplern. Nur dass die niemals für schlaflose Nächte sorgen können. Kleinstkinder, die da so reglos in ihren Körbchen liegen – ein klarer Fall für den Notarzt? „Nein, nein, das sind meine Reborns“, klärt die Sammlerin auf. Also täuschend echtaussehende Babypuppen, die selbst das Lebendgewicht imitieren.

Und genau mit einer solchen Puppe, sagt sie, habe alles seinen Anfang genommen. „Zu meinem Fünfzigsten habe ich ein Exemplar von einer Freundin geschenkt bekommen – die stellt diese Reborns her.“ Statt sie einfach nur irgendwo in die Ecke zu legen, sollte der künstliche Familienzuwachs einen ehrenvollen Platz erhalten. „Und da bin ich auf die Idee mit dem ersten Kinderwagen gekommen.“ Nicht irgendein Modell, das ihr als Anschaffung vorschwebte, sondern jenes Gefährt der traditionsreichen Marke Zekiwa, in dem sie als junge Mutter selbst einmal ihre Töchter herumkutschiert hat. „Es sollte etwas Familienbezogenes, Nostalgisches sein – schließlich bin ich im Internet in einer Fan-Gruppe fündig geworden“, erinnert sich die Scheeßelerin.

Was sie persönlich an den mit Kunstleder überspannten Wagen mit deren markant-geschwungenen Formen und knalligen Farben reizen würde: „Die Ästhetik!“, überlegt Schlie nicht lange. „Und natürlich die gute Qualität – so etwas wird heute ja gar nicht mehr produziert.“

Mittlerweile platzt ihr kleines privates Kinderwagenreich, in dem sich nunmehr fast ausschließlich alte Zekiwa-Modelle nebst darin ruhenden Reborn-Babys finden, aus allen Nähten. Einen Retro-Buggy musste sie schon auslagern, der steht jetzt im Flur. Und trotzdem: Das Jagdfieber nach weiteren Modellen habe sie noch immer gepackt. Eine Vergrößerung ihrer ohnehin schon beachtlichen Sammlung dürfte also gewiss sein.

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