Staablueme unterm Pflaster

Die Staablueme in Altstätten ist schon fast vorbei. Obwohl der Auftritt mit mir und meiner Band in den (lange erhofften) Regen fiel, bleibt sie Favorit in den Kulturveranstaltungen im Rheintal.

Urs Stieger Berneck, Www.u-Stieger.com
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Die Staablueme in Altstätten ist schon fast vorbei. Obwohl der Auftritt mit mir und meiner Band in den (lange erhofften) Regen fiel, bleibt sie Favorit in den Kulturveranstaltungen im Rheintal.

Die Blumen, die sich da im steinigen Rheintaler Kulturacker behaupten wollen, haben in der Natur Vorbilder, die gestandene Gärtner und Naturinteressierte immer wieder in Staunen versetzen, sofern sie das (noch) können.

Ich weiss schon, dass solchem Grünzeug zwischen den Gartenplatten und den Steinen des Parkplatzes gerne mit einem Totalherbizid der Garaus gemacht wird. Aber Staablueme sind zäh. Spritzen macht Platz für die nächste Generation. Und die wird stärker sein als die bereits abgespritzten Gräser, Löwenzahn und Hirse. Die neuerdings auf dem Markt erhältlichen Bürsten für Fadenmäher haben immerhin den Vorteil, dass das wahrscheinlich krebserregende Spritzmittel Glyphosat nicht mehr in Luft und Böden kommt. Die Grossverteiler haben darum auch den Verkauf eingestellt.

Ich habe als Gärtner gelernt, gewisse Vorkommnisse im Garten als gegeben hinzunehmen, wenn auch mit «Wuet im Ranza» – Mücken und Wespen zum Beispiel.

Nicht, dass ich diese lästigen Biester als Sado-Maso-Training brauche, aber wie auf so kleinem Raum wie einer Mücke so viel Strategie Platz hat, ist schon erstaunlich.

Quecken haben als Gras zwar keine «Blumen», sie sind aber richtige Staablueme, wenn man die Zähigkeit als Massstab setzt. Quecken kennt fast jeder und jede, die einmal im Garten gegraben haben. Die Pflanzenspitzen sind so hart, dass sie sich fast überall durchsetzen. Sie können sich auch durch Asphalt bohren, im Jahr zehn Quadratmeter erobern und werden, wie Giersch, durch fleissiges Jäten mit der Hacke vermehrt – jedes Stück gibt eine neue Pflanze. Gut gedüngten Boden lieben sie. Man kann ihnen mit stark schliessenden Pflanzen begegnen wie Geranium oder dem Kerzen-Knöterich. Dass Quecken aber auch medizinisch gebraucht werden (Nierenprobleme) oder aus ihnen ein Mehl gemahlen werden kann, macht sie mir nicht sympathischer.

«Unterm Pflaster liegt der Strand» sang man im Jahr 1968. Das wissen Staablueme schon länger! Der kiesig-sandige Untergrund ist das ideale Substrat für viele Pflanzen. Wenn sie dann nur einen Hauch von Licht finden, geht's sonnenwärts. Warum aber können Pflanzen mitten im Asphalt hervorbrechen, wo die Deckschicht alles Licht abhält? Wieder eine Heldentat der Natur: In der Pflanze kann der Druck bis auf das Fünffache eines Autoreifens ansteigen! Da mag der Asphalt nicht dagegenhalten.

Diesen Druck hat die Staablueme in der Altstätter Marktgasse auch. Mindestens!