„Vollkommen unrealistische Erwartungen“Reker kritisiert Kulturinitiativen bei Diskussion über die Hallen Kalk

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06.09.2023
Köln:
Das Gelände der Hallen Kalk. Der ehemalige Produktionsstandort der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) in Köln-Kalk soll zu einer Fläche für Kultur- und Sozialprojekte umgewandelt werden.
Dillenburger Straße 65
Foto: Martina Goyert

Das Gelände der Hallen Kalk, ehemaliges Areal der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) an der Dillenburger Straße.

Der Stadtrat hat am Donnerstag über die Zukunft der Hallen Kalk diskutiert. Die Oberbürgermeisterin fand deutliche Worte zu den finanziellen Mitteln.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat in einer Aktuellen Stunde des Stadtrats zur zukünftigen Nutzung der Hallen Kalk die Erwartungen von soziokulturellen Initiativen als „vollkommen unrealistisch“ bezeichnet. Mit Blick auf die finanziellen und personellen Ressourcen der Stadtverwaltung müssten diese anerkennen: „Alles geht nicht.“ Nicht jedes gemeinwohlorientierte Projekt könne realisiert werden. Bei den vor Ort anwesenden Initiativen lösten die Äußerungen große Wut aus, sie engagieren sich unter anderem, damit die leer stehenden Hallen Kalk zukünftig für vielfältige Projekte ertüchtigt werden. Doch zur konkreten Zukunft gab es Donnerstag wenig Neues. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist der Hintergrund?

Die Diskussion in der Aktuellen Stunde geht auf den Ausstieg der Montag-Stiftung Urbane Räume beim Projekt „Hallen Kalk“ zurück. Auf dem ehemaligen Gelände von Klöckner-Humboldt-Deutz an der Dillenburger Straße sind mehrere Projekte geplant. Dort befinden sich bereits die Abenteuerhallen, in der ehemaligen Halle 70 soll zudem das Dokumentationszentrum und Museum über Migration in Deutschland (Domid) entstehen. Die Akteure der weiteren Projekte (siehe Karte) haben sich in der „Verantwortungsgemeinschaft Osthof“ (VGO) zusammengeschlossen.

Die Montag-Stiftung hatte Kooperationen für das Zirkus-Zentrum, die Veedelshalle, das Kunsthaus und den Handwerkshof geplant. Von diesem Engagement zog sich die Stiftung Ende August allerdings zurück. Die Stadt Köln habe sich nicht als verlässlicher Partner erwiesen. Das Projekt steht nun vor einer ungewissen Zukunft.

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Was ist das Problem?

In Köln gibt es verschiedene Orte, bei denen sich zivilgesellschaftliche Akteure an einer Wiederbelebung alter Industrieflächen probieren, die häufig der Stadt gehören. Darunter sind das Fort X in Nippes oder auch das Otto-und-Langen-Quartier in Mülheim, das die Initiative „raum13“ in Teilen bespielen will. Die Realisierung der Projekte hängt sowohl vom Denkmalschutz, Grundstücksübertragungen, Finanzierungsfragen und baurechtlichen Hürden ab. Klare Verantwortlichkeiten in der Verwaltung scheinen zu fehlen. Viele der Projekte gehen nur schleppend voran oder stagnieren völlig.

Was sagt die Politik?

Reker machte deutlich, dass „soziokulturelle Projekte ohne Frage sehr wichtig sind“. Aber nicht jeder gute Wille sei Grund für Zuwendungen der Stadt. Die politische Debatte drehte sich vor allem darum, dass eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung notwendig sei, abseits von Großinvestoren und mit der Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen. Die Hallen Kalk seien ein „Alarmsignal“, sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin, Niklas Kienitz (CDU) sagte: „Die Strukturen, die wir bislang haben, funktionieren nicht.“

SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte: „Das Ratsbündnis hat dazu beigetragen, mit mehr Dezernaten und Posten die Zuständigkeiten so hin und herzuschieben, bis niemand mehr weiß, wer eigentlich zuständig ist.“

Was sagen die Kulturakteure?

Nach der Aktuellen Stunde im Rat versammelten sich rund 15 Initiativen vor dem Rathaus, die die Debatte zuvor verfolgt hatten. Die Äußerungen von Reker machten die Akteure wütend. Der Beitrag der OB sei „erschreckend“ gewesen und „zynisch“, so der Tenor. Sie verlangten nicht ständig Geld, sondern sie würden im Engagement unterstützt werden wollen.

06.09.2023
Köln:
Das Gelände der Hallen Kalk. Der ehemalige Produktionsstandort der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) in Köln-Kalk soll zu einer Fläche für Kultur- und Sozialprojekte umgewandelt werden.
Dillenburger Straße 65
Foto: Martina Goyert

Der Eingang zum Osthof an den Hallen Kalk.

Ein Teil der Kulturinitiativen hatte der Stadtverwaltung bereits Anfang der Woche schwere Vorwürfe gemacht. Von abgebrochenen Gesprächen, nicht eingehaltenen Terminen und Verweigerung des Zutritts zu den Geländen war die Rede. „Die im Eigentum der Stadt Köln befindlichen Gebäude – darunter Kulturdenkmäler von Weltbedeutung – sind Vandalismus und Verfall überlassen“, heißt in einer Mitteilung von „raum13“.

Wie geht es jetzt weiter?

Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack, der übergeordnet für die Hallen Kalk zuständig ist, sagte am Donnerstag: „Wir haben eine Projektstruktur aufgelegt, die eine klare Federführung vorgibt. Man kann uns gerne vorwerfen, dass wir das zu spät gemacht haben, aber wir haben es gemacht.“ Er suche weiterhin das Gespräch zur Montag-Stiftung und wolle das Projekt Hallen Kalk vorantreiben.

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