Karsten Dusse / Achtsam morden

Björn Diemel ist Strafverteidiger in einer grossen Kanzlei, welche ihn nicht zum Partner gemacht hat, was eventuell damit zusammenhängen könnte, dass er jeweils die gelinde ausgedrückt eher zwielichtigen Fälle vertreten hat. Sein Mandant Dragan Sergowicz ist ein grosser Drogenboss und Waffenhändler und ein Menschenleben stellt in seinem brutalen Business keinen wichtigen Wert dar. Dragans zahlreiche Scheinfirmen und Geschäftszweige, welche oft der Geldwäscherei dienen, können einen Verteidiger wie Björn brauchen und dieser ist gut und verdient gut an Dragan, da entsteht schon eine gewisse vertraute Bindung zwischen Mandant und Verteidiger. Allerdings hat Björns Frau Katharina ihre liebe Mühe mit der ganzen Situation, sie stellt jetzt gar die Ehe infrage, was Björn mehr als nur versteht, doch das würde er nie laut aussprechen, denn es gibt etwas, das er wirklich inniglich und über alles liebt, seine kleine Tochter Emily. Darum und nur darum lässt sich Björn auf Katharinas Bedingungen ein und geht auf ihren Befehl in ein Achsamkeits-Seminar. Joschka Breitner stellt sich dann sogar als humorvoller Therapeut heraus und dass zum teueren Seminar auch sein Werk, das Buch: Entschleunigt auf der Überholspur – Achtsamkeit für Führungskräfte abgegeben wird, versteht sich ja wohl von selbst. Auf jeden Fall wird dieses Werk und die Achtsamkeit tatsächlich zur neuen Lebensphilosophie Björn Diemels und rettet ihn aus jeglicher doch recht anspruchsvollen Situation. Gerade als er eine Zeitinsel, ein Wochenende nur mit seiner Tochter im edlen Haus am See verbringen will, welches nebenbei gesagt Dragan gehört, da bricht dieser jäh in seine heilige Zeit mit Emily ein. Dragan hat aber auch ein echtes Problem, er hat sich gehen lassen, da er sich provoziert fühlte, die Reviergrenzen durch seinen grossen Gegner überschritten sah, ja da kann man schon mal sauer werden. Dumm nur, hat er den hohen Kurier des Gegners nicht nur angezündet nachts auf einer dunklen Raststätte, nein, er schlug ihn auch noch in Rage, wie er war mit einer Eisenstange tot. Eigentlich kein seltenes Prozedere. Doof war nur, dass er den Bus voller Schüler nicht bemerkte, welcher herangefahren war und alle die Kinder, welche auch alle teure Geräte mit 1 A Kameras haben, die nun diese spektakuläre Gewalttat filmten und in bester Qualität ins Netz stellten, welche klar und deutlich Dragans Verbrechervisage aller Welt zeigte. Björn erkannte das Problem, als er sich genervt im Untergrund des Kanzleigebäudes heimlich mit Dragan traf, was seinen Unmut schon aufflackern liess. Emily malte Stühle an, während Björn erkennen musste, dass mit Dragan wie immer nicht zu spassen war. Dragan verlangte von Björn Fluchthilfe, die Polizei stand schon vor der Kanzlei. Emma, auch wenn er ja Kinder liebe, beteuerte Dragan wie immer, die gehe ihm jetzt gerade am Arsch vorbei. Dragans Fehler war sicherlich, den Namen der geliebten Tochter seines Verteidigers nicht zu kennen und die neue Achtsamkeit, welche Björn konsequent anwendete zu unterschätzen. Dragan lag im Kofferraum, als die zuckersüsse Emily den Polizisten anlächelte, der Björn nach einem achtsamen Gespräch fahren gelassen hat. Björn fuhr nämlich an diesem heissen Sommertag an den herrlichen See mit seiner Tochter, er konzentrierte sich völlig auf sein Kind und genoss das Wochenende achtsam in vollen Zügen. Den süsslich ekligen Geruch, welchen Emily bei der Rückfahrt zu ihrer Mutter im Wagen feststellte, den konnte man gut wegbekommen, wenn man die Fenster öffnete und einfach den Fahrtwind genoss. Björn erklärte ihr, das sei die Arbeit im Kofferraum, welche er dann später achtsam und gekonnt mithilfe diverser wertvoller Sachen wie etwa einem leistungsstarken Häcksler erledigte. Björn sah sich nun schon vor ein paar kleinen Problemen stehen, etwa ein Drogensyndikat führen, welches im Streit mit einem andern liegt, oder aber auch einen Kindergartenplatz für Emily finden, aber die würde er lösen, eines nach dem anderen, nach allen Regeln der Achtsamkeit.

Fazit: Hinreissender Galgenhumor, herrliche Mordlust!
Karsten Dusse ist Rechtsanwalt und ein mehrfach ausgezeichneter Autor verschiedener Fernsehformate, Deutschem Fernseh- und Comedypreis. Ich habe ihn bislang verpasst und bin nun total begeistert von seinem ersten Roman. Achtsam Morden ist einerseits eine echt brutale, total spannende Mafiosogeschichte, aber im irrsinnig komischen Sound des Autors erzählt, lässt sie uns von Lachanfall zu Lachanfall schaudernd weiterlesen und berührt uns zugleich sonderbar. Im Ernst, diese Achtsamkeit im Alltag, die hat etwas, an jedem Kapitelanfang steht eine unumstössliche Weisheit aus der Achtsamkeitslehre, aber ich kann das gar nicht weiter beschreiben, diese Buch ist eine Klasse für sich. Böse, richtig böse ist dieses Buch und dabei gut, so unbeschreiblich gut. Ein ganz heisser Lesetipp!

Meine Wertung: 9/10

Karsten Dusse / Achtsam morden
Verlag: Heyne, Seiten: 413

Manuela Hofstätter

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