HEIDESHEIM – Heidesheim feiert in diesem Frühjahr nicht die Kerb im Garten der Burg Windeck. Eine Woche zuvor lädt der Förderverein Erntedankfest und Brauchtum Heidesheim am Rhein mit dem „Tanz in den Mai“ zu Feierlichkeiten seines 20. Geburtstags in den Schönborner Hof ein. Die Lokale sprach mit Ramona Wilhelm vom Förderverein über das markante Datum. Das Interview, das hier in Auszügen erschient, ist vollständig im Internet unter lokalezeitung.de nachzulesen.

Lokale: Der Förderverein des Heidesheimer Brauchtums ist 20 Jahre alt geworden, wie sehen Sie heute die Wahl, sich vom Gewerbe- und Verkehrsverein Heidesheim zu lösen?

Ramona Wilhelm: Sich vom Gewerbe- und Verkehrsverein zu trennen hatte steuerrechtliche Gründe, weshalb wir den Entscheid begrüßten. Da sich der Vorstand aus dem des Gewerbe- und Verkehrsvereins zusammensetzte, ging kein Know-How über die Durchführung des Erntedankfestes verloren. Die Kräfte wurden gebündelt. Lokale: Wie geht es dem Verein?

Wilhelm: Der Verein steht alles in allem gut dar. Die Mitgliederzahl wächst kontinuierlich – heute haben wir 357 Mitglieder. Wir freuen uns, dass junge Menschen dem Verein beitreten, treu bleiben und ihn unterstützen. Dazu trägt sicher das Ehrenamt der Erntemajestäten bei, bei dem die drei Hoheiten samt den Familien hinter die Kulissen schauen, und sehen, mit welchem Herzblut wir an der Tradition hängen und welchen Aufwand es über das gesamte Jahr verursacht.

Die Kosten steigen kontinuierlich, genau wie die rechtlichen Anforderungen, die wir am Erntedankfest erfüllen müssen. Mit neuen Auflagen für Festumzüge und Richtlinien für Sicherheitsmaßnahmen kostete uns das Erntedankfest im letzten Jahr 40.000 Euro. Von der Stadt Ingelheim bekommen wir – wie auch früher von der Ortsgemeinde Heidesheim – seit Gründung des Vereins einen Zuschuss in Höhe von 15.000 Euro. Die Differenz muss der Verein selbst erwirtschaften oder auf Rücklagen zurückgreifen. Das stellt uns vor große Herausforderungen.

Lokale: Was hat sich seit der Fusion mit Ingelheim verändert?

Wilhelm: Vor der Fusion hat der Förderverein Erntedankfest und Brauchtum das Erntedankfest für die Ortsgemeinde Heidesheim ausgerichtet. Der Verein war mit der Planung und Organisation betraut, Ausrichter war jedoch die Gemeinde. In enger Abstimmung mit den Ortsbürgermeistern und den jeweiligen Abteilungen konnten, auf dem kurzen Dienstweg, die Entwürfe besprochen und Genehmigungen eingeholt werden.

Seitdem hat sich in allen Bereichen einiges geändert. Grundlegend ist unser Förderverein der Hauptausrichter des Erntedankfestes. Wir bündeln als verantwortlicher Verein alle Aktivitäten, auch Veranstaltungen anderer Vereine rund um das Erntedankfest, nehmen alles in das Gesamtkonzept mit auf und kommunizieren dies an die Stadt Ingelheim. Wir sind der Hauptansprechpartner und das Sprachrohr für Ingelheim für alles, was das Erntedankfest betrifft. Diesbezüglich sind wir mit dem Amt für Kultur im engen Austausch.

Seit drei Jahren wird auch ein umfangreiches Sicherheitskonzept für das gesamte Erntedankfest mit allen „Unterveranstaltungen“ benötigt. Dafür gibt es zusätzliche Absprachen mit weiteren Abteilungen wie Ordnungsamt, Polizei, Feuerwehr, Malteser Hilfswerk und so weiter, deren Termine meist am Vormittag stattfinden. Für uns als Ehrenamtliche ist es mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden.

