Aus Linux-Magazin 02/2018

Ach Mensch, eine Maschine

Jan Kleinert, Chefredakteur

“Trester leeren”, wies mich eine meiner früheren Kaffeemaschinen öfter an, als mir lieb war. Ihr barscher Tonfall war wohl den Beschränkungen des einzeiligen Displays geschuldet. Um dem angeblichen Vollautomaten keinen Vorwand für einen Streik zu geben, kam ich bis zu ihrer Pensionierung vor zwei Jahren stets der Aufforderung nach. Mit Trester meinte die Holde gepresste Kaffeesatz-Stücke, die sie in einem Behälter sammelte. War dieses Maß voll, wurde die Maschine auf die beschriebene Art fordernd.

Ich bleibe beim Thema: Mit jedem Jahresbeginn erreicht die Brunst der Aufs-kommende-Jahr-Ausblicker ihren Höhepunkt, so auch in der Kaffeesatz-Lese-Saison 2017/18. Die Firma Dell soll hier als frisch gebrühtes Beispiel dienen, die das neue Jahr ganz im Zeichen der Annäherung von Mensch und Maschine sieht.

Gleich acht große Punkte sieht der IT-Riese kommen: KI-Systeme im Unternehmen sind dabei, Machine Learning bei Kundenbeziehungen oder Virtual Reality, die die Entscheidungsqualität bei Bewerbungsgesprächen verbessert. Public und Private Clouds werden zu einer Megawolke verschmelzen, E-Sport Mainstream und IT-Security viel wichtiger. Ganz besonders aber die Einbettung von Intelligenz in Objekte wird laut Dellscher Prognose 2018 gigantische Fortschritte machen. Für Unternehmen werde es 2018 möglich, die “physischen und menschlichen Ressourcen automatisiert zu orchestrieren”.

Wer das ein bisschen gruselig findet, sollte Dinko Eror, Senior Vice President und Managing Director bei Dell EMC Deutschland, trotzdem zuhören. Er trägt sicherlich ein Augurenlächeln im Gesicht, wenn er über Menschen und Maschinen sagt: “2018 wird diese Beziehung aber eine ganz neue Ebene erreichen: Mensch und Maschine werden stärker miteinander verflochten sein als jemals zuvor. Das wird alles verändern – von der Art und Weise, wie wir Geschäfte machen bis hin zur Gestaltung von Freizeit und Entertainment.”

Wie erste Ergebnisse der “Zukunftsstudie Homo Digitalis” von den Sendern BR, Arte, ORF sowie dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation andeuten, kann sich Dell diesbezüglich auf ein wachsendes Verbrauchervertrauen stützen. Im Sinne Dells “stärker miteinander verflochten” denn je wären zweifellos die rund 20 Prozent der Deutschen, die laut Studie gerne einmal mit einem Sexroboter schlafen würden.

70 Prozent schlossen dabei aus, sich in einen Hubot zu verlieben, sehen in ihm nur das Fritzbox-konnektierte Nutztier. Darum ist das entstehende Vertrauen gerechtfertigt: 54 Prozent der Befragten würde es nicht oder nur vielleicht stören, wenn ihr Partner Sex mit einem Roboter hätte. Die Akzeptanz von IoT steigt also sogar bei Nicht-Nutzern der Technologie – die eingebette Intelligenz (oft wird es Linux sein) macht’s möglich. Merke: Wenn Dell und Co. die “physischen und menschlichen Ressourcen automatisiert orchestriert”, mag so mancher Orgasmus entstehen, aber keine Eifersucht.

Ich selbst habe ja nie in zukunftsforscherischer Absicht versucht, den gesammelten Kaffeesatz aus dem Trester-Behälter meiner Maschine zu lesen – vielleicht aus Angst vor ihrem barschen Ton. Und dass der Kaffeesatz sofort lieblos im Müll gelandet ist, fand auch meine Partnerin zu mindestens 54 Prozent der Fälle akzeptabel oder hat sie nur vielleicht gestört. Das Jahr 2018, es kann kommen.

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