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Kürzungen bei Windkraft Union und SPD bauen Ökostrom-Förderung radikal um

Angesichts steigender Energiepreise haben Union und SPD einen radikalen Umbau der Ökostrom-Förderung beschlossen. In einem ersten Schritt soll Windenergie deutlich weniger Hilfen erhalten.
Windkraftturbine: Nordex macht nur noch 10 Prozent seines Geschäfts in Deutschland

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Foto: Sean Gallup/ Getty Images

Frankfurt/Main - "Es ist die größte Umgestaltung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) seit seiner Einführung", sagte Umweltminister und Unions-Verhandlungsführer Peter Altmaier. Die Kosten müssten gedämpft und erneuerbare Energien besser in den Strommarkt integriert werden.

"Bei Wind an Land werden wir die Fördersätze senken, vor allem an windstarken Standorten", sagte SPD-Verhandlungsführerin Hannelore Kraft. Dies trifft vor allem Küstenregionen. Kräftig gestutzt wird aber auch der Ausbau auf hoher See.

Sowohl Kraft als auch Altmaier betonten, sie wollten den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht abwürgen. Angesichts eines Anteils am Stromverbrauch von fast 25 Prozent müsse die Branche aber stärker in den Markt integriert werden. Überförderungen würden konsequent abgeschafft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft an, die EEG-Novelle werde eines der ersten großen Projekte der neuen Bundesregierung werden.

Debatte um Tank oder Teller soll entschärft werden

Während nach den Kürzungsrunden der vergangenen Jahre die Solarbranche weitgehend verschont bleibt, trifft es nun auch die Biomasse. Neue Anlagen sollen nur noch bei Einsatz von Abfall- und Reststoffen gebaut werden können. Zuschläge für die Betreiber wie etwa für den Einsatz von Gülle sollen gestrichen werden. Mit diesen Reformen wollen die Parteien vor allem den ausufernden Anbau von Mais beschränken, der hauptsächlich in den Anlagen zu Gas vergoren wird. Die Konkurrenz zur Lebensmittel-Produktion wollen sie so gleich mit entschärfen.

Die Einschnitte bei der Windkraft werden nicht nur die Küstenregionen betreffen, sondern auch die Binnenländer. Denn die Förderung soll sich trotz der Kürzungen nur noch auf die guten Standorte konzentrieren, im Wesentlichen also den Norden. Bayern und Baden-Württemberg werden daher in ihren Aufholplänen beim Windkraftausbau gebremst. Auf hoher See sollen bis 2030 nur noch 15 Gigawatt statt wie bisher geplant 25 Gigawatt Leistung installiert werden. Bis 2020 wurde das Ziel auf 6,5 von zehn Gigawatt gekappt.

Ende von garantierten Abnahmepreisen eingeläutet

Alle Betreiber von Ökostrom-Anlagen müssen sich zudem vom bisherigen System der auf Jahre garantierten, festen Abnahmepreise Zug um Zug verabschieden. Die feste Vergütung soll durch ein Prämiensystem abgelöst werden - die Stromerzeuger erhalten für neue Anlagen eine Prämie auf den Marktpreis, der zunächst die Lücke zu den bisherigen Tarifen füllen soll.

Liegt der Marktpreis über den Garantien, kann der Betreiber zusätzlich verdienen. Getestet werden soll aber zum Ende der Wahlperiode auch ein System fester Prämien auf den Marktpreis. Damit trägt der Investor ein höheres Risiko im Falle niedriger Börsentarife. Ferner müssen größere Anlagen schon in Kürze ihren Strom selbst am Markt verkaufen und können das nicht länger den Netzfirmen überlassen.

Auch die Industrie wird eine größere Last bei der Energiewende tragen müssen. Während die Abschaffung von Rabatten auf die Ökostrom-Umlage mit der EU-Wettbewerbsbehörde geklärt werden muss, beschlossen Union und SPD, die Strom-Eigenerzeugung stärker zu belasten. Sie ist bislang von der Umlage befreit.

Der Chemieriese BASF  hat bereits mit Konsequenzen gedroht. "Wenn die Politik uns über Gebühr belastet, dann besteht die Gefahr, dass Produktion langfristig verlagert wird", sagte BASF-Chef Kurt Bock dem "Spiegel". BASF erzeugt seinen Strom selbst und ist von der Zahlung von Öko-Umlagen befreit.

Offenließen Union und SPD einige zentrale Fragen, die die Führung von Union und SPD entscheiden müssen. So will die SPD nach einem Reuters vorliegenden Papier die Förderung alter Kohlekraftwerke durchsetzen. Die Union hat sich diesbezüglich noch nicht festgelegt. Unklar sind auch die Zielmarken für den Ökostrom-Anteil. Die Union wollte zuletzt einen Korridor von 35 bis 40 Prozent für 2020 und für 2030 von 50 bis 55 Prozent. Die SPD will mindestens 40 Prozent beziehungsweise 75 Prozent.

la/reuters

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