Neuer EU-Leitfaden: Sanktionsumgehungen erkennen und vermeiden

Gemäß einer Umfrage der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA zeigen viele Unternehmen Defizite im Bereich des Sanktions-Risikomanagements und der Customer Due Diligence. Gleichzeitig hat die EU neue Erwartungen hinsichtlich der Due-Diligence-Anforderungen an Unternehmen im Hinblick auf Sanktionsrisiken formuliert. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, welche in Russland und Belarus tätig sind. 

Compliance-Mängel bei Unternehmen im Umgang mit Sanktionen

Die FCA hat kürzlich die Ergebnisse ihrer Umfrage zur Sicherstellung der Einhaltung internationaler Sanktionen durch Unternehmen veröffentlicht.1 Die Antworten von mehr als 90 befragten Unternehmen haben einige gemeinsame Schwachstellen aufgedeckt:

  • Mangelnde Ressourcen: Einige Unternehmen stellen nicht ausreichend Ressourcen für eine effektive Sanktionsprüfung zur Verfügung. Unternehmen wird empfohlen, in Technologien zu investieren, die erkennen können, wenn Drittparteien auf Sanktionslisten stehen.
  • Unwirksame Sanktionsprüfung: Die Instrumente zur Sanktionsprüfung können mangelhaft kalibriert oder nicht maßgenau sein. Die FCA stellte fest, dass viele Unternehmen Systeme von Drittanbietern zu Hilfe nehmen. Dabei müssen die Unternehmen sich aber auch der Risiken bewusst sein und auf etwaige Probleme adäquat reagieren.
  • Schwächen in der Due Diligence: Die Verfahren im Bereich der Customer Due Diligence (CDD) und Know-Your-Customer (KYC) sind häufig unzureichend. Die FCA berichtete von Fällen mit unzulänglichen CDD- und KYC-Bewertungen sowie Verzögerungen in diesem Bereich.
  • Nachholbedarf bei der Berichterstattung: Viele Unternehmen benötigen zu viel Zeit, um mutmaßliche Verstöße gegen Sanktionen nach ihrer Entdeckung zu melden. Dies hat sich insbesondere seit der Verhängung von Sanktionen gegen Russland als problematisch erwiesen.

EU veröffentlicht Leitfaden zur Verhinderung von Sanktions­umgehungen

Die Bemühungen zur Umgehung der EU-Sanktionen gegenüber Russland nehmen zu. Laut der Europäische Kommission wird dieser Prozess zunehmend komplizierter und undurchsichtiger. Ein im September veröffentlichter Leitfaden bietet Unterstützung bei der Umsetzung der Sorgfaltsprüfung und soll europäische Unternehmen dabei helfen, eine Umgehung der Sanktionen gegenüber Russland besser zu erkennen und so zu vermeiden. Die Veröffentlichung erfolgte als Reaktion auf die kürzlich verhängten Sanktionen gegen Russland und Belarus, welche nach Auffassung der EU-Kommission ein "erhöhtes Risiko" für Unternehmen darstellen, gegen Sanktionen zu verstoßen.2

Der Leitfaden für Unternehmen enthält Informationen zu folgenden Themen:

  • Risikobasierte Due Diligence: Unternehmen mit höheren Risiken erhalten spezifische Leitlinien zur Umsetzung einer verstärkten Sorgfaltspflicht. Diese bieten bewährte Verfahren für die Bewertung von Geschäftspartnern, Transaktionen und Waren. 
  • Drittparteirisiko berücksichtigen: Gemäß EU-Recht müssen Unternehmen bei Handel mit Drittländern eine umfassende Sorgfaltsprüfung durchführen. Der Leitfaden skizziert die notwendigen Schritte für strategische Risikobewertungen, um sicherzustellen, dass Geschäftspartner EU-Sanktionen nicht umgehen.
  • "Red Flags" im Blick: Unternehmen sollten auf Warnzeichen für erhöhte Sanktionsrisiken achten wie die Beteiligung von Zwischenhändlern und Briefkastenfirmen an fragwürdigen Transaktionen, der Veränderungen von Besitzstrukturen oder beim letztendlichen wirtschaftlich Berechtigten kurz vor oder nach der Verhängung von Sanktionen. Ein weiterer von der EU-Kommission genannter Indikator ist die Umleitung von Waren durch Länder, die für die Umgehung von Sanktionen bekannt sind. Dies unterstreicht die Wichtigkeit eines Due-Diligence-Verfahrens, das weltweit erhobene Daten einbezieht.

