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 Anke Hommer

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Markenexpertin. Unternehmerin. Autorin., Anke Hommer Markenberatung | So geht Marke!

Kernkompetenzen, Markenwerte und USP – Teil 1 Wie B2B Unternehmen ihre Kernkompetenzen finden

Redakteur: Lena Müller

In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihre Kernkompetenzen finden und damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber Ihren Mitbewerbern erlangen. Kernkompetenzen bilden das Fundament der Markenpyramide des Unternehmens.

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Das, was alle können, ist keine Kernkompetenz. Somit sind Kernkompetenzen der Kern (oder das Fundament) Ihres Erfolgs.
Das, was alle können, ist keine Kernkompetenz. Somit sind Kernkompetenzen der Kern (oder das Fundament) Ihres Erfolgs.
(Bild: gemeinfrei / Unsplash)

Kernkompetenzen: Was ist das eigentlich?

Kernkompetenzen sind Fähigkeiten oder Tätigkeiten, die ein Unternehmen besonders gut kann und sich damit von seinen Mitbewerbern unterscheidet. Sie sind die Grundlage dafür, dass sich Kunden für Ihr Unternehmen entscheiden – und nicht für Ihren Mitbewerber. Kernkompetenzen sind somit die Basis für Ihr unternehmerisches Handeln und Ihre Kommunikation.

Warum ist die Definition der Kernkompetenzen für Unternehmen wichtig?

  • Kernkompetenzen zeigen Ihren Kunden den nachvollziehbaren Vorteil gegenüber Ihren Mitbewerbern und damit einen echten Mehrwert
  • Kernkompetenzen machen Ihr Unternehmen unverwechselbar und sind durch Ihre Mitbewerber nicht oder nur schwer darstellbar
  • Kernkompetenzen weisen in die Zukunft und bieten Ihnen somit Potenziale für den weiteren Ausbau dieses Bereichs und damit Ihres Unternehmens
  • Kernkompetenzen bilden die Basis Ihrer Markenpyramide. Wenn Sie Ihre Kernkompetenzen nicht kennen, können Sie keine wirkungsvolle und zielgerichtete Kommunikation machen.

Kurz gesagt geht es also darum, herauszufinden, was Ihr Unternehmen besonders gut kann. Es geht um Können und Fähigkeiten. Doch nicht jede Fähigkeit ist auch eine Kernkompetenz. Das Elementare an einer Kernkompetenz ist

  • die Relevanz für die Wertschöpfung des Unternehmens,
  • die Nutzenstiftung für den Kunden und
  • dass Sie sich mit dieser besonderen Fähigkeit von Ihren Mitbewerbern differenzieren können.

Oder anders herum: Das, was alle können, ist keine Kernkompetenz. Somit sind Kernkompetenzen der Kern (oder das Fundament) Ihres Erfolgs.

Das, was alle können, ist keine Kernkompetenz

Ein Beispiel: „Passgenaue Teile liefern“ ist keine Kernkompetenz eines Automobilzulieferers. „Customized Teile flexibel und gleichzeitig termingerecht im Fertigungsprozess des OEM-Partners (just-in-time, Kanban-Prinzip von Toyota) liefern“ könnte eine Kernkompetenz sein. „Kundenfreundlichkeit“ ist ebenfalls keine Kernkompetenz. „Wunscherfüller“ jedoch kann eine Kernkompetenz von einem Softwareanbieter sein. Doch achten Sie bitte darauf: Wenn Sie eine Kernkompetenz für sich definiert haben, dann sollte diese auch in der kompletten Customer Journey spürbar sein (also bei jedem Kontaktpunkt des Kunden mit Ihrem Unternehmen) – nicht nur beim Erstkontakt am Telefon, sondern bei jedem einzelnen Kontakt, den der Kunde mit Ihnen hat, im Fall des Softwareanbieters zum Beispiel auch bei der Nachbereitung beziehungsweise späteren Justierung der Implementierung.

Die klassische Definition von Kernkompetenz lautet: „Kernkompetenzen sind die Fähigkeiten, Techniken, Prozesse, Qualifikationen und Technologien eines Unternehmens, die es besonders gut beherrscht und durch die es sich – aus Sicht der Kunden durch den geschaffenen Wert oder Zusatznutzen – von Wettbewerbern unter- scheidet und die auch nicht leicht durch Wettbewerber imitiert werden können.“

Einfacher gesagt: Kompetenz ist die Summe aus Wissen (ich weiß, wie es geht), Können (ich beherrsche den Prozess) und Wollen (Bereitschaft). Kompetenzen können demnach Fähigkeiten oder auch besondere Technologien sein.

Vorsicht vor der „Haben“-Falle

Gerade bei der Definition der eigenen Kernkompetenzen gibt es einen Punkt, der bei nahezu allen meinen Workshops früher oder später aufkommt: Die „Haben“-Falle. Viele Unternehmer und Unternehmen sprechen über das, was sie haben: Tolle Mitarbeiter, große Autoflotte, hochmodernes Lagersystem etc. Doch bei einer Kompetenz geht es immer um Können, nicht um Haben. Beispiel: Ein breites Filialnetz zu haben ist keine Kernkompetenz einer Bank. Werden zum Beispiel 50 Prozent der Filialen geschlossen, so hat die Bank immer noch ihre Kernkompetenzen.

