Annett Sarodnik hat durchaus Ansprüche an die sorbische Ausbildung in Lausitzer Schulen: „Es wäre schön, wenn die Kinder Bücher von Jurij Brezan im Original lesen könnten.“ Brezan (1916-2006) gilt als einer der bedeutendsten sorbischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Doch um seine Texte lesen und verstehen zu können, seien tiefgreifende Kenntnisse des Sorbischen unabdingbar.
Genau da liege der Hase im Pfeffer. Sagt zumindest Annett Sardonik. Die Zeißigerin, Mutter von drei Kindern und Abgeordnete im Serbski Sejm, bemängelt die sorbische Schulausbildung in Hoyerswerda. Besonders wurmt die Buchhalterin, dass in der Elsterstadt das Sorbisch als zweite Fremdsprache nicht anerkannt wird. Es sei ein Unding, dass weder Schüler noch Eltern sorbische Unterrichtsstunden fordern können. „Es wird also verhindert, dass eine Gruppe gebildet wird, in der auf Sorbisch unterrichtet werden kann“, sagt Sarodnik. Deswegen habe sie einen Brief an den sächsischen Kulturminister Christian Piwarz (CDU) geschrieben.

Transport nach Bautzen wäre zu aufwendig

Die dreifache Mutter verweist auf das Schicksal ihrer eigenen Kinder. Sie sollen möglichst in Sorbisch beschult werden. Daher hatte sich die Familie in der Grundschulzeit für die sorbische Einrichtung in Ralbitz entschieden. „Dann stand aber die Frage nach dem Gymnasium“, erzählt Annett Sarodnik. „Klar hätten wir unsere Kinder ins Internat geben können, damit sie am Sorbischen Gymnasium in Bautzen hätten lernen können. Aber der Transport hätte von Zeißig aus einfach zu viel Zeit in Anspruch genommen.“
So entschieden sich die Sarodniks für das Lessing-Gymnasium in Hoyerswerda. „Auch wegen der Musik-Affinität der Einrichtung. Dort spielen die Kinder sorbische Instrumente“, begründet Annett Sarodnik. Dafür klappe es mit dem Sorbisch-Unterricht nicht wirklich. Dort würden sich die Sorbisch-Stunden mit weiteren wichtigen Fächern überschneiden. „Dem Sorbischen wird zu wenig Bedeutung beigemessen“, findet Annett Sarodnik. Und ab der sechsten Klasse spiele Sorbisch als zweite Fremdsprache keine Rolle mehr.
Tatsächlich findet am Lessing-Gymnasium für Interessierte Sorbisch-Unterricht in den Klassenstufen fünf und sechs als zusätzliches Angebot statt, sagt Vincent Richter, Referent am Landesamt für Schule und Bildung. Der ursprünglich an den Nachmittagen angebotene Unterricht wurde mit der Novellierung der Lehrpläne dann auf die Vormittage verlegt. In der Tat könne es dadurch zu Überschneidungen mit weiteren Fächern kommen. „Nach Aussage der Schulleitung wurde diese Verfahrensweise aber mit den Eltern kommuniziert. Ab der siebten Klasse werde dieses Angebot als Arbeitsgemeinschaft fortgeführt. Dieses Vorgehen entspricht den Erfordernissen vor Ort und wurde von den Beteiligten bislang als positiv bewertet“, resümiert Vincent Richter.

Domowina bietet Eltern Unterstützung an

Die Domowina als Dachorganisation sorbischer Vereine und Verbände unterstützt eigenen Angaben zufolge den Sorbisch-Unterricht an den Schulen nach Kräften. Sprecher Marcel Brauman verweist unter anderem auf die Produktion von Schulbüchern und weiteren Lernprodukten. Zudem gehört das Gremium zur Lenkungsgruppe „2plus“. Dieses Programm ermöglicht an den sorbischen Schulen den zweisprachigen Unterricht. Brauman verschweigt aber auch diverse Probleme vonseiten der Eltern nicht. „Sie können sich an uns wenden, und wir versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden. Dies ist nicht unter allen Bedingungen möglich, doch gibt es viele Wege.
Schwierig seien auch die personellen Rahmenbedingungen. Laut der Statistik des sächsischen Kultusministeriums fehlen bis zum Jahr 2025 um die 100 Sorbisch-Lehrer. „Da kann man gern von großen Sprüngen träumen“, kommentiert Marcel Brauman. Und weiter: „Wir müssen für die Zukunft sicherstellen, dass wir genügend Lehrer haben.“ Das sei auch bitter notwendig, um die sorbische Sprache in der Lausitz zu erhalten, urteilt Annett Sarodnik. Die Zeißigerin wolle alles unternehmen, um ihren Kindern die Zweisprachigkeit zu ermöglichen.

Sorbische Schulen in der Lausitz

In der Oberlausitz wird laut Vincent Richter vom Landesamt für Schule und Bildung an insgesamt 16 Schulen sorbischsprachiger Unterricht nach dem Modell „2plus“ angeboten. Dazu gehören unter anderem die Grundschule am Adler in Hoyerswerda, die Krabat-Grundschule in Wittichenau, die Oberschule Wittichenau sowie das Sorbische Gymnasium in Bautzen. In Sachsen beteiligen sich im aktuellen Schuljahr mehr als 2100 Schüler am bilingualen Unterricht. Sorbisch als Fremdsprache kann in zwölf Grundschulen erlernt werden, darunter in Lohsa und Spreetal-Burgneudorf.
In Brandenburg findet Sorbisch-Unterricht laut Antje Grabley vom Bildungsministerium an 23 Standorten statt, darunter an 20 Grundschulen. Gegenwärtig besuchen mehr als 1700 Schüler des Sorbisch-Unterricht. Diese Zahl ist laut dem Ministerium stabil. 800 Schüler werden darüber hinaus bilingual unterrichtet. In Brandenburg besitzen fast 80 Lehrer die Lehrbefähigung für Sorbisch/Wendisch.