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Das dürfen Arbeitnehmer trotz Krankschreibung – und wann die Kündigung droht

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Wer krank ist, bleibt im Bett. Dieser alte Grundsatz stimmt nur bedingt. Denn krankgeschriebene Arbeitnehmer dürfen durchaus am Leben teilnehmen – unter gewissen Bedingungen.

Berlin – Derzeit ächzt und stöhnen Deutschlands Verbraucher unter einer Welle an Erkrankungen: Grippe, Erkältung, RS-Virus und Covid-19 halten ungewöhnlich viele Menschen fest in ihrem Griff. Und auch wenn die Verläufe meistens harmlos sind, bleiben viele der Betroffenen zu Hause und kurieren sich aus. Das sieht der Arbeitgeber gern. Doch was ist, wenn er erfährt, dass man krankgeschrieben das Haus verlassen hat? Ist die Abmahnung dann die logische Konsequenz?

Wer krank ist, sollte sich auskurieren, darf aber bestimmte Dinge trotz Krankschreibung noch tun.
Wer krank ist, sollte sich auskurieren, darf aber bestimmte Dinge trotz Krankschreibung noch tun. © Marijan Murat/dpa

Das hängt von den generellen Umständen ab und kann im konkreten Einzelfall durchaus unterschiedlich bewertet werden – und im schlimmsten Fall sogar zu einer fristlosen Kündigung führen. Doch der Grundsatz, wer krank ist, bleibt im Bett, gilt in der wortwörtlichen Form nicht.

Einkaufen, Kaffee trinken, Feiern trotz Krankschreibung: Was erlaubt ist und was nicht

Denn in jedem Fall darf der krankgeschriebene Arbeitnehmer Bett und Haus verlassen, um beispielsweise einzukaufen, zum Arzt oder zur Apotheke zu gehen sowie Kinder von der Kita abzuholen. Dies können einem weder ein ärztliches Attest noch der Arbeitgeber verbieten, es sei denn, der Arbeitnehmer befindet sich in einer angeordneten Quarantäne. Gerade Arzt- und Apothekenbesuche fallen unter den Grundsatz: Der Arbeitnehmer muss alles dafür tun, um wieder gesund zu werden. Immerhin vereinfacht die digitale Krankmeldung das Prozedere ab dem 1. Januar 2023.

Ein wenig differenzierter muss der Blick auf Aktivitäten wie mit Freunden einen Kaffee in einem Café zu trinken, einen Adventskranz fürs nächste Jahr zu kaufen oder Verwandte zu besuchen geworfen werden. Das ist erlaubt, solange einem der Arzt nicht ausdrücklich strenge Bettruhe verordnet hat und man sich dazu problemlos in der Lage fühlt. Wer durch eine Erkältung geschwächt ist, bleibt jedoch besser zu Hause. Denn sollte der Chef einen erwischen, kann das zu unangenehmen Fragen führen. Allerdings muss einem der Arbeitgeber in solch einem Fall eine Pflichtverletzung nachweisen, um arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen zu können.

Wann Feiern während einer Krankschreibung erlaubt ist

Noch einmal anders sieht der Fall aus, wenn man am letzten Tag einer mehrtätigen Krankschreibung bei freizeitlichen Aktivitäten erwischt wird. Insofern der Arbeitnehmer am nächsten Tag wieder zur Arbeit erscheint, lassen viele Arbeitgeber oftmals Milde walten. Wer mit einem gebrochenen Arm oder frisch entfernten Weisheitszahn während seiner Krankschreibung bei Freizeitspäßen ertappt wird, auch den dürften in der Regel keine Konsequenzen erwarten. Schließlich behindern ein Spaziergang, ein Besuch im Café und sogar eine wilde Party den Heilungsprozess mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Dass es allerdings keinen guten Eindruck macht, wenn man krankgeschrieben feiert, steht auf einem anderen Blatt. Bei Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen hingegen können Freizeitaktivitäten sogar einen großen Teil zur Heilung beitragen.

Eine Krankschreibung muss nicht bis zum Ende wahrgenommen werden. Die Krankschreibung des Arztes gilt als Prognose und nicht als bindende Verpflichtung. Fühlt sich der Arbeitnehmer vor Ende der Krankschreibung wieder fit genug zum Arbeiten, darf er auch schon vorher wieder auf der Arbeit erscheinen – genau genommen muss er es sogar. Wer sich zwar fit fühlt, aber faktisch noch krank und ansteckend ist, den kann der Arbeitgeber übrigens wieder nach Hause schicken.

Eine Krankschreibung vor dem Urlaub – und dann?

Was der Arbeitgeber nicht darf: Er darf seinen Mitarbeiter nicht in einem anderen Bereich oder einer anderen Abteilung einsetzen. Ein Straßenbauer mit einem gebrochen Bein darf somit nicht ins Büro versetzt werden, wenn der Arbeitsvertrag derartige Tätigkeiten nicht vorsieht. Andersrum allerdings darf der Arbeitnehmer anbieten, das Tätigkeitsfeld für die Dauer des Genesungsprozesses zu wechseln.

Eine Erkrankung unmittelbar vor einem Urlaub wird ähnlich behandelt wie eine Erkrankung während der Arbeitszeit. Wer sich krankschreiben lässt, darf den Urlaub nur dann antreten, wenn dieser nachweislich die eigene Genesung nicht beeinträchtigt. Wer den Urlaub nicht antritt, kann sich für den Zeitraum seiner Krankschreibung zumindest seine Urlaubstage zurückholen.

Krankschreibung: Dann droht die Abmahnung – und dann die fristlose Kündigung

Sollte der Arbeitnehmer die Grenzen des erlaubten zu sehr beugen und biegen, droht eine Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar eine fristlose Kündigung. Denn wenn er nachweislich mit frischer Krankschreibung aufgrund einer Grippe abends feiern geht, setzt er sich dem Vorwurf aus, die Erkrankung könne nur vorgetäuscht sein. Der dadurch entstandene Vertrauensbruch rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Auch Schwarzarbeit während einer Krankheit ist in der Regel ein fristloser Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber muss diese jedoch umgehend nach Feststellen des Verstoßes aussprechen.

Kann ich wegen Krankheit gekündigt werden?

Bei wiederholter, lang anhaltender oder gar dauerhafter Krankheit kann hingegen höchstens eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Dies gilt, wenn die Prognose des erkrankten Arbeitnehmers sich zunehmend verschlechtert (zum Beispiel bei einer schweren Krebserkrankung) oder absehbar ist, dass er nicht mehr wird arbeiten können – etwa bei einer Querschnittslähmung. Dann kann der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung unter Wahrung der Kündigungsfrist aussprechen. Eine fristlose Kündigung während einer Krankheit kann nur dann ausgesprochen werden, wenn die Krankheit nicht der Grund für die Kündigung ist, sondern beispielsweise ein Vertrauensbruch oder ein sonstiges Vergehen, das eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

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Wer sich nicht sicher ist, was er während seiner Krankschreibung machen darf und was nicht, kann sich für bestimmte Aktivitäten eine schriftliche Erlaubnis des Arztes einholen. Und sollte der Arbeitnehmer wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens während einer Krankschreibung eine Abmahnung oder gar fristlose Kündigung erhalten, sollte er immer das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und sich rechtlichen Beistand einholen, wenn die Maßnahme aus seiner Sicht ungerechtfertigt erfolgte.

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