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"Die Richtung stimmt" Lindner befürwortet schärferes Kartellrecht

Im Streit um die hohen Gewinne der Öl-Konzerne signalisiert Bundesfinanzminister Lindner Unterstützung für eine Verschärfung des Kartellrechts. Eine "Übergewinnsteuer" lehnt er ab und verteidigt den umstrittenen Tankrabatt.
Verteidigt den Tankrabatt: Nach Ansicht von Finanzminister Christian Lindner wären die Spritpreise ohne den Steuernachlass noch "wesentlich höher"

Verteidigt den Tankrabatt: Nach Ansicht von Finanzminister Christian Lindner wären die Spritpreise ohne den Steuernachlass noch "wesentlich höher"

Foto: POOL / REUTERS

Bundesfinanzminister Christian Lindner (43, FDP) hält die Ankündigung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (52; Grüne), im Streit um den Tankrabatt das Kartellrecht zu stärken, grundsätzlich für richtig. Habeck habe den Auftrag bekommen, das Kartellrecht im Zusammenhang mit dem Entlastungspaket in die Lage zu versetzen, die Märkte zu kontrollieren, sagte Lindner am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Man schaue sich nun konkret an, wie das umgesetzt werden soll. "Die Richtung stimmt", betonte der FDP-Chef.

Zum 1. Juni war zur Entlastung der Autofahrer die Energiesteuer auf Benzin und Diesel deutlich gesenkt worden. An den Zapfsäulen wurde dies aber kaum spürbar. Habeck will daher dem Kartellamt mehr Eingriffsmöglichkeiten geben, um gegen Mineralölkonzerne effektiver vorgehen zu können. So soll es auch leichter werden, Gewinne abzuschöpfen, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen. Als letztes Mittel sollen auch Zerschlagungen möglich werden.

"Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen"

Wirtschaftsminister Robert Habeck

Lindner fügte hinzu, er hoffe, dass damit der Vorschlag einer "Übergewinnsteuer" vom Tisch sei. "Die würde unser Steuerrecht der Willkür und den politischen Stimmungsschwankungen ausliefern", warnte er. Im Steuerrecht gebe es Gewinne, aber keine Über- oder Untergewinne. Habeck hingegen entgegnete am Montagmorgen im Deutschlandfunk: Er halte eine "Übergewinnsteuer" weiterhin für richtig, auch wenn es dafür in der Ampel-Koalition keine Mehrheit gebe. Daher werde jetzt ein "Kartellrecht mit Klauen und Zähnen" gemacht.

Zuvor hatte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang (28) in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" erklärt, die Diskussion über eine solche Steuer sei nicht abgeschlossen. Ziel der Befürworter einer solchen Steuer ist es, krisenbedingte Übergewinne, die jetzt durch den Ukraine-Krieg vor allem im Energiesektor entstanden sind, mit einer Steuer oder Abgabe zu belegen.

Den Tankrabatt verteidigte der Finanzminister trotz aller Zweifel an dessen Wirksamkeit. Die Spritpreise wären ohne den Steuernachlass noch "wesentlich höher". Man müsse jetzt schauen, in welchem Verhältnis gestiegene Weltmarktpreise, der starke Dollar, die Knappheit bei Raffinerien und die Gewinnmargen zueinander stünden. "Ich habe den Eindruck, dass die Debatte da etwas emotional aufgeladen ist", befand Lindner.

Schuldzuweisungen, wer innerhalb des Regierungsbündnisses aus SPD, Grünen und FDP für den bisher fehlgeschlagenen Tankrabatt die Verantwortung trägt, helfen aus Sicht Habecks nicht weiter. Eine solche Debatte sei nicht zielführend. Diese Steuersenkung sei nie der Wunsch der Grünen gewesen. "Aber wenn eine nicht so gute Idee schlecht läuft, dann muss man natürlich trotzdem helfen."

DIW-Chef: Mineralölkonzerne missbrauchen ihre Marktmacht

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher (51), nannte Habecks Vorschlag eine "wichtige Initiative". Das Problem mit den Mineralölkonzernen sei nicht, dass diese per se Gewinne erzielten, "sondern dass sie ihre Marktmacht zulasten der Konsumenten missbrauchen", sagte der Ökonom der "Augsburger Allgemeinen". Eine Reform des Kartellrechts werde aber zu spät kommen, um die Spritpreise zu senken, schränkte Fratzscher ein. Der Steuernachlass sei ein "Fehler mit Ansage".

mg, rei/dpa-afx, Reuters