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Saudi National Bank Das sind die Investoren, die das Credit-Suisse-Beben auslösten

Seit dem vergangenen Herbst ist die größte Bank Saudi-Arabiens auch größter Anteilseigner der Credit Suisse. Wer sind die Investoren aus dem Reich von Kronprinz Mohammed bin Salman? Und was wollen sie?
Herrscher im Hintergrund: Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman

Herrscher im Hintergrund: Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman

Foto: Athit Perawongmetha / EPA

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Vermutlich hat Ammar Abdul Wahed Al Khudairy die Macht seiner Worte unterschätzt. Der Chairman der Saudi National Bank, die seit wenigen Monaten größter Aktionär der Schweizer Großbank Credit Suisse ist, hatte der Nachrichtenagentur Reuters in Riad ein Interview gegeben, das am Mittwoch ausgestrahlt wurde. Es waren frohe Botschaften darin. "Wir sind mit dem Plan, dem Transformationsplan, den sie vorgelegt haben, zufrieden" sagte der Banker. Er glaube nicht, dass die Credit Suisse frisches Kapital brauche, die Zahlen seien gut, alles fein.

In dem Interview sagte Al Khudairy auch, was er in den Monaten zuvor so oder so ähnlich schon oft gesagt hatte. Seine Bank würde der Credit Suisse aus regulatorischen Gründen kein weiteres Geld geben. "Well we can't...We cannot, because we would go above 10%. It’s a regulatory issue."

Doch in der hochnervösen Phase, in der sich die Finanzwelt nach der Pleite und anschließenden Notrettung der Silicon Valley Bank über das vergangene Wochenende befindet, lösten die Worte ein Beben aus. Die Credit Suisse geriet ins Wanken, der Aktienkurs stürzte, zur Stabilisierung will sie sich bis zu 50 Milliarden Franken bei der Schweizer Nationalbank leihen. Wer also sind die Investoren, die eine der größten Banken Europas derart ins Taumeln brachten?

Die Saudi National Bank ist die größte Bank Saudi-Arabiens und der gesamten arabischen Welt. Sie wurde 1953 gegründet und war lange als National Commercial Bank bekannt. Sie ist kein rein staatliches Institut, sondern mit einer Bewertung von umgerechnet knapp 50 Milliarden Euro an der Börse notiert. Größter Anteilseigner ist aber der saudische Staatsfonds PIF, der rund 37 Prozent der Anteile hält, und von Kronprinz Mohammed bin Salman (37) kontrolliert wird. Außerdem sind weitere staatliche Institutionen beteiligt, so dass mehr als die Hälfte der Anteile vom saudischen Staat kontrolliert werden – und damit faktisch vom Kronprinzen.

Seit Herbst 2022 ist die Saudi National Bank mit einer Beteiligung von 9,88 Prozent größte Aktionärin der Credit Suisse. Die Schweizer hatten im Zuge ihrer komplexen Umstrukturierung akuten Kapitalbedarf – und die Saudis investierten im November rund 1,5 Milliarden Franken.

"Gerettet von den Scheichs"

Sie sind nicht die einzigen arabischen Investoren der Credit Suisse. Seit vielen Jahren ist die ebenfalls saudische Olayan-Gruppe beteiligt, hinter der eine reiche Öl-Dynastie steht. Zweitgrößter Anteilseigner mit zuletzt 6,9 Prozent ist die Qatar Investment Authority (QIA), der Staatsfonds aus Katar. In Schweizer Finanzkreisen gibt es das Bonmot, die der große Rivale UBS in der Finanzkrise 2008 einst von der Schweiz gerettet worden sei – die Credit Suisse von den Scheichs. Ende 2022 traten der Kronprinz und seine Bank als weiße Ritter auf.

Zentrale Figur für die Verbindung zum Kronprinzen und dessen Bank war offenbar der legendäre Investmentbanker und Dealmaker Michael Klein (59), der einst Vize-CEO bei der US-Großbank Citigroup war und im Verwaltungsrat der Credit Suisse sitzt. Laut "Wall Street Journal" ist er ein angesehener Berater in dem Königreich, etwa beim Börsengang das staatlichen Ölgiganten Saudi Aramco 2019. Der Kronprinz selbst war offiziell nicht an den Verhandlungen über einen Einstieg bei der Credit Suisse beteiligt. Aber niemand bezweifelt, dass ein solches Investment ohne seine Zustimmung geschieht.

"We like the story"

Der Chairman der Bank, Ammar Al Khudairy, stellte den Einstieg damals gegenüber der US-Agentur Bloomberg als "ganz normalen Geschäftsvorgang" dar. Einen Sitz im Verwaltungsrat oder gar eine höhere Beteiligung strebe die Saudi National Bank nicht an, weil dies zusätzliche regulatorische Erfordernisse mit sich bringe, sagte Al Khudairy schon direkt nach dem Einstieg. Die Beteiligung, angelegt auf drei bis fünf Jahre, habe ein "sehr gutes, nein, sogar ausgezeichnetes Renditepotenzial", so der in den USA ausgebildete Banker. "We like the story."

Ähnlich beschrieb er es auch jetzt wieder in dem Interview, das die Turbulenzen auslöste. Die Credit Suisse sei ein "opportunistisches Investment", das seinen Wert mit dem erfolgreichen Turnaround entfalten werde.

Von Beginn an gab es jedoch auch Vermutungen, die Saudis würde ihren Einstieg mit strategischen Zielen verknüpfen. Die Saudi National Bank spielt beim Umbau des Königreichs eine wichtige Rolle. Der Einstieg bei den Schweizern könne seiner Bank wichtiges Knowhow geben, erklärte Chairman Al Khudairy in diversen Interviews. Etwa für den Ausbau der eigenen Produktpalette, für die Finanzierung heimischer Unternehmen oder die Abwicklung von Börsengängen. Man werde sich "irgendwann in den nächsten Monaten" zusammensetzen und gemeinsame Pläne entwickeln. Im Gegenzug, so hofften einige in der Schweiz, könnte auch die Credit Suisse von der Partnerschaft profitieren. Die Bank ist seit Jahren in dem Erdölstaat aktiv, seit 2021 hat sie sogar eine Niederlassung in Riad, um die Geldanlage für die wohlhabende Kundschaft zu organisieren.

Am Donnerstag, am Tag nach den Turbulenzen, meldete sich Al Khudairy noch einmal zu Wort. Die heftigen Reaktionen des Marktes halte er für "völlig ungerechtfertigt", sagte er dem US-Sender CNBC . "Wenn man sich ansieht, wie der gesamte Bankensektor gefallen ist, haben leider viele Leute nur nach Ausreden gesucht", sagte der Chairman der Saudi National Bank. "Es ist Panik, ein bisschen Panik. Ich glaube, sie ist völlig ungerechtfertigt, sei es für die Credit Suisse oder für den gesamten Markt."

Es habe auch jetzt keine Gespräche mit der Credit Suisse über eine Unterstützung gegeben. "Die Botschaft hat sich nicht geändert, sie ist seit Oktober dieselbe", sagte er. "Selbst wenn wir es wollten, gäbe es zu viele Komplikationen aus regulatorischer und Compliance-Sicht." So hat er es immer gesagt. Auch am Tag zuvor.