Kaltes WeihnachtsfestViele Kirchen in Oberberg bleiben an den Festtagen ungeheizt

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Kirchbesucher haben sich mit Decken eingehüllt.

Wer zu Weihnachten einen Gottesdienst besucht, sollte sich besser dick einpacken.

Wegen der hohen Energiekosten lassen viele Kirchengemeinden derzeit die Heizung in ihrer Kirche kalt. Die Besucher der Festtagsgottesdienste sollten sich besser warm anziehen.

In dicke Decken gewickelt, mit Handschuhen und Schals lauschen die Gläubigen der Predigt von Pfarrerin Judith Krüger. In der evangelischen Kirche in Wiehl ist es bei sechs Grad winterlich kalt, „es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre, aber mit langen Unterhosen geht es. Nur die Hände sind kalt“, meint die Pfarrerin.

Pfarrerin will kostbare Wärme nicht ungenutzt in die Luft pusten

„Aber unsere alte Heizungsanlage müsste eine ganze Woche lang mit voller Power laufen, damit wir in der großen Kirche auf 15 Grad kommen“, sagt Krüger. „Damit verbrauchen wir so viel Energie wie der Strom einer Familie im ganzen Jahr kostet. Das können wir nicht verantworten. Es gehe dabei nicht in erster Linie ums Geld“, betont sie. „Viele haben sogar Spenden angeboten, aber wir wollen nicht die kostbare Wärme tagelang ungenutzt in die Luft pusten, während viele Menschen Angst haben, dass sie ihre Stromrechnung demnächst nicht mehr bezahlen können.“

Also bleibt die Heizung aus, 100 Decken wurden  angeschafft, dem Organisten wärmt ein kleiner Heizstrahler die klammen Finger. Es wird schneller gebetet, „statt 60 Minuten dauert der Gottesdienst nur 45 Minuten“, erklärt die Pfarrerin, aufwärmen könne man sich dann anschließend beim Gemeindekaffee.

Jede Kirchengemeinde trifft ihre eigene Entscheidung

So wie in Wiehl wird überall im Kreis in den Kirchen Energie gespart. Jede Kirchengemeinde trifft dabei ihre eigenen Entscheidungen. „Von der Landeskirche kam keine Anweisung, aber die große Bitte, sich mit dem Thema Energiesparen auseinanderzusetzen“, erklärt Superintendent Michael Braun. In vielen Gemeinden fänden die Gottesdienste zur Zeit in den Gemeindehäusern statt, so in Gummersbach oder in Dieringhausen-Vollmerhausen-Niederseßmar.

Ab Januar sollen auch die Gottesdienste für die evangelischen Wiehler im Paul-Schneider-Haus in Oberwiehl stattfinden. „Früher kannte man sogenannte Winterkirchen, da wurde in der kalten Jahreszeit dann ein anderer Raum oder zum Beispiel nur eine abgetrennte Kapelle genutzt. Das hat durchaus Tradition“, erinnert Braun.

In katholischen Kirchen wird auf zehn Grad geheizt

Kreisdechant Christoph Bersch verweist auf den Kölner Dom, auch da müsse man sich schon zu normalen Zeiten mit dicken Socken gegen die hochkriechende Kälte des Steinbodens bewaffnen. „Ich selbst bin allerdings auch nicht so eine Frostbeule, und ich habe ja mein Messgewand“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Der Empfehlung des Erzbistums, in den Kirchen gar nicht zu heizen, möchte er dann doch nicht folgen. „Dafür ist das Klima in Oberberg im Gegensatz zur Rheinschiene zu rau“, findet er. So habe man nach vielen Diskussionen in seinem Pfarrbezirk Oberberg-Mitte-Engelskirchen beschlossen, die Temperatur in den Kirchen einheitlich auf zehn Grad statt bisher dreizehn Grad zu beschränken. Anders sieht es zum Beispiel in Wipperfürth aus: Da werde nur die St. Nikolaus beheizt, in den anderen Kirchen wird gebibbert. Gottesdienste in die Gemeindehäuser verlegen möchte Bersch nicht, da fehle ihm der geweihte Altar, außerdem bestehe in den kleineren Räumen eine höhere Infektionsgefahr für Corona und andere Krankheiten.

Eine kleine Heizung für den Kirchenmusiker

In der evangelischen Kirche in Wiehl macht man gerade erste Erfahrungen mit Konzerten in der kalten Kirche. „Wir überlegen, für den Kirchenmusiker eine kleine Infrarotheizung unters Pedal zu legen“, berichtet Pfarrerin Krüger. Die Orgeln selbst seien nach Ansicht von Fachleuten wohl nicht so empfindlich, erklärt Superintendent Braun. „Für die Orgeln sind Temperatursprünge gefährlicher als die Kälte, und manche haben ja auch die vergangenen 400 Jahre überstanden.“

Und die Besucher? „Die meisten haben die Maßnahmen akzeptiert“, glaubt Kreisdechant Bersch, „angesichts der knappen Ressourcen haben wir auch keine andere Wahl.“ Die Mehrheit habe Verständnis, meint auch Superintendent Braun. Manchmal höre er auch Kritik, etwa dass Einkaufszentren überheizt seien und man in der Kirche bibbern müsse, aber das seien Ausnahmen.

Natürlich schreckten manche Besucher wegen der Kälte vor dem Gottesdienstbesuch zurück, weiß Kreisdechant Bersch und denkt dabei besonders an ältere kälteempfindliche oder rheumageplagte Menschen. Für sie gibt es sowohl von der katholischen wie von der evangelischen Kirche weiterhin Online-Angebote. „Ich sehe aber auch, dass viele froh und glücklich sind, endlich wieder zusammenzukommen. Es gab in der Corona-Zeit doch viel Einsamkeit.“

Zu Weihnachten finden in den katholischen und evangelischen Gemeinden die Gottesdienste in den Kirchen selbst statt. „Manche wollen zu den Feiertagen heizen, das lohnt sich dann, weil die Kirchen kompakt an mehreren Tagen hintereinander genutzt werden“, gibt Braun zu bedenken. In Wiehl bleibt allerdings die Kirche ungeheizt. „Je mehr Leute kommen, umso wärmer wird es, und wenn viele kommen, dann wird es richtig kuschelig“, verspricht Pfarrerin Judith Krüger.

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