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Wurzener Trödelkönig Richter ist ein Fernsehstar

Thomas Richter, bekannt aus diversen Fernsehsendungen, liebt die Trödelei.

Thomas Richter, bekannt aus diversen Fernsehsendungen, liebt die Trödelei.

Wurzen. Er schlafe eh nur in einem Bett, sei spätestens nach dem zweiten Schnitzel satt und könne nicht in drei oder vier Autos gleichzeitig umher kutschen. Thomas Richter bezeichnet sich als eher genügsam. Als absolut bodenständig.

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Trotz aller Erfolge wohnt der charismatische Jäger und Sammler „ganz spießbürgerlich“, im Reihenhäuschen. Er hechelt weder Geld noch Ruhm hinterher. Wirklich wichtig sind ihm Familie, Freundschaft, Gesundheit – und zufriedene Kollegen. Wie Manuela Jobst, Mädchen für alles. Seit vier Jahren ist sie dabei, kommt gern auf Arbeit und schwärmt von der sozialen Ader ihres Chefs: „Wenn der Kunde in Not ist, findet er immer einen Weg.“

Vom Tellerwäscher zum Beinahe-Millionär in Wurzen

Die Biografie des 48-Jährigen liest sich fast wie die des aufstrebenden Tellerwäschers. Zwischenzeitlich „so was von pleite“ glaubte er weiter an sich, arbeitete unverdrossen hart. Mittlerweile besitzen er und seine Frau vier Geschäfte mit 15 Angestellten. Ganz nebenbei schaffte Thomas Richter sogar den Sprung ins Fernsehen. Bei seinen Kunden ist er bekannt aus TV-Formaten wie „Schätze unterm Hammer“ (Kabel 1), „Die Trödelprofis“ (ZDF) oder „Der Trödeltrupp – das Geld liegt im Keller“ (RTL 2).

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Geld im Keller. Das passt. Auch und vor allem zu Thomas Richter. Er war tatsächlich unten angekommen, um sich bis zur Dachterrasse hoch zu arbeiten. Doch Sonnen kommt für den Sachsen ebenso wenig in Frage wie Schlips und Kragen. In verschwitzter Arbeitskluft betritt er den Laden, hat gerade eine Haushaltsauflösung hinter sich. Er geht immer noch persönlich in die Keller der Leute. Dorthin, wo es die wahren Schätze zu heben gilt.

„Richters Raritäten“ in der Schillerstraße

„Richters Raritäten“ heißt sein Trödelladen in der Wurzener Schillerstraße. „Ja, ja, die Wurzener...“, Richter holt tief Luft. Sie seien zwar ein liebenswertes, aber spezielles Publikum, sagt es der Riesaer diplomatisch. „Am liebsten möchten sie alles geschenkt haben, wenn sie aber verkaufen wollen – dann so teuer wie möglich.“ Die Ansage seiner Kundschaft nahm er als Herausforderung, stellte das Sortiment um. Fortan gilt Klasse statt Masse.

Mitarbeiterin Simona Baucke betreut das Wurzener Geschäft in der Schillerstraße, während sich der Hauptsitz des Unternehmens in Riesa befindet

Mitarbeiterin Simona Baucke betreut das Wurzener Geschäft in der Schillerstraße, während sich der Hauptsitz des Unternehmens in Riesa befindet.

Thomas Richter ist in Riesa aufgewachsen

In Riesa ist er aufgewachsen. Dort ging er auch zur Schule. Er ließ sich zum Facharbeiter für Tierproduktion ausbilden und fing in der LPG „Einigkeit“ in Heyda an. Er wollte studieren – Veterinäringenieur. Doch dazu kam es nicht. Die Wende war schneller. Thomas Richter nahm es gelassen. Weil er den Dienst an der Waffe verweigerte, sei ihm durch das Ende der DDR einiger Ärger erspart geblieben.

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Er machte zunächst seinen Zivildienst im Kinder- und Jugendhaus der Stadt Riesa. Anschließend war er arbeitslos. Jahrelang tourte er fortan als DJ durch die Lande, anfangs legte er mal hier, mal da auf. Später spielte er in fest angemieteten Häusern. Vom Familientanz bis zur Disco – er musste breit aufgestellt, ein All-Rounder sein. Nachdem sich der Euro als Teuro entpuppte, lief es für Thomas Richter immer schlechter. Irgendwann war er blank.

Richter mietete ehemalige Teppichhalle in Riesa an

Richters Raritäten, Trödel und Antik war schon mehrfach beim Trödeltrupp im Fernsehen dabei

Richters Raritäten, Trödel und Antik war schon mehrfach beim Trödeltrupp im Fernsehen dabei.

Durch An- und Verkauf ging es Stück für Stück voran. Manche Filiale kam dazu, manche musste wieder geschlossen werden. Inzwischen konnte er die Halle in Riesas Merzdorfer Straße kaufen – stolze 7000 Quadratmeter inklusive Nebengelass. Unabhängig davon führen die Richters zwei weitere Geschäfte – eines in der Langen Straße in Riesa und eines in der Theodor-Körner-Straße in Oschatz. Dazu noch den schon erwähnten Trödelladen in Wurzen.

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Trödelshows schießen im Fernsehen wie Pilze aus dem Boden

Thomas Richter, bekannt aus diversen Fernsehsendungen, liebt die Trödelei

Thomas Richter, bekannt aus diversen Fernsehsendungen, liebt die Trödelei.

Richter reist noch immer oft genug zu Aufzeichnungen in den Westen. „Quoten-Ossi ist mein Spitzname“, lacht der Trödelkönig. Die Leute schätzten an ihm, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Demnächst würden weitere Folgen des Trödeltrupps ausgestrahlt: „Da ist schon alles im Kasten. Feste Sendetermine gibt’s aber noch nicht.“ Fernsehen sei für ihn die beste Werbung, gesteht Richter und flachst: „Hätten Sie etwa über mich geschrieben, wenn ich nicht ab und zu vor der Kamera stehen würde?“ Nein, im Ernst. Es sei schon rührend, so Richter, wenn Kunden aus Freiburg im Breisgau extra nach Sachsen kämen, um ihn zu treffen.

Trödelläden sollen ständig verbessert werden

Unterdessen meldet sich der rastlose Schatzsucher aus einem zu räumenden Bauerngehöft. Er lobt seine Kollegen, die mit ihm durch dick und dünn gehen: „Heutzutage ist es schwer, gute Leute zu finden. Der eine ist nicht voll belastbar, der andere kann nur wochentags, der nächste hat keinen Führerschein.“ Er sei im Stress, sagt Richter, könne jetzt nicht weiter reden. So kenne sie ihn, dafür liebe sie ihn, lacht Jenny Richter. Ihrem Thomas war und ist sie eine treue Stütze – in guten wie in schlechten Zeiten: „Thomas lebt für seine Arbeit. Er ist immer offen für Neues, macht sich ständig Gedanken, wie er die Läden besser machen kann.“

Ob die Söhne bereit sind, sich wie der prominente Vater die Hände schmutzig zu machen – wer weiß. Der Große scheint ein IT-Genie zu werden, der Kleine geht aufs Gymnasium. Wie auch immer. Mit schönen Dingen aus zweiter Hand, Meißner Tellern, DDR-Spielzeug oder Möbeln, will Richter das Leben in Wurzen bereichern helfen. Er selbst sei eher selten da. Und doch: „Es ist eine schöne Stadt, mit historischem Kern und toller Landschaft. Wenn sie sich weiter öffnet, hat sie enormes Potenzial.“

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Von Haig Latchinian

LVZ

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