Die komplexe Welt der Zollkontingente

Der Import für Industriegüter (Kap. 25 bis 97 des Zolltarifs) ist in der Schweiz weitgehend liberalisiert. Insbesondere für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Kap. 1 bis 24) gibt es zum Schutz der eigenen Landwirtschaft teilweise sehr hohe Zölle. Da die Schweiz auf Importe angewiesen ist, gibt es teilweise Zollkontingente für bestimmte Mengen zu günstigeren Zollansätzen. Dabei verfolgt die Schweiz einerseits das Ziel, dass genügend Ware vorhanden ist, andererseits soll die eigene landwirtschaftliche Produktion möglichst vollständig vermarktet werden können.

Es wird unterschieden zwischen individuellen Zuteilungen des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) und den Sammelkontingenten des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). Bei Letzteren handelt es sich um präferenzielle Zollkontingente (aus Staaten mit Freihandelsabkommen) und Globalkontingente.

Die Einfuhr muss über die Verzollungsapplikation e-dec Import erfolgen. Die Verzollungen werden über das elektronische System e-quota verwaltet. Ist ein Kontingent ausgeschöpft oder hat der Importeur nicht genügend individuelle Kontingente, wird die Verzollung vom System zurückgewiesen.

Der aktuelle Ausschöpfungsstand der pfäferenziellen Zollkontingente und Globalkontingente kann online abgefragt werden: Stand der Kontingente (douane.swiss)

Die individuellen Zuteilungen müssen durch den Importeur selbst überwacht werden. Hat der Importeur zu wenig Kontingent, kann der Zollagent die Verzollung nicht durchführen. Die Verzollung wird zurückgewiesen – allerdings ohne die Angabe, um wie viel das Kontingent überzogen wurde. Mehrmengen müssen gegebenenfalls zum sog. Ausserkontingentszollansatz (AKZA) verzollt werden. Diese Ansätze sind zum Teil extrem hoch (z.B. Fleisch oder Kartoffeln).

Für den Import von vielen landwirtschaftlichen Produkten wird eine Generaleinfuhrbewilligung (GEB) des BLW benötigt. Der Importeur muss diese Nummer seinem Zollagenten mitteilen, damit dieser überhaupt entsprechende Produkte verzollen kann.

Je nach Produkteart gibt es verschiedene Zuteilungsverfahren von Zollkontingenten: Versteigerung (Die Kontingentsmenge wird ausgehend vom höchsten Gebot in abnehmender Reigenfolge verteilt), Marktanteil (Verteilung nach importierten Mengen in den vergangen Jahren oder auch durch die Übernahme inländischer Produkte) und Windhundverfahren (Das Kontingent steht allen offen und wird nach Übermittlungszeitpunkt zugeteilt).

Bei gut lagerbaren Gütern (z.B. Öle, Reis, Brotgetreide, Erdölprodukten, Futtermittel, usw.) gibt es sog. Pflichtlager. Verantwortlich für die Durchführung ist die réservesuisse. Die Einfuhr ist nur mit einer GEB-Nr. der réservesuisse möglich und verpflichtet die Importeure einen gewissen Pflichtlagerteil anzulegen.

Für uns als Zollagent ist vor allem das Windhundverfahren herausfordernd. Die Kontingente werden jeweils unmittelbar nach Mitternacht freigeschaltet. Wenn die freigeschaltete Kontingentsmenge den Bedarf nicht abdeckt, verlangen die Importeure eine Verzollung um Mitternacht. Insbesondere bei grossen Mengen (z.B. bei Brotgetreide ab OZL) geht es um sehr viel Geld. Da die Deklarationen auf Fehler fallen können, verlässt sich der Importeur nicht auf zeitgesteuerte Übermittlungen und verlangt eine zeitnahe Überprüfung der Verzollungen um Mitternacht durch den Zollagenten. Aufgrund der schlechten Getreideernte im Jahr 2021 reichte das Kontingent mehrmals nicht aus. Bereits wenige Sekunden nach Mitternacht war das Kontingent von 20'000 Tonnen aufgebraucht und viele Verzollungsanträge wurden zurückgewiesen. Die Ware kann dann erst nach einer erneuten Kontingentsöffnung verzollt werden, was manchmal mehrere Monate dauern kann.

Ebenfalls sehr zeitkritisch sind die Kontingente bei frischem Gemüse und Obst. Ausserhalb der Saison in der Schweiz (sog. nicht bewirtschaftete Periode) sind die meisten Importe relativ einfach möglich. Während der Ernte (sog. bewirtschaftete Periode) werden die Kontingente fast täglich freigeschaltet. Dabei ist die korrekte Tarifierung von grösster Bedeutung, da z.B. für die eine Salatsorte ein genügend grosses Kontingent freigeschaltet wird und bei einer anderen Sorte kann es sein, dass das Kontingent dann nicht ausreicht, was zu enormen Zollkosten führen kann. Auch an die Transportlogistik stellt diese Kontingentierung entsprechend hohe Ansprüche. 

Wie Sie den Ausführungen entnehmen können, ist das Thema äusserst komplex. Gerne helfen wir Ihnen bei der Tarifierung Ihrer Güter. Melden Sie sich via Kontaktformular bei uns, sollten Sie bei diesem Thema fachkompetente Unterstützung brauchen.

 

Text: Heinz Hirt & Eloy van der Sman