Auch im Hinblick auf die Örtlichkeiten für das Fest hat sich einiges geändert. Für dieses Jahr wurde uns bereits mitgeteilt, dass die S-Kurve (Ecke Binger- und Mainzer Straße) nicht für Musikveranstaltungen gesperrt werden kann. Nur für die Umzüge ist eine Sperrung möglich. Die Markthalle steht uns seit der Fusion auch nicht mehr zur Verfügung. Es fehlt uns eine Alternative für die traditionelle Prämierung der Zugteilnehmer am Montagabend und für weitere Veranstaltungen wie den Frühschoppen am Montagvormittag oder eine Tanzveranstaltung am Samstagabend. Als einzige Aussicht sehen wir in einem großen Zelt – jedoch haben wir bisher keine Zusage der Stadt erhalten, an welchem Platz es stehen dürfte, ebenso ist die endgültige Finanzierung nicht geklärt.

Lokale: Wo würden Sie den Förderverein gerne in zehn Jahren sehen?

Wilhelm: In zehn Jahren hätten wir gerne die magische Grenze von 1.000 Mitgliedern geknackt. Das würde uns – bei einem Jahresbeitrag von zwölf Euro eine solidere finanzielle Basis bieten, die uns unabhängiger agieren lassen würde, vorausgesetzt sind die gleichen Kosten wie heute. Außerdem sehen wir uns weiterhin als Hauptausrichter des Erntedankfestes. Die Strukturen und Abläufe mit der Stadt und allen Abteilungen und Vereinen haben sich eingespielt und das Erntedankfest wird wie gewohnt, gerne mit neuen Aspekten, stattfinden. Auch die Herausforderung des fehlenden Platzes hat sich in zehn Jahren hoffentlich gelöst und uns steht eine – wenn möglich eigene – Festhalle als Veranstaltungsort zur Verfügung.

Darüber hinaus freuen wir uns, jedes Jahr drei junge Frauen für das Amt der Erntemajestäten begeistern zu können. Wenn auch die Bereitschaft für ein Ehrenamt sinkt und es immer schwerer wird, drei Kandidatinnen zu finden. Unser Ziel ist es, die Begeisterung wieder stärker zu wecken, um jährlich ein eigenes Königshaus für Heidesheim zu stellen.

Lokale: Auf der Homepage bietet der Verein Platz für Ankündigungen anderer Vereine aus Heidesheim, wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Wilhelm: Heidesheim zeichnet sich durch einen guten Zusammenhalt der Vereine aus. Gerade für das Erntedankfest – Heidesheims größtes Fest – ist es wichtig, dass sich weitere Vereine beteiligen, um das gesamte Festwochenende mit einem bunten Programm zu füllen. Wir freuen uns über jede Beteiligung. Andersherum freut es uns auch sehr, dass das Erntekönigshaus von vielen Vereinen zu deren eigenen Veranstaltungen über das Jahr hinweg eingeladen wird.

Lokale: Auch in den Sozialen Medien ist der Förderverein sehr präsent, wie transformiert man das Element des Brauchtums für die Zukunft?

Wilhelm: Wir verstehen Brauchtum als Festhalten an der Tradition mit gleichzeitiger Überführung in die heutige Zeit mit neuen Elementen. Die Vergangenheit der Erntemajestäten reicht bis ins Jahr 1948 zurück. Die Hauptaufgabe der Majestäten war es schon immer, Heidesheim zu repräsentieren. Das ist heute nicht anders als damals, nur das „wie“ hat sich geändert. So sind wir als Verein in den sozialen Medien aktiv, auch unsere Hoheiten nehmen ihre Follower mit zu ihren Auftritten und zeigen ihnen einen Blick hinter die Kulissen.

Beim Erntedankfest sind wir offen für Neues. Die Tradition geht bis vor den 2. Weltkrieg zurück und seitdem hat sich immer wieder einiges getan. So haben wir in den letzten Jahren „Das dickste Ding“ (Heidesheims schwerster Kürbis) prämiert und im letzten Jahr zum ersten Mal den am schönsten geschnitzten Kürbis.

Lokale: Nun zum Geburtstagsfest, der als „Tanz in den Mai“ gefeiert wird, was erwartet die Gäste?

Wilhelm: Am 30. April feiern wir unser Jubiläum und tanzen mit Groß und Klein in den Mai. Bei Livemusik von der Rock-Pop-Soul-Party-Band online verwandelt sich der Schönborner Hof in Heidesheim in einen Tanzsaal. Der Einlass ist ab 19 Uhr, Beginn ab 20 Uhr. Für nur zwölf Euro gibt es eine tolle Tanzparty, bei der für jeden Geschmack etwas dabei ist. Auch am Erntedankfest am ersten Oktoberwochenende planen wir die Beteiligung der Erntemajestäten aus den letzten Jahrzehnten.

Lokale: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Gregor Starosczyk-Gerlach.

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