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Zu hoher Blutzoll: Soldaten meutern gegen Putin – „Sie sterben wie die Fliegen“

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Widerstand gegen Putin: In Russlands Armee wächst die Zahl der Deserteure. Schuld sind die hohen Verluste im Ukraine-Krieg. Selbst die Nato schockiert der Blutzoll.

Moskau – Tödliche Schlachten im Donbass: Im Ukraine-Krieg zahlt Russland offenbar einen hohen Blutpreis. So verdichten sich die Hinweise auf sehr hohe Verluste für die russische Armee. Im Gegensatz zur Ukraine habe Russland deutlich mehr tote Soldaten zu beklagen. Alleine im Kampf um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk liege das Verhältnis „bei eins zu zehn“, teilte jetzt der Luhansker Gouverneur Serhij Hajdaj bei Facebook mit. „Sie sterben wie die Fliegen.“ Die Folge: In Putins Armee wächst der Widerstand – und die Zahl der Deserteure.

Ukraine-Krieg: Russlands Verluste sind enorm – Genaue Zahlen verschweigt Präsident Wladimir Putin

Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Seit Beginn des von Russlands Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Ukraine-Krieges überziehen sich beide Kriegsparteien mit Propaganda-Ansagen. Dementsprechend ungeklärt sind die Zahlen, die über die möglichen Verluste kursieren. Während sich vor allem der Kreml in Schweigen hüllt, bezifferte Präsident Wolodomyr Selenskyj die ukrainischen Verluste auf 60 bis 100 Soldaten – pro Tag. Für die russische Seite gibt es ebenfalls nur Schätzungen westlicher Geheimdienste. Jedoch schwanken die Zahlen zwischen 20.000 bis 31.000 Tote seit Kriegsbeginn.

Nimmt Putin im Ukraine-Krieg die Zerstörung seiner Einheiten bewusst in Kauf? In Russlands Armee desertieren immer mehr Soldaten wegen dieser Strategie. Im Bild ist ein verlassener russischer Panzer zu sehen.
Nimmt Putin im Ukraine-Krieg die Zerstörung seiner Einheiten bewusst in Kauf? In Russlands Armee desertieren immer mehr Soldaten wegen dieser Strategie. © Sergei Chuzavkov/dpa

Die westliche Politik und die Nato beobachtet das Treiben in der Ostukraine sehr genau. Beim westlichen Verteidigungsbündnis ist man jedenfalls schockiert. „Die Zahlen der Toten, mit denen wir es in letzter Zeit zu tun haben, sind wirklich bedrückend“, sagte ein hochrangiger Nato-Beamter dem Redaktionsnetzwerk Deutschlands (RND), der in Brüssel Einblick in die Auswertung des Lagezentrums hat. Zwar würden auch die ukrainischen Verluste zunehmen, aber auf Moskaus Seite zeige die Kurve „steil nach oben“, hieß es. Dabei trifft es vor allem Angehöriger ethnischer Minderheiten, die von Putins Armee bevorzugt ins Gefecht geschickt werden.

Verluste im Ukraine-Krieg: Nimmt Putin die hohen Zahlen bewusst in Kauf?

Nimmt Putin den hohen Blutzoll dabei bewusst in Kauf? Mittlerweile halten das viele Militärexperten nicht mehr für ausgeschlossen. Fakt ist: Nachdem die komplette Einnahme der Ukraine zunächst missglückt ist, konzentriert sich die russische Armee jetzt zuvorderst auf die Einnahme der Ost-Ukraine. Doch das Gebiet ist militärisch schwierig einzunehmen, weil es von Flüssen durchzogen ist und ein Vorrücken erschwert. Panzer und schwere Artillerie werden für die Verteidiger zu leichten Zielen, weswegen die Ukraine zunächst viele Erfolge verzeichnete.

Doch offenbar setzt Putin auf Zermürbung. Fachleute mutmaßen, dass die russische Übermacht einfach immer wieder neue Verbände ins Feuer schickt und damit allmählich die unterlegenen ukrainischen Einheiten müde machen will. Dafür spricht, dass nach anfänglichen Schwierigkeiten Putins Truppen sich jetzt nach und nach vorarbeiten – mit einkalkulierten Verlusten.

Deserteure in russischer Armee: Meuterei nimmt angesichts der Verluste zu – Widerstand gegen Putin wächst

Doch innerhalb der Armee bleibt die Taktik nicht verborgen. Berichte, wonach Soldaten meutern, mehren sich. Nachdem bereits Mitglieder der Nationalgarde den Einsatzbefehl für die Ukraine verweigert hatten, wurden auch schon russische Soldaten bei Sabotageakten erwischt. Offenbar zerstörten sie selber ihre Panzer, um nicht mehr in den blutigen Kampf ziehen zu müssen. Am Freitag (10. Juni) meldete dann der ukrainische Generalstab, dass sich eine komplette russische Einheit aus dem Staub gemacht habe. Den Angaben soll es sich bei den Deserteuren um die Infanterieeinheit des 1. Armeekorps handeln, wie die Zeitung Kyiv Independent berichtete.

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Offen bleibt, inwieweit die Entwicklung Putin selber schadet. Zwar kontrolliert der Kreml die Berichterstattung und unterdrückt Meldungen zu den hohen Verlusten. Dennoch wird das Grummeln lauter. So klagten jüngst die Mütter einiger verstorbenen Wehrpflichtigen das russische Vorgehen an. Und auch innerhalb der Kremlmauern wächst die Unzufriedenheit mit dem Langzeitherrscher, der mit dem Einmarschbefehl vielleicht auch sein „eigenes Todesurteil unterschrieben hat“, wie Putin-Gegner kürzlich sagten. So soll es bereits zu einem Attentatsversuch von Kopfgeldjägern gekommen sein. Doch am Ende bleiben Gerüchte um einen Putsch auch nur Gerüchte.

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