Wie sollten Unternehmen mit Sanktions­risiken umgehen?

Diese Schritte verdeutlichen, dass das Sanktionsrisiko seit dem Beginn des Konflikts in der Ukraine gestiegen ist. Es wäre ratsam für Unternehmen egal ob innerhalb oder außerdem des Vereinigten Königreichs –, die Ergebnisse der FCA-Umfrage ernst zu nehmen und Defizite aufzu­arbeiten. Viele Unternehmen sind nicht gut genug auf die Erkennung und den Umgang mit Sanktionsverstößen vorbereitet und dadurch Finanz-, Rechts-, Rufs- und Strategierisiken ausgesetzt.

Die FCA-Direktorin Sarah Pritchard gab bei der Präsentation der Umfrageergebnisse auf dem Financial Crime Summit in London Ratschläge für Unternehmen: Sie betonte, dass es nicht ausreicht, Compliance nur "abzuhaken". Frühzeitiges Handeln könne Millionen an Bußgeldern und den Ruf von Unternehmen retten.

Die FCA und die EU-Kommission geben gemeinsame Empfehlungen zur Minimierung der steigenden Sanktionsrisiken für Unternehmen ab. Gemäß den Ratschlägen der FCA sollten Unternehmen auf eine risikobasierte Compliance setzen, indem sie sich ihrer individuellen Risikostufe bewusst sind und entsprechend darauf reagieren. Die EU-Kommission empfiehlt Unternehmen, die Sanktionsrisiken von Dritten zu überprüfen und verstärkte Due-Diligence-Maßnahmen bei erhöhtem Risiko zu ergreifen.

So schützen Sie Ihr Unternehmen

Ein risikobasiertes Screening von Sanktionen erfordert, dass Unternehmen auf zuverlässige, vertrauenswürdige und umfassende Daten zu Sanktionsrisiken zugreifen können, einschließlich:

  • Listen von Wirtschaftssanktionen auf (inter-)nationaler Ebene, einschließlich UN-Sanktionen.
  • Daten über die internationale Medienberichterstattung, die Aufschluss über Länder und Organisationen mit einem höheren Risiko bezüglich Sanktionsverstößen geben.
  • Eine Liste der Drittparteien, die in Verbindung mit einem Unternehmen stehen.

Für ein Compliance-Team stellt die Schaffung einer Datenbank mit diesen Informationen eine äußerst herausfordernde Aufgabe dar, da eine manuelle Suche in Datenbanken sehr zeitaufwändig wäre. Stattdessen könnten Technologieplattformen verwendet werden, um Unternehmensnamen mit umfangreichen und regelmäßig aktualisierten Datensätzen abzugleichen, wodurch Veränderungen im Sanktionsrisiko effizient erfasst werden können.

Nächste Schritte: 

  1. Laden Sie sich den Leitfaden zur Verhinderung von Sanktionsumgehungen kostenlos herunter.
  2. Ist Ihr aktuelles Verfahren zur Einhaltung von Sanktionen allen Anforderungen gewachsen? Erfahren Sie, wie Nexis Diligence+™ Unternehmen dabei hilft, immer auf dem neuesten Stand über sich ändernde Sanktionen zu bleiben.

Sanctions systems and controls: firms’ response to increased sanctions due to Russia’s invasion of Ukraine, fca.org.uk, 06.09.2023
Guidance for EU operators: implementing enhanced due diligence to shield against Russia sanctions circumvention, finance.ec.europa.eu, 2023

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