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Ferienkorridor

Einheitlichere Sommerferien in Deutschland? SH ist dagegen

Urlauber genießen das sommerliche Wetter am Ostseestrand der Insel Rügen.

Urlauber genießen das sommerliche Wetter am Ostseestrand der Insel Rügen.

Kiel. Schleswig-Holsteins Landesregierung sieht keinen aktuellen Handlungsbedarf für eine Änderung der Ferienregelung. „Ein zu enger Ferienkorridor in ganz Deutschland könnte negative Auswirkungen auf den für unser Land so wichtigen Tourismus haben, wenn die Saison dadurch deutlich kürzer würde“, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Kiel.

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Die Landesregierung sei aber grundsätzlich offen für Gespräche über die Ferienregelung. „Dabei müssen sowohl die Belange der Schulen als auch des Tourismus aus unserer Sicht beachtet werden.“

Berlin will die Sommerferien einheitlicher machen

Hintergrund: Die Länder Berlin und Hamburg wollen neue Regeln für die Sommerferien in Deutschland einführen. Bei der Kultusministerkonferenz (KMK) am Donnerstag und Freitag in Berlin wollen beide Länder beantragen, die freien Tage künftig zeitlich weniger zu strecken. Generell sollen die Sommerferien demnach erst ab dem 1. Juli beginnen, die unterschiedlichen Termine der Länder enger zusammenrücken und die jährlichen Verschiebungen möglichst gering ausfallen. Ziel sei „mehr Kontinuität“ im Schuljahresablauf, sagte Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres der Deutschen Presse-Agentur.

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„Vor allem Sprünge von einem späten Ferientermin auf einen frühen Ferientermin führen zu einer Verkürzung von Schuljahren“, sagte die SPD-Politikerin. Die derzeit geltende Regelung hat aus ihrer Sicht negative Auswirkungen auf die Lernzeit der Schüler, die Belastung der Lehrkräfte, „schulorganisatorische Prozesse“ sowie auf den Zeitraum bei den Abschlussprüfungen.

Das sagen die anderen Bundesländer

Auch angesichts eines gemeinsamen Pools von Abituraufgaben seien teils erhebliche Schwankungen bei der Länge der Schulhalbjahre nicht mehr zeitgemäß, so Scheeres. „Die Ferien sollten zwischen dem 1. Juli und dem 10. September liegen.“ So könnten sich die Länder besser dem Ziel annähern, ein bundesweit vergleichbares Abitur durchzuführen. Daher bringe Berlin die Vorlage gemeinsam mit Hamburg auf der KMK ein.

Andere Bundesländer reagierten auf dpa-Anfrage zurückhaltend bis ablehnend auf den Vorstoß. Außer Schleswig-Holstein sieht auch Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) keine Vorteile bei der Idee. Die Zahl der Ferientage insgesamt sei einheitlich geregelt. „Natürlich erwarte ich, dass alle Länder eine gewisse Flexibilität an den Tag legen und sie sich nicht nur auf ein Wunschmodell festlegen“, so Tullner. Wichtig für Sachsen-Anhalt sei: „Die zentralen Abiturprüfungszeiträume dürfen nicht durch Alleingänge einzelner Länder in Gefahr geraten.“

NRW: Keine schnelle Entscheidung

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte: „Jedes Gesetz und jede Regelung sollte von Zeit zu Zeit daraufhin überprüft werden, ob es noch sachgerecht und zeitgemäß ist. Das gilt auch für die komplizierte Sommerferienregelung. Aufgrund der langfristigen Festlegung der Ferienpläne wird es jedoch keine schnellen Entscheidungen geben können.“ Damit rechnet auch Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) nicht. Für ihn sei wichtig, dass die Länder sich weiter einvernehmlich abstimmten.

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Bisher haben aus historischen Gründen lediglich Bayern und Baden-Württemberg jedes Jahr weitgehend im gleichen Zeitraum Sommerferien. Bei den übrigen Ländern wechseln die Termine permanent. So beginnen im kommenden Jahr die Sommerferien in Mecklenburg-Vorpommern bereits am 22. Juni und enden am 1. August, in Baden-Württemberg als letztem Bundesland starten sie am 27. Juli und enden am 12. September.

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Kommentar

LN-Redakteur Andreas Hess hat das Thema im Juli 2019 bereits kommentiert. Wir geben seine Meinung noch einmal wieder:

Wir Menschen denken ja oft in Kategorien, weil es die komplizierte Welt einfacher macht. Und manchmal denken wir auch in Vorurteilen – weil es das Urteilen leichter macht. Das ist gefährlich, weil es eben Vorurteile sind. Und dennoch. . .

Wenn wir hier im hohen Norden zum Beispiel über Bayern und seine Bewohner nachdenken, dann fällt uns viel Positives ein. Die starke Wirtschaft, das vermeintlich stets bessere Wetter, die wunderbaren Landschaften, viel gutes Essen – naja, beim Bier ist noch Luft nach oben. Aber es gibt auch durchaus negative Dinge, die einem sofort einfallen. Zum Beispiel das offensiv zur Schau getragene „Mia san mia“, das nicht nur Fans des FC Bayern umweht. Diese Lebenseinstellung zeigt sich zum Beispiel, wenn der dortige Ministerpräsident im Zusammenhang mit der Atom-Endlagersuche einfach mal beschließt, dass es sowas in Bayern nicht geben wird. Und wenn dann der Windstrom aus dem Norden in den Süden der Republik transportiert werden soll, können natürlich überall überirdische Stromautobahnen gebaut werden, aber an der bayerischen Landesgrenze haben die Strippen unter der Erde zu verschwinden. Und die Sommerferien, die haben für die Bayern (und die Baden-Württemberger), bitteschön, immer ganz spät zu liegen. Ende der Diskussion.

Interessanterweise haben die restlichen Bundesländer dieses „Bayern first, außer bei den Sommerferien“ seit Menschengedenken mitgemacht. Die Christsozialen haben es in der Geschichte der Bundesrepublik auf vielen Feldern verstanden, ihre Trümpfe gut auszuspielen. Und wenn der hiesige Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen nun das Ende der – wohl nicht nur von sparsamen Urlaubern so empfundenen – Bevorzugung der Südländer bei den Sommerferien einfordert, ist ihm Applaus von vielen Seiten sicher.

Allein, es wird sich nichts grundsätzlich ändern.

Es gibt einfach zu viele gut begründete Interessen rund um das Thema Sommerferien, die kaum noch entflochten werden können – zumal in einer Republik, in der die 16 Bundesländer mit Kulturhoheit ausgestattet sind. Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang gern an die Diskussion im Jahre 2014, als – übrigens anlässlich der Sommerferienplanung bis 2024 – der bundesweite „Korridor“ der Sommerferien drei (!) Tage kürzer werden sollte als dann später beschlossen. Der Aufschrei der Tourismusindustrie landauf, landab war einhellig, laut – und erfolgreich.

Und im Falle der bayerischen Spätsommerferien müsste man das renitente Bergvölkchen dazu bringen, ihre lang eingeführten Pfingstferien abzuschaffen. Der danach notwendige Abstand zu den großen Ferien ist nämlich der Grund dafür, dass Bayern erst so spät den Sommerurlaub antritt.

Da wird es eher ein gutes bayerisches Bier geben als eine so radikale Änderung der Feriengewohnheiten. Wetten?

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Von RND/dpa

LN

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