Der klassischen Definition folgend, empfehle ich Ihnen, jede Kompetenz, die zu einer Kernkompetenz werden könnte, durch die folgenden drei „Siebe“ laufen zu lassen:

  • 1. Ist diese Kompetenz wirklich außergewöhnlich gut?
  • 2. Schaffen wir mit dieser Kompetenz einen echten Mehrwert für unseren Kunden?
  • 3. Unterscheiden wir uns mit dieser Kompetenz wirklich (auf Dauer) von den Mitbewerbern?

Wie findet man nun seine Kernkompetenzen?

Eine bewährte Methode ist das „Kompetenz-Strategie-Portfolio“ (in Anlehnung an Michael Thiele). Dieses Portfolio besteht aus zwei Achsen (siehe Abbildung):

  • Die X-Achse beschreibt die Kompetenz im Vergleich zu den Mitbewerbern: Wie groß ist die beschriebene Kompetenz im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern?
  • Die Y-Achse beschreibt den Wert für den Kunden: Wie wichtig ist dem Kunden diese Kompetenz?

Sie können es schon ahnen: Je höher der Wert für den Kunden und je höher Ihre Kompetenz im Vergleich zum Mitbewerber ist, desto klarer ist Ihre Kernkompetenzen.

Eine bewährte Methode ist das „Kompetenz-Strategie-Portfolio“ (in Anlehnung an Michael Thiele). Dieses Portfolio besteht aus zwei Achsen.
Eine bewährte Methode ist das „Kompetenz-Strategie-Portfolio“ (in Anlehnung an Michael Thiele). Dieses Portfolio besteht aus zwei Achsen.
(Bild: Anke Hommer)

Aus den Achsen und den zusätzlichen beiden Mittelachsen ergeben sich vier Felder:

  • Die Standardkompetenzen: Diese Fähigkeiten werden vom Kunden quasi als notwendiger (und damit selbstverständlicher) Standard vorausgesetzt. Für den Kunden haben diese Fähigkeiten also keine besondere Bedeutung.
  • Die Kompetenzlücken: Diese Fähigkeiten sind für den Kunden wichtig. Doch offensichtlich sind sie in Ihrem Unternehmen eher wenig ausgeprägt.
  • Die Kompetenzpotenziale: Sie haben eine außergewöhnliche Fähigkeit in Ihrem Unternehmen. Allerdings misst der Kunde dieser Fähigkeit (noch) keine besondere Bedeutung zu. Behalten Sie die Fähigkeit im Auge – sie könnte die Kernkompetenz von morgen werden.
  • Die Kernkompetenzen: Der Kunde hält diese Fähigkeit für sehr wichtig und Sie haben diese Fähigkeit im außergewöhnlichen Maße. Gratuliere, hier findet sich Ihre Kernkompetenz!

Gehen Sie nun alle Bereiche Ihres Unternehmens durch: Produktion, Entwicklung, Auftragsabwicklung, Logistik, Human Resources, Kundenansprache, Marketing, Pre-Sales-Aktivitäten etc. und ordnen Sie alle Kompetenzen, die Sie definieren, den Feldern zu.

Machen Sie sich keine Gedanken, wenn Sie im ersten Schritt sogar zu viele Kompetenzen definiert haben. Sortieren Sie diese einfach in die passenden Felder ein. Und dann betrachten Sie vor allem das Feld der Kernkompetenzen. Haben Sie mehr als drei Kernkompetenzen eruiert? Dann priorisieren Sie diese und konzentrieren sich auf maximal drei Kernkompetenzen. Sie tun sich schwer mit der Priorisierung? Dann lassen Sie Ihre Kernkompetenzen nochmals durch die oben genannten drei Siebe laufen. Und denken Sie daran: Am Ende muss dort etwas stehen, das den Kunden begeistert. Und etwas, wofür Ihr Unternehmen steht. Es kann auch gut möglich sein, dass Sie nur eine Kernkompetenz finden. Glückwunsch: Unternehmen mit nur einer Kernkompetenz sind die stabilsten Unternehmen.

Im nächsten Schritt formulieren Sie nun Ihre Kernkompetenz(en) so genau wie möglich aus – jeweils jedoch in nur einem Satz (oder in Stichworten). Warum? Damit jeder Mitarbeiter Ihres Unternehmens das gleiche Verständnis von den Kernkompetenzen hat. Achten Sie darauf, dass Ihr Unternehmen (oder Ihr Angebot) das, was Sie definiert haben, wirklich besonders gut kann, besser als die Mitbewerber ist und diese die Kompetenz auch nicht einfach kopieren können. Und dass die Kunden einen echten Nutzen davon haben.

Nun haben Sie bereits das Fundament Ihrer Markenpyramide geschaffen. Also das, was Sie außergewöhnlich gut können, Sie vom Wettbewerb unterscheidet und hohe Relevanz für Ihre Kunden hat. Wie Sie die Markenpyramide komplettieren, also Ihre Markenwerte entwickeln und Ihren USP (Ihr Alleinstellungsmerkmal) finden, erfahren Sie in den nächsten beiden Artikeln der Serie.

Das Buch zum Thema: Marke hoch 3 – Ein praktischer Leitfaden zum ganzheitlichen Markenaufbau von Anke Hommer.

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