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Der Taxifahrer, der einen Enkeltrick vereitelte

Matthias Rückert kümmerte sich, als eine Seniorin verzweifelt war – dadurch verhinderte er, dass die alte Dame auf eine Betrügerin hereinfiel. Foto: t&w

Matthias Rückert kümmerte sich, als eine Seniorin verzweifelt war – dadurch verhinderte er, dass die alte Dame auf eine Betrügerin hereinfiel. Foto: t&w

Lüneburg. Als der Auftrag über die Taxen-Zentrale eingeht, klingt er für Matthias Rückert zunächst nach Routine. Eine ältere Dame möchte zur Bank gefahren werden, sie braucht Hilfe beim Weg zum Wagen, also bitte an der Haustür im Stadtteil Oedeme klingeln. Der 54-Jährige, der für das Behr Fuhrunternehmen in Deutsch Evern unterwegs ist, hat viele ältere Stammkunden, die gezielt ihn als Fahrer wünschen. Doch dieser Morgen sollte innerhalb weniger Minuten eine so dramatische Wendung nehmen, dass er anschließend sogar die Polizei beschäftigt. Und Rückert wird nach einer Stunde wieder in sein Taxi steigen, ohne nur einen Cent verdient zu haben. Und trotzdem wird er froh und zufrieden mit sich sein.

Dass etwas nicht stimmt mit der Seniorin, merkt der Taxifahrer schon an der Haustür. „Sie war völlig aufgelöst, sagte es sei alles so stressig und verwirrend“, schildert Rückert. Warum sie denn ein Taxi gerufen habe, will er wissen. Und die Antwort macht ihn stutzig: Das sei doch gar nicht sie selbst gewesen, sondern ihre Enkelin. Die brauche dringend Geld, sonst werde sie aus dem Haus geworfen. Sie müsse 10.000 Euro haben.

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„Aber wer soll es denn sonst sein?“

Eine vermeintliche Enkelin, die bei einer Seniorin anruft und sie auffordert, schnellstens Bargeld abzuheben und die dann auch noch so dreist ist, für die alte Frau das Taxi zu bestellen – bei Rückert klingeln alle Alarmglocken. „Wir setzen uns jetzt erstmal hin, und sie erzählen mir die ganze Geschichte“, schlägt er der Kundin vor. Ob sie denn überhaupt sicher sei, dass es sich bei der Anruferin um ihre Enkelin gehandelt habe? Schließlich seien 10.000 Euro ja auch viel Geld.

Nein, sicher sei sie sich nicht, sagt die Mitte 80-Jährige, „aber wer soll es denn sonst sein?“ Sie habe schon versucht, ihre Tochter und ihren Enkel anzurufen, aber die seien beide nicht rangegangen. Und überhaupt, die Zeit dränge doch. Den Begriff Enkeltrick hat die alte Dame noch nie gehört.

Der Taxifahrer überlegt, sofort die Polizei einzuschalten und der Täterin vielleicht eine Falle zu stellen, doch da klingelt das Telefon. Am anderen Ende ist die vermeintliche Enkelin. Die Seniorin stellt den Lautsprecher ein, damit Matthias Rückert das Gespräch verfolgen kann. „Oma, hast du das Geld schon geholt?“ Als die alte Dame verneint, wird die Anruferin laut. Ob sie denn nicht kapiert habe, wie dringend sie das Geld brauche...

Anruferin rastet aus

Rückert übernimmt den Hörer, fragt, wer denn da am Telefon sei. „Sie schnauzte mich an, dass mich das gar nichts angehe, sie würde wieder Oma sprechen wollen.“ Der 54-Jährige fordert sie auf, „hierherzukommen, dann können wir das klären“. Bis dahin werde er die Oedemerin nirgendwo hinfahren. Die Anruferin rastet daraufhin aus, pöbelt über „die dumme Alte“ und legt auf.

„Die Kundin war dann völlig aufgelöst und hat sich pausenlos bedankt, weil sie mittlerweile dann auch dachte, dass sie die Frau wohl doch nicht kennt“, schildert der Taxifahrer. Eine halbe Stunde später kommen dann die Tochter und ein „echter“ Enkel. Sie informieren die Polizei. „Am Nachmittag hat mich dann noch ein Beamter angerufen und sich bedankt, die Betrügerin hatte es bei noch drei weiteren Senioren versucht“, so Rückert.

Von dem Vorgang oder der alten Dame hat er nie wieder etwas gehört. Was bleibt, ist das gute Gefühl, einen Betrug verhindert zu haben. „Es war für mich selbstverständlich, mich um die Frau zu kümmern und sie nicht einfach zur Bank zu fahren“, sagt der Taxifahrer.

LZ

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