Ein ungewöhnlicher Werdegang hat die ostdeutsche Managerin an die Spitze der Westenergie AG gebracht: Aufgewachsen in einer politisch orientierten Familie, ist Reiche bereits bald nach dem Studienabschluss zur Diplom-Chemikerin in den deutschen Bundestag eingezogen. Aufgestellt für die CDU, holte sie 1998 ein Direktmandat im Wahlkreis Potsdam. Als stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion war sie zuständig für Bildungs- und Forschungspolitik sowie die Bereiche Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Im gleichnamigen Bundesministerium war sie über vier Jahre zudem als parlamentarische Staatssekretärin tätig. Weitere zwei Jahre hatte sie diese Position im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur inne, bevor sie als Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen erfolgreich den Schritt in die Wirtschaft machte.
Seit Januar 2020 führt Reiche als Vorsitzende des Vorstands die Westenergie AG und ist seit Juni 2020 Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrats der Bundesregierung. In den ersten Monaten als Vorstandschefin ging es zunächst darum, den neuen Energiedienstleister Westenergie an den Markt zu bringen, der aus den Netzaktivitäten von Innogy hervorgegangen ist, die Eon von RWE übernommen hatte. Bei der Integration beider Gruppen standen kulturelle Themen oftmals im Vordergrund. "Es ging darum, das Beste aus zwei Welten zusammenzuführen." Ihr Rezept, um ein Gefühl für die Mitarbeiter und ihre Aufgaben zu bekommen, ist vermeintlich einfach: "Zuhören!", betont sie. Jemand Neues im Unternehmen solle "nicht so tun, als wisse er schon alles". Dabei bringt Reiche selbst 20 Jahre Erfahrung aus der Energiepolitik in ihre Vorstandsposition mit.
Gänzlich neu war für sie allerdings das Ausmaß wetterbedingter Katastrophen, infolge derer sie sogleich als Krisenmanagerin gefordert war. So ist die Westenergie von mehreren Unwettern inklusive der jüngsten Flutkatastrophe schwer getroffen. Ein Grund mehr für Reiche, sich dem Klimawandel entgegen zu stemmen.