Es klapperte einst eine Mühle am rauschenden Bach – In die Wassermühle Roidin zieht neues Leben ein.

Denkmal des Monats April 2022

Abb. 1. Roidin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Wassermühle Blick von Nordosten, 2015. Details anzeigen
Abb. 1. Roidin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Wassermühle Blick von Nordosten, 2015.

Abb. 1. Roidin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Wassermühle Blick von Nordosten, 2015.

Abb. 1. Roidin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Wassermühle Blick von Nordosten, 2015.

Die Kulturlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns wird nicht nur von Gutsanlagen sondern auch von den Mühlen sehr geprägt. Nicht zuletzt deshalb sind in unserem Bundesland 217 Mühlen unterschiedlicher Bauform als Denkmale erkannt und geschützt, die maßgeblich durch ihre Antriebsart, nämlich Wind, Wasser, Dampf oder Elektrizität bestimmt werden.

Mit 89 machen die Windmühlen den Hauptanteil der denkmalgeschützten Mühlen aus, gefolgt von 76 Wassermühlen. Bei den übrigen handelt es sich vorwiegend um Motor- oder Dampfmühlen, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen oder jünger sind.

Im Unterschied zu den Windmühlen, die wegen ihrer turmartigen Bauform, den großen Flügelkreuzen, ihrer Lage zumeist auf einer Anhöhe und außerhalb eines Siedlungskerns sehr raumwirksam und somit besonders kulturraum- oder ortsbildprägend sind, fallen Wassermühlen nicht so dezidiert ins Auge, besonders weil ihre äußere Gestalt in der Regel dem herkömmlichen Hausbau entspringt und sie deshalb nicht gleich als ein technisches Bauwerk vergangener Zeit zu erkennen sind.

Wie bei den Windmühlen, die bestmögliche Windverhältnisse benötigten, war die Lage von Wassermühlen wesentlich von den Standortverhältnissen abhängig, hauptsächlich davon, dass ausreichend Wasser und somit Wasserkraft für den Antrieb der Wasserräder zur Verfügung stand.

Deshalb steht die Wassermühle Roidin (Lkr. Mecklenburgische Seenplatte), die hier vorgestellt werden soll, nicht inmitten der Siedlung Roidin, sondern in Einzellage an einem Wasserlauf circa 600 m östlich des heute als Ortsteil zu Utzedel gehörigen Ortskerns (Abb. 1-2).

Die Wassermühle gehörte bis 1945 zum Gut Roidin und wurde verpachtet. Ihre Existenz am heutigen Ort ist archivalisch seit 1735 belegt. Aus den Quellen geht außerdem hervor, dass die Mühle spätestens seit den 1770er Jahren nicht nur der Herstellung von Mehl und Schrot, sondern auch der Herstellung von Pflanzenöl diente, sie also Getreide- und zugleich Ölmühle war.1

Tatsächlich handelt es sich bei der Wassermühle Roidin um ein Mühlengehöft, bestehend aus dem Mühlengebäude aus der Zeit um 1800, das im Kern möglicherweise älter ist und in dem Wohn- und Mühlenfunktion unter einem Dach vereint waren, einem um 1900 errichteten Kleinviehstall, einem Scheunengebäude aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zwei Mühlenteichen, einem einstigen Mühlenkanal und einem Obstgarten.

Die Nebengebäude sind zwar jünger, hatten jedoch Vorgängerbauten, wie die preußische Landesaufnahme aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt. An der Hofanlage mit obstbaumbestandenem Grundstück lässt sich also trotz ihres gewachsenen Zustands sehr schön ablesen, dass der Müller nicht ausschließlich die Mühle betrieb, sondern im Nebenerwerb, mindestens für den Eigenbedarf, auch die Landwirtschaft.

Um 1930 wurde die Wassermühle auf Turbinenbetrieb umgerüstet und die Wasserräder wurden später abgebaut. Bis circa 1965 war die Wassermühle in Betrieb. Danach nutzte sie einige Jahre das Forstamt und von 1971 bis 2015 diente das Mühlengebäude als Wohnung.

Das Mühlengebäude wurde als Fachwerkbau mit Ziegelausfachung und Krüppelwalmdach errichtet. Relativ breite Sparrenabstände lassen vermuten, dass das Gebäude ursprünglich reetgedeckt war. Wann das mutmaßliche Weichdach durch eine Biberschwanzkronendeckung ersetzt wurde, ist nicht belegt. Vielleicht erfolgte die Dachneueindeckung zusammen mit der umfassenden Sanierung des Wohnteils im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, als das Fachwerk der straßenseitigen Giebelseite und der südwestlich anschließenden Traufseite durch massives Mauerwerk ersetzt wurde (Abb. 3-5).

Trotz der bereits langjährig geänderten Nutzung haben einige technische Komponenten der Mühlennutzung überdauert, zum Beispiel Transmissionswellen, je eine im Mühlenkeller und Mahlboden, teils Schütttrichter oder Überreste der mechanischen Förderanlagen, hier Reste des Gurtbecherwerks und Förderschnecken (Abb. 6).

Nordöstlich des Hauptgebäudes liegt das Stallgebäude, ein langgestrecktes, zurück gesetzt und parallel zur Straße ausgerichtetes, eingeschossiges, schlichtes Gebäude in Sichtziegelbauweise. Das ursprünglich wohl biberschwanzgedeckte Dach erhielt vor 1989 eine Betonsteineindeckung (Abb. 1).

Weiter nordöstlich schließt die Scheune den U-förmigen Mühlenhof ab, die als holzverschalte Fachwerkkonstruktion mit teilweise massivem Unterbau in Sichtziegelmauerwerk konstruiert ist (Abb. 7).

Obwohl die Mühle kontinuierlich genutzt wurde, erfolgte in den zurückliegenden Jahrzehnten keine ausreichende Sicherung und Pflege der Gebäude, deren Bauzustand 2015 desolat war.

Durch das teils undichte, teils offene Dach drang in das Mühlengebäude über viele Jahre Feuchtigkeit ein und verursachte die entsprechenden dramatischen Folgen: Die Fachwerkkonstruktion der Außenwände des Mühlenteils, besonders am Südostgiebel und an der nordöstlich anschließenden Traufseite lag weitgehend offen und war zum Teil bereits abgängig. Auch war das Feldsteinmauerwerk des Mühlenkellers stark ausgespült, so dass ein Teileinsturz drohte. Die Deckenbalken, vor allem der Kellerebene waren umfassend geschädigt. Und auch für das Dach bestand dringender Sicherungs- und Sanierungsbedarf (Abb. 3, Abb. 8-9). Reparatur-, also Instandsetzungsarbeiten waren bei diesem Zustand nicht mehr zielführend, sondern nur noch eine grundhafte Sanierung konnte den Erhalt des Denkmals sichern.

Es ist deshalb ein Glücksfall, dass die Mühle einen Eigentümer fand, der ihren sozialen und kulturellen Wert für die Menschen vor Ort, für die Region und darüber hinaus erkannte und dessen Arbeitsfeld unter anderem in der Jugendarbeit liegt.

Die begrenzten finanziellen Möglichkeiten waren kein Hinderungsgrund, die Herausforderung und Verantwortung anzunehmen, die die Sicherung, Sanierung und Umnutzung des Denkmals mit sich bringt.

Ganz im Sinne des Denkmalschutzes hat er zum Ziel, das Mühlengebäude möglichst authentisch zu erhalten und öffentlich zugänglich zu machen. Ein offenes Haus ist geplant, ein Begegnungszentrum für Jung und Alt, das außerdem der Jugendarbeit und als einfaches und preiswertes Übernachtungsangebot für Kleingruppen dienen soll.

Der Weg dahin ist als soziales und kulturelles Projekt gestaltet: Unterstützt durch Jugendliche und Freunde erfolgten in Workcamps schon weit im Vorfeld einer fachgerechten Sanierung umfängliche Beräumungs- und Freilegungsarbeiten sowie temporäre Sicherungen wie das behelfsmäßige Schließen offener Dachbereiche.

Das Vorhaben und Konzept waren so überzeugend, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 2018 eine Spendenaktion zur Rettung der Wassermühle Roidin initiierte (https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2018/5/Roidin-Wassermuehle.php ).

Parallel dazu wurde auch bei der Landesdenkmalpflege ein Förderantrag für die Sicherung des Denkmals gestellt, der wegen der besonderen Dringlichkeit eine hohe Priorität erhielt.

Viele Bürgerinnen und Bürger folgten dem Spendenaufruf der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die Spendensumme, die als Drittmittel die Eigenmittel des Eigentümers ergänzte, machte es möglich, dass auch die Landesdenkmalpflege ihren Förderanteil erhöhen konnte. Die ursprünglich zur Förderung beantragten Maßnahmen, nämlich die Sicherung, Reparatur und teils Wiederherstellung der Fachwerkaußenwände sowie die Sanierung und Stabilisierung des Kellermauerwerks und der Gründung im Mühlenteil konnten nun um die ebenfalls sehr dringliche Sanierung und Umdeckung des Dachs erweitert werden, die, wie die anderen Maßnahmen auch, sehr denkmalgerecht ausgeführt wurden (Abb. 10-13).

Im August 2021 konnten die Maßnahmen abgeschlossen werden.

Um auf Dauer Leben in die Mühle zu bringen, sind als nächstes der denkmalgerechte Innenausbau und die Sanierung der Fenster und Türen geplant.

Große Sorgenkinder sind außerdem der Kleinviehstall, der mittlerweile weitgehend eingestürzt ist, und die Scheune, die aus nachvollziehbaren Gründen hinter dem Mühlengebäude als Kern der Anlage zurückstehen mussten.

Gleichwohl ist mit der Grundsicherung des Mühlengebäudes ein großer Schritt getan, unterstützt von beeindruckendem bürgerschaftlichem Engagement, dem unser Dank gilt.

Annette Krug


1 Bardua, Sven: Gutachten zum Bestand, zur Funktion und zur technikgeschichtlichen Bedeutung der Wassermühle Roidin, Hamburg 2015, S. 3, in: Archivakte LAKD